Für Sarah-Lee Heinrich sind diskriminierende Sprüche nicht normal. Das stellte die frisch gewählte Sprecherin der Grünen Jugend am Sonntag klar. Sie distanzierte sich in mehreren Tweets von Beiträgen, die die heute 20-Jährige verbreitete, als sie 13 beziehungsweise 14 war. Und die ihr aktuell um die Ohren fliegen.
Unter anderem hatte sie 2015 "Heil" unter einem Tweet mit Hakenkreuz kommentiert und sich homophob und rassistisch geäußert.
Für viele ihrer prominenten Parteifreunde sowie für Kommentatoren aus Politik und Medien scheinen solche Äußerungen hingegen zum völlig normalen Jargon von Jugendlichen zu gehören.
"Ich habe keine Ahnung, was @xsarahleee mit 13 getwittert hat und es ist auch so wahnsinnig egal", findet etwa die Redakteurin der Wochenzeitung "Die Zeit" Anna Mayr. Judenwitze habe es in ihrer Jugend viele gegeben, "natürlich, deutsche Schulhöfe halt", lautet das lapidare Resümee der Politik-Journalistin.
Auf welchen Schulhöfen sie so alles ihre Pausen verbracht hat, möchte man lieber nicht wissen.
Katrin Göring-Eckart, Vorsitzende der Grünen Bundestagsfraktion, twitterte am Sonntag:
Heinrichs Amtsvorgängerin Ricarda Lang, stellvertretende Bundesvorsitzende der Grünen und frisch gewähltes Mitglied der Bundestagsfraktion, fordert eine "unaufgeregte und zugewandte Fehlerkultur".
Zwar ist es richtig, dass nun zahlreiche rechte Aktivisten versuchen, ihre übliche Kampagne gegen die Grünen neu zu munitionieren. Aber es gibt eben auch Stimmen von Betroffenen, die ihre Fassungslosigkeit über die teils nicht zitierfähigen Äußerungen ausdrücken. Und es irritiert ein wenig, dass deren Befindlichkeiten in den Tweets von Politikern und MedienProfis kaum Thema sind.
Außer eben in den Entschuldigungs-Tweets von Sarah-Lee Heinrich selbst.
Okay, im Grunde waren es keine Entschuldigungen, sondern Politiker-Entschuldigungen. Denn sie entschuldigt sich zuerst gar nicht für eigenes Fehlverhalten, stattdessen spricht sie verklausuliert von einem Tweet, "in dem mein Account im Jahr 2015 'Heil' unter einen Tweet mit Hakenkreuz kommentierte. Ich kann mich nicht daran erinnern jemals einen solchen Tweet abgesetzt zu haben. Aber das macht es nicht besser".
Erst in einem zweiten Beitrag fällt ihr die eigene Urheberschaft doch noch ein und sie schiebt eine echte Entschuldigung hinterher.
Diese bemühte Distanzierung ist theoretisch recht dünn, für Berufspolitikerinnen schon immerhin etwas und für eine unter massivem Druck stehende Anfängerin mit einem Tag Amtserfahrung doch recht respektabel.
Echte Gradlinigkeit ohne Lavieren, wie es vor allem die Grünen zu Recht von anderen einfordern, ist vor allem im politischen Betrieb keine Selbstverständlichkeit. Sarah-Lee Heinrich hat damit einiges an Rückgrat bewiesen. Viele ihrer dienstälteren Kollegen können von ihr schon jetzt eine Menge lernen.