Am Montagmorgen sind zwei bislang unbekannte Täter in das Juwelenzimmer des Grünen Gewölbes der Schatzkammer in Dresden eingedrungen, haben eine Vitrine aufgebrochen und etwa 100 Schmuckstücke entwendet.
Die Polizei spricht von einer "gut geplanten" Tat. Die beiden Täter seien über ein Fenster eingestiegen, hätten die Vitrine zerstört und den Raum auf gleichem Wege wieder verlassen. Ein Sicherheitsmitarbeiter sah die Diebe auf dem Bildschirm einer Überwachungskamera, entschied sich aber aufgrund der brachialen Gewalt, mit der die Täter vorgingen, nicht einzugreifen, sondern rief die Polizei. Eine heiße Spur zu den Dieben fehlt bisher.
Nach dem Überfall stellt sich die Frage, wie es um die Sicherheit der deutschen Museen steht, ob die unverkennbaren Objekte wiedergefunden werden können – und natürlich, wer hinter dem Einbruch steckt.
Watson sprach mit dem Kölner Versicherungsmakler Stephan Zilkens. Er hat sich auf Kunst spezialisiert.
watson: Herr Zilkens, werden die Raubstücke auf den Markt gebracht?
Stephan Zilkens: Das halte ich für ausgeschlossen. Es gibt für sie keinen grauen, schwarzen oder weißen Markt. Sie sind unverkennbar, da traut sich keiner ran.
Also werden wir die Objekte wiedersehen?
Man kann nur hoffen, dass die Täter in Eitelkeit gehandelt haben und zeigen wollten, wie toll sie sind und die Schmuckstücke einfach irgendwo ablegen. Das wäre für die Kunstwelt gut. Aber das glaube ich nicht.
Was passiert also mit ihnen?
Ein Artnapping können wir ausschließen. Also ähnlich dem Kidnapping, wo im Gegenzug Geld verlangt wird.
Warum?
Der Staat kann es sich juristisch nicht leisten, Hehlerware zu kaufen.
Was geschieht dann mit dem Raubgut?
Leider ist zu befürchten, dass die Diamanten aus den Fassungen herausgebrochen werden, umgeschliffen und an Juweliere in der ganzen Welt verkauft werden. Daraus werden dann Eheringe, Diademe oder Ketten.
Spannend: Maischberger: Expertin erklärt, was gestohlene Dresdner Juwelen wert sind
Warum muss man die Diamanten umschleifen?
Die Diamanten besitzen einen charakteristischen Schliff, der typisch für das 18. Jahrhundert ist. Daran könnte man sie wiedererkennen.
Wie sieht es bei den Sicherheitsvorkehrungen im Grünen Gewölbe aus, zum Beispiel im Vergleich zu einer Sparkasse?
Bei einer Sparkasse herrschen andere Vorkehrungen und die sind deutlich sicherer. Auch was Schließzeiten angeht. Außerdem haben sie Panzertüren und schusssichere Scheiben. Aber die sind auch teurer und wiegen mehr.
Wie sahen die Vorkehrungen in Dresden aus?
Es scheint so zu sein, dass weder die mechanischen, also Gitter, Fenster, Türen, noch die technischen Schranken, so wie die Alarmanlage, richtig funktioniert haben. Denn auch als der Strom ausfiel, gab es kein Notstromaggregat für die Alarmanlage. Hier wurde konzeptionell offenbar nur auf das Gute im Menschen gesetzt.
Wie können Sie sich das erklären?
Ich könnte mir vorstellen, dass nach etlichen Ausschreibungen am Ende entschieden wurde, jene Ausrüstung zu nehmen, die in Dresden verbaut wurde. Das wird’s auch tun, haben die sich vielleicht gedacht. Und man spart dadurch ein wenig Geld.
Die Sicherheitskräfte haben in diesem Fall nicht eingriffen, warum?
Es ist völlig okay, wenn unbewaffnete Menschen nicht ihr Leben dafür riskieren. Man kann das nicht erwarten…
Deswegen haben sie die Polizei gerufen…
Ja, die sind hoheitlich auch dafür zuständig. Wurden aber zu spät informiert.
Der Einbruch in Dresden ist spektakulär, fast schon filmreif. Glauben Sie, da dienten den Dieben Filme wie die "Ocean's"-Reihe als Vorbild?
Diese Filme sind auf jeden Fall inspirierend. Welche Realität aber in Dresden herrschte, kann ich nicht sagen. Es kann auch sein, dass ein Clan hinter dem Raub steckt.
Wie kommen Sie darauf?
Der Fall vom Raub der Goldmünze im Berliner Bodemuseum hat ebenfalls mit Clankriminalität zu tun. Beide Überfälle weisen Parallelen auf. Dazu verfügen Clans über die nötigen Back-Up-Organisationen, um solche Arbeiten wie das Umschleifen und Weiterverkaufen mit der nötigen Verschwiegenheit durchzuführen.