Noch ist der Gashahn nicht zu, aber so könnte es kommen, befürchtet Wirtschaftsminister Habeck in Bezug auf russische Gaslieferungen.Bild: SVEN SIMON / Frank Hoermann / SVEN SIMON
watson antwortet
Am Mittwoch veröffentlichte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) ein Videostatement von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), in dem er wegen der von Russland gedrosselten Gas-Lieferung zum Energiesparen aufrief.
Als Folge ging eine Art Schockwelle durchs Land, die der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, am Donnerstag aufgrund hoher Energie-Nachzahlungen eigentlich erst für den nächsten Winter prophezeit hatte. Angesichts der verminderten Gaslieferungen nach Deutschland riefen Bundesregierung und Bundesnetzagentur nun zur Wachsamkeit sowie zum Energiesparen auf. "Jede Kilowattstunde zählt", sagte Habeck im Video.
Doch was genau bedeutet das? Verhängt Putin nun ein umgekehrtes Gas-Embargo über uns? Müssen wir als Folge des russischen Krieges in der Ukraine im kommenden Winter frieren? watson erklärt die wichtigsten Punkte zur aktuellen Energie-Situation und zu Habecks Sparplänen.
Was sind die Gründe für die gedrosselten Liefermengen an russischem Gas?
Gazprom gab an, der teilweise Lieferstopp hänge mit Wartungsarbeiten und indirekt mit westlichen Sanktionen zusammen. Wirtschaftsminister Habeck gab dieser Begründung eine klare Absage: "Das ist nicht richtig."
Zwar gebe es anstehende Wartungsarbeiten an Verdichterstationen, die normalerweise in Kanada vorgenommen würden; diese seien jedoch erst im Herbst fällig und ob hier kanadische Sanktionen überhaupt wirksam seien, werde noch geprüft. Es handele sich aus seiner Sicht "um eine politische Aktion" und die technischen Gründe seien nur vorgeschoben, betonte der Minister.
"Dann gab es den Versuch, den europäischen Gasmarkt zu zerstören, indem die Geschäftsführung von Gazprom Germania ausgetauscht wurde durch zwei Discjockeys aus Moskau."
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ard tagesthemen
Im Gespräch mit den ARD Tagesthemen sagte Robert Habeck:
"Wir haben ein Muster schon die letzten Wochen gesehen, wo schrittweise Gasmengen reduziert wurden: Bulgarien, Polen, Dänemark bekamen kein Gas. Dann gab es den Versuch, den europäischen Gasmarkt zu zerstören, indem die Geschäftsführung von Gazprom Germania ausgetauscht wurde durch zwei Discjockeys aus Moskau."
Das sei ein Muster, um die Gaspreise künstlich hochzutreiben. Habeck bezeichnet Putins Entscheidung, ebenso wie die für den Krieg in der Ukraine, als "eigene Willkür, so agierten Diktatoren und Despoten."
Über welche Speicherkapazitäten verfügt Deutschland?
Nach Branchenangaben gibt es in Deutschland 47 unterirdische Gasspeicher an 33 Standorten, mit stark unterschiedlicher Größe. Die Gesamtkapazität beträgt 24,6 Milliarden Kubikmeter Erdgas, was 230 Terawattstunden (Twh) entspricht. Zum Vergleich: Deutschland verbrauchte im Jahr 2021 laut Statista netto rund 508 Terawattstunden Strom, wobei der Anteil an Strom aus Gas aber nur bei 10,5 Prozent lag. Erdgas wird größtenteils zur Wärmeerzeugung genutzt.
20 Prozent der Strom-Kapazitäten werden von der Astora GmbH kontrolliert, die zur derzeit unter Treuhandverwaltung stehenden Gazprom Germania gehört, einer Tochter des russischen Gazprom-Konzerns.
"Wir können nicht mit 56 Prozent Speicher in den Winter gehen, sonst sind wir im Offenen."
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in den Tagesthemen
Wie ist die aktuelle Speichersituation?
Auf Nachfrage von watson zu den Äußerungen des Ministers im Video bestätigt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), die Gasspeicher seien zum momentanen Zeitpunkt in etwa zu 56 Prozent gefüllt. Das sei mehr als in den Vorjahren zu gleicher Zeit und deutlich mehr als zu Kriegsbeginn im Februar.
