Pablo Emilio Escobar Gaviria war ein krimineller Großunternehmer mit einer mehrere Tausend Mann starken Privatarmee, einer eigenen Flugzeugflotte und prunkvollen Villen in Miami und Kolumbien. In seinen letzten Minuten aber war der mächtige Kartell-Boss ganz allein.
Vor 25 Jahren, am 2. Dezember 1993, trafen den Drogenhändler auf den Dächern über Medellín nach einer Verfolgungsjagd mehrere Kugeln in Rücken und Kopf. Mitglieder der Spezialeinheit der kolumbianischen Polizei posierten danach mit der blutüberströmten Leiche.
Die einen verehren den früheren Chef des mächtigen Medellín-Kartells als eine Art südamerikanischer Robin Hood, die anderen sehen in ihm das personifizierte Böse.
In der Millionenmetropole im Zentrum des reichen Departamento de Antioquia bieten findige Tourismusunternehmen Touren auf den Spuren von Escobar an. Die Urlauber können das Grab des Kartell-Bosses besuchen sowie Escobars Privatzoo Hacienda Nápoles, sein Wohnhaus Mónaco und das extra für ihn eingerichtete Gefängnis Catedral. "Wir verherrlichen Escobar nicht, wir erzählen die Geschichte der Stadt", sagt Manuel Garcés, Besitzer der Tourismusfirma Epic Tours.
"El Patrón" ist noch immer allgegenwärtig. Auf den Straßen von Medellín bieten fliegende Händler T-Shirts, Tassen und Schlüsselanhänger mit Escobars Konterfei an. "Ich habe mein Geschäft seit zwei Jahren und es läuft sehr gut", sagt Yamile Zapata. "Die Urlauber nehmen sich nach ihrem Besuch die Pablo-Artikel als Andenken mit."
Escobar baute ab Ende der 1970er Jahre von Medellín aus ein riesiges Kokain-Imperium auf. Er ließ das Rauschgift mit Flugzeugen in die USA transportieren. Auf dem Höhepunkt seiner Macht soll er über ein Vermögen von mehr als fünf Milliarden Dollar verfügt haben. Sein lukratives Geschäft verteidigte er mit brutaler Härte. Bis zu 6000 Menschen sollen seine Sicarios – junge Auftragskiller aus den Elendsvierteln von Medellín – getötet haben.
"In meiner Familie hat es nie an Liebe gemangelt", sagte sein Sohn Juan Pablo Escobar einmal.
Unter der armen Bevölkerung war Escobar teilweise sehr beliebt. Er baute Krankenhäuser, Schulen sowie Sozialwohnungen und verteilte Bargeld in den Slums. "Morgens war er gut und abends war er schlecht. An einem Tag hat er Autobomben gelegt und nachmittags hat er den Armen zu essen gegeben. Morgens hat er einen Minister ermorden lassen und dann hat er Medikamente an die Alten verteilt", sagt Uberney Zabala, Chef der Nachbarschaftsvereinigung in dem von dem Drogenboss gebauten Viertel "Pablo Escobar" in Medellín.
1982 ließ sich Escobar für die Liberale Partei sogar in den Kongress wählen.
Nach Escobars Tod verlor das Medellín-Kartell schnell an Einfluss, auch das konkurrierende Cali-Kartell wurde bald darauf zerschlagen. Die Wertschöpfungskette im Kokaingeschäft hat sich seitdem umgekehrt. Während früher die Kolumbianer das große Geld verdienten und sich die Mexikaner als Laufburschen mit den Resten zufrieden geben mussten, ist es heute genau umgekehrt.
Zudem haben die kolumbianischen Drogenhändler dazugelernt. Escobar protzte mit luxuriösen Anwesen, schnellen Autos und schönen Frauen.
"In vielen Fällen haben diese Leute gar keinen direkten Kontakt mit Drogen oder den kriminellen Netzwerken mehr. Sie haben das kriminelle Geschäft outgescourct", heißt es in einem Lagebericht der Anti-Drogen-Abteilung der Polizei.
Seit dem Friedensvertrag mit der linken Farc-Guerilla vor zwei Jahren ist die kolumbianische Unterwelt heftig in Bewegung geraten. Verbrechersyndikate wie Los Rastrojos, Los Pelusos, Los Puntilleros, der Golf-Clan und Farc-Splittergruppen kämpfen um den lukrativen Kokain-Markt. Heute ist Dairo Usuga alias "Otoniel" vom Golf-Clan der mächtigste Drogenhändler des Landes. Tausende Soldaten und Polizisten machen bei der Operation Agamenón Jagd auf den Verbrecherboss.
Die Jagd auf Escobar endete vor 25 Jahren auf einem Ziegeldach in Medellín. Sich zu stellen, kam für den stolzen Kolumbianer nie in Frage. Zu groß war seine Angst, in die Vereinigten Staaten ausgeliefert zu werden. "Lieber ein Grab in Kolumbien als eine Zelle in den USA", sagte er einmal. Seine letzte Ruhestätte auf dem Friedhof Jardines Montesacro vor den Toren von Medellín wird von seinen Anhängern seit einem Vierteljahrhundert penibel gepflegt. Auch an seinem Todestag am Sonntag werden wieder frische Blumen auf seinem Grab liegen.
(hd/dpa)