Nur drei Tage nach dem Schulmassaker mit 21 Toten in der texanischen Kleinstadt Uvalde beginnt am Freitag das Jahrestreffen der US-Waffenlobbyorganisation National Rifle Association (NRA). Bei der dreitägigen Veranstaltung in der texanischen Großstadt Houston werden zahlreiche Politiker der konservativen Republikaner auftreten, unter ihnen der frühere Präsident Donald Trump (Freitag 14 Uhr Ortszeit, 20 Uhr MESZ). Am Rande der Veranstaltung werden Proteste von Verfechtern schärferer Waffengesetze erwartet.
Die 1871 gegründete NRA ist ebenso einflussreich wie umstritten. Die Organisation, die nach eigenen Angaben knapp fünf Millionen Mitglieder hat, stemmt sich mit aggressiver Lobbyarbeit gegen Verschärfungen des Waffenrechts. US-Präsident Joe Biden hat nach dem Schulmassaker in Uvalde, bei dem ein 18-Jähriger 19 Grundschüler und zwei Lehrerinnen erschoss, gefordert, der Waffenlobby "die Stirn zu bieten".
Während in vielen Ländern ein aufwendiges Prozedere nötig ist, um an eine Waffe zu kommen – Trainings, Lizenzen und Unmengen an Papierkram – ist es in vielen Bundesstaaten der USA sehr leicht, sich eine Waffe zu beschaffen. Vielerorts reicht es, direkt im Geschäft ein Formular auszufüllen. Dann werden bei einem "Sofort-Check" kurz ein paar Daten mit Behörden auf einen möglichen kriminellen Hintergrund abgeglichen. Es fällt kaum jemand durch: Die Quote liegt bei 0,5 Prozent. Bei Waffenmessen, die quer durch das Land jedes Wochenende stattfinden, sind die Vorgaben noch laxer.
Die Folge: Es sind so viele Waffen im Umlauf, wie nirgends sonst. Laut Daten des Forschungsprojekts Small Arms Survey gibt es kein anderes Land mit einer so hohen Pro-Kopf-Zahl von Waffen im Besitz von Zivilisten: Es gibt mehr Schusswaffen als Bürger in den USA, 120 Stück pro 100 Einwohner. Auf Rang zwei folgt weit abgeschlagen das Bürgerkriegsland Jemen mit rund 52 Waffen pro 100 Einwohner.
Die Vereinigten Staaten stellen etwa 4 Prozent der Weltbevölkerung, den Daten nach finden sich aber 40 Prozent aller Waffen auf der Welt, die in ziviler Hand sind, in US-amerikanischen Haushalten.
Das sorgt für düstere Rekorde an anderer Stelle: Laut den jüngsten Daten der Gesundheitsbehörde CDC wurden im Jahr 2020 in den USA rund 20.000 Menschen erschossen – mehr als 50 pro Tag. Schusswaffenverletzungen waren 2020 erstmals Todesursache Nummer eins für Kinder und Jugendliche in den USA, noch vor Verkehrsunfällen.
Im vergangenen Jahr zählte die US-Bundespolizei FBI 61 Amokläufe mit Schusswaffen im Land – etwa einer alle sechs Tage. Darunter sind immer wieder tödliche Shootings an Schulen. Dass es in den USA schusssichere Schulranzen zu kaufen gibt, spricht für sich.
Der Amoklauf veranlasste die NRA nicht zu einer Planänderung, auch Trump nicht. Der Republikaner hat nie einen Hehl daraus gemacht, auf welcher Seite er steht ("Ich liebe die NRA."). Ausgerechnet bei der NRA-Tagung wurde vorab ein Waffenverbot während der Trump-Rede erlassen – auf Anweisung der Sicherheitsleute des Ex-Präsidenten.
(nik/dpa/afp)