
Trump steht zunehmend alleine da. Seine Rede in der Nacht trug dazu bei.Bild: reuters / CARLOS BARRIA
International
06.11.2020, 06:4906.11.2020, 06:49
Als Präsident Donald Trump in der Wahlnacht im
Ostsaal des Weißen Hauses vor seine jubelnden Gäste trat, warf er
sich in Siegespose. Ganz anders nun sein erster öffentlicher Auftritt
seit dieser denkwürdigen Nacht. Beim 17-minütigen Monolog im
Presseraum des Weißen Hauses wirkt Trump am Donnerstagabend gedämpft
und gar nicht in der Kampfstimmung, wie man sie von seinen
Wahlkampfauftritten kennt.
Angesichts einer drohenden Niederlage führte er ohne jegliche Belege eine Reihe von angeblichen Manipulationen der Abstimmung vom Dienstag an. Dabei sieht er sich weiterhin und trotz noch laufender Auszählung in einer Reihe von Staaten als legitimer Sieger.
Trump behauptet: "Wenn man die legalen Stimmen zählt, gewinne ich mit Leichtigkeit"
Er wolle die Amerikaner über seine "Bemühungen zum Schutz der
Integrität unserer sehr wichtigen Wahl" informieren, sagt Trump. Was
er eigentlich meint, sind seine Bemühungen, eine drohende Niederlage
gegen seinen Herausforderer Joe Biden um jeden Preis abzuwenden.
Trump behauptet, würden nur legitime Stimmen ausgezählt, würde er die
Wahl "mit Leichtigkeit" gewinnen. Der Präsident macht Manipulationen
dafür verantwortlich, dass Biden in wichtigen Bundesstaaten aufholt.
Er tut so, als wäre es bei einer Stimmenauszählung ausgeschlossen,
dass ein Kandidat den anderen überflügeln könnte. Zumindest dann,
wenn der ursprüngliche Spitzenreiter Trump heißt.
"Das ist ein Fall, wo sie versuchen, eine Wahl zu stehlen", sagt
Trump – mit "sie" meint der Republikaner Bidens Demokraten. "Sie
versuchen, eine Wahl zu manipulieren. Und das können wir nicht
zulassen." Er beklagt, dass er in der Wahlnacht in Pennsylvania um
700.000 und in Georgia um 300.000 Stimmen vor Biden gelegen habe -
und dass dieses Plus seitdem stetig abnehme. Während er spricht,
schrumpft sein Vorsprung in den beiden Bundesstaaten weiter zusammen.
Trump will dagegen mit "einer Menge Klagen" vorgehen. "Letztendlich
habe ich das Gefühl, dass die Richter entscheiden müssen", sagt er.
Kurz danach verlässt er den Raum, ohne Fragen zu beantworten.

Trump bei seiner Ansprache.Bild: reuters / CARLOS BARRIA
"Das ist die unehrlichste Ansprache, die er je gehalten hat" – Sender brechen Ausstrahlung ab
Der Moderator des Trump-kritischen Senders CNN sagt zu dem Auftritt:
"Was für ein trauriger Abend." Daniel Dale, ein CNN-Reporter, der es
mit Trump-Faktenchecks zur Bekanntheit gebracht hat, meint auf
Twitter: "Ich habe alle Ansprachen von Trump seit 2016 gelesen oder
angeschaut. Das ist die unehrlichste Ansprache, die er je gehalten
hat."
Mehrere große TV-Sender brachen die Übertragung der Trump-Rede angesichts der haltlosen Vorwürfe sogar ab, darunter MSNBC, CBS und ABC.
In einem Tweet von Präsidentennichte Mary Trump - die vor einer
Wiederwahl ihres Onkels gewarnt hat - heißt es: "So sieht es aus,
wenn ein Verlierer verliert." Allerdings wird Trump nicht nur von den
üblichen Verdächtigen angegriffen. Mit seinen wilden Betrugsvorwürfen
steht er auch im eigenen Lager zunehmend isoliert da.
Selbst Parteikollegen und Fox News kritisieren ihn
Der republikanische Kongressabgeordnete Adam Kinzinger schreibt auf
Twitter: "Wenn man berechtigte Bedenken wegen Betrugs hat, muss man
Beweise vorlegen und sie vor Gericht bringen." Die Verbreitung von
Falschinformationen müsse aufhören. "Das wird langsam verrückt."
Senator Pat Toomey - auch er ein Republikaner - sagt CNN: "Mir ist
kein nennenswertes Ausmaß an Betrug bekannt. Niemand hat mich auf
etwas aufmerksam gemacht, das mich veranlasst zu sagen, dass es einen
riesigen Betrugsfall gibt, der sofort angegangen werden muss."
Selbst bei Trumps Haussender Fox News klingt die Moderatorin nach dem
Auftritt des Präsidenten zweifelnd. "Er sagt, wir haben so viele
Beweise, so viele Belege, dass die Wahl gestohlen wurde", sagt sie.
"Die müssten dann also vorgelegt werden, wenn es sie tatsächlich
gibt." Was Trump ebenfalls schmerzen dürfte: Sogar die von ihm
zuletzt hochgelobte Boulevardzeitung "New York Post" – die eine
Wahlempfehlung für ihn aussprach – übt Kritik. "Präsident Trump
wiederholte seine haltlose Behauptung, dass politische Gegner
versuchten, die Wahl zu stehlen", schreibt das Blatt nach seinem
Auftritt. Trump wolle nicht anerkennen, dass die Wahl noch im Gange
sei - und dass legitime Stimmen ausgezählt würden.
(hau/dpa)
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