Der Tiefststand betrug im März weniger als 25 Prozent. Der größte Speicher im niedersächsischen Rheden, mit einer Kapazität von 43,7 Twh, ist aktuell aber nur zu 8,7 Prozent gefüllt. Über weitere größere Speicherkapazitäten verfügen unter anderem die VNG Gasspeicher GmbH mit dem Mehrheitseigentümer EnBW sowie Uniper, das mehrheitlich zum finnischen Fortum-Konzern gehört.
Das im März beschlossene neue Energiespeichergesetz aus dem Bundeswirtschaftsministerium schreibt vor, dass die Speicher insgesamt in diesem Jahr zum 1. Oktober zu 80 Prozent und zum 1. November zu 90 Prozent befüllt sein müssen.
Tatsächlich stieg der Füllstand zuletzt kontinuierlich an, aktuell wird dies jedoch durch die Lieferengpässe deutlich verlangsamt.
Grundsätzlich beobachte man im BMWK die Dinge sehr genau, "wir sind über die Krisenstrukturen in engstem Austausch mit den relevanten Akteuren." Dennoch müssten jetzt schon, über den Sommer, mit jahreszeitlich bedingten geringeren Energieverbrauchsmengen, die Speicher weiter gefüllt werden damit die Versorgungssicherheit weiter gewährleistet sei.
"Wir müssen weiter einspeichern, um für den Winter vorbereitet zu sein und auch dafür braucht es Gas, das im direkten Verbrauch eingespart werden kann," heißt es aus dem Ministerium.
Im Klartext: Habeck ruft zum Sparen auf, damit die Gasspeicher sich trotz geringerer Liefermengen bis zum Winter füllen können. Denn: Alles, was über den Sommer nicht verbraucht wird, bleibt für den Winter übrig. Habeck wurde dazu in den Tagesthemen am Donnerstag deutlich: "Wir können nicht mit 56 Prozent Speicher in den Winter gehen, sonst sind wir im Offenen."
Wie soll das fehlende Gas aus Russland ersetzt werden?
Aktuell könnten zwar zusätzliche Mengen Gas am Markt beschafft werden, aber zu hohen Preisen, sagte Habeck in seiner Videobotschaft. Dies würde im Nachgang zur nächsten Heizperiode dann zu der Situation führen, vor der der Präsident der Bundesnetzagentur, Müller am Donnerstag in der "Rheinischen Post" warnte:
Er erwarte wegen der verringerten Lieferungen weiter steigende Gaspreise und damit auch drohende kräftige Nachzahlungen für Mieterinnen und Mieter. Für diese könne es "eine böse Überraschung geben", es könne hier schnell um mehr als 1000 Euro gehen. Angeschlagenen Unternehmen könne die Insolvenz drohen.
Das BMWK äußerte sich gegenüber watson zu geplanten Gegenmaßnahmen:
"Zugleich muss die Bundesregierung aber auch weiter die Vorsorge erhöhen für den Fall, dass es durch einen etwaigen Stopp der Gaslieferungen seitens Russlands zu einer Gasmangellage kommt. Dafür steigen wir aus russischen Energieimport aus und sind hier bereits erfolgreich mit einer Vielzahl von Maßnahmen. Aber nur mit mehr erneuerbaren Energien und mehr Energieeffizienz werden wir unsere Unabhängigkeit stärken. Deshalb ist Energiesparen dringend notwendig. Der Energiepreis ist hoch und eine Senkung nicht in Sicht. Auch deshalb wollen wir die Aufmerksamkeit für das Thema noch mal erhöhen und mit Tipps, Hinweisen und Beispielen Energiesparen so leicht wie möglich machen – und zwar für alle Bereiche – in den Unternehmen genauso wie in den privaten Haushalten."
Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz
Den Anfang mit Energiesparen machte der Bundeswirtschaftsminister bereits vor einer Woche selbst, als er eine neue Energiesparkampagne der Bundesregierung vorstellte. Kernbotschaft: Jede gesparte Kilowattstunde Energie leiste einen Beitrag für die Unabhängigkeit, senke den Kostendruck und helfe, die Klimaziele zu erreichen.
Im Rahmen seiner Kampagne drehte Habeck auch seinen eigenen Mitarbeitern im Ministerium den Saft runter: mit Energiesparmaßnahmen bei Heizung, Kühlung und Beleuchtung. In allen Büros würden die Klimaanlagen auf 26 Grad hochgestellt, im Winter solle die Heiztemperatur gesenkt werden, hieß es.
(mit Material von afp)
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