Die Jahrhundertflut am 14. Juli im Ahrtal hat ganze Häuser mit sich gerissen.bild: picture alliance
Nah dran
15.07.2022, 15:1015.07.2022, 16:26
Dass die Klimakrise nicht in der fernen Zukunft liegt, sondern im Hier und Jetzt stattfindet, wird Julia 2019 mit der größer werdenden Klimabewegung Fridays for Future klar. Durch die Jahrhundertflut im Ahrtal erlebt die 17-Jährige die Auswirkungen der Krise am eigenen Körper. Gegenüber watson macht sie deutlich: Man kann die Flutkatastrophe nicht losgelöst von der Erderwärmung betrachten.
Am Telefon erzählt Julia, wie sie die Flutnacht mit ihren Eltern erlebt hat und warum es ihr wichtig ist, das Ereignis mit der Klimakrise in Verbindung zu bringen – ein Protokoll:
"Dass damals zur Flut nicht schneller gehandelt wurde, ist für uns Menschen, die das erlebt haben, nicht wirklich verständlich. Ich weiß noch, dass mir eine Freundin, die ein bisschen weiter Ahr-aufwärts wohnte, am frühen Abend des 14. Juli ein Video von den Wassermassen geschickt hat. Da war das bei uns noch gar nicht absehbar. Deswegen finde ich es so unverständlich und traurig, dass man das nicht richtig kommuniziert hat, das hätte den Behörden doch eigentlich klar sein müssen.
"Zum Glück sind wir über die Hintertür noch nach draußen gekommen, um uns in Sicherheit zu bringen."
Wir haben zwar den Nachmittag über schon anderen Leuten im Dorf geholfen, sind abends aber auch zurück nach Hause. Als wir dann wieder da waren, war auch relativ schnell der Punkt erreicht, wo das Wasser so schnell gestiegen ist, dass wir quasi schon im Haus eingeschlossen waren. Und ja, wir wohnen zwar mit Blick auf die Ahr, aber wir wohnen auch auf einer kleinen Anhöhe, also schon noch ein paar Hundert Meter vom Wasser entfernt. Wir haben trotzdem ziemlich schnell die Entscheidung getroffen, zu gehen – wir wussten ja auch gar nicht, was noch passieren würde, ob vielleicht ein Auto durch unser Haus brechen würde oder so.
"Draußen stand mir das Wasser schon bis zur Hüfte. Da hat man natürlich schon auch Angst."
Wir haben dann nur noch schnell einen Rucksack mit ein paar Wechselklamotten und Handyladekabel gepackt und sind los. Zum Glück sind wir über die Hintertür noch nach draußen gekommen, um uns in Sicherheit bringen zu können. Aber da kam uns das Wasser dann schon entgegen und zur Tür rein.
Draußen stand mir das Wasser schon bis zur Hüfte. Da hat man natürlich schon auch Angst. Meine Eltern und ich sind dann zu Bekannten gewatet, die ein bisschen den Berg hoch wohnen und nicht so betroffen von der Flut waren. Für den Weg haben wir bestimmt eine Viertelstunde gebraucht, weil es so schwierig war, sich in dem Wasser fortzubewegen. Normalerweise dauert das nur ein paar Minuten. Und dann haben wir auf dem Weg noch eine ältere Frau aus ihrem Haus gerettet, die wäre da allein gar nicht mehr rausgekommen. Wir haben sie einfach mit zu unseren Bekannten genommen.
Das kleine Flüsschen Ahr hat sich durch den Starkregen in einen reißenden Fluss verwandelt.bild: picture alliance
An dem Tag ist so viel passiert, dass ich mich gar nicht mehr so genau an alles erinnern kann. Aber ich weiß noch, dass, als wir bei den anderen Bewohnern aus dem Dorf angekommen sind, der Strom schon abgeschaltet war.
Ich bin dann auch bald schlafen gegangen, der Tag hat einen ganz schön mitgenommen. Ich habe zwar nicht gut geschlafen, aber ich habe geschlafen. Ein bisschen zumindest.
Am nächsten Morgen haben wir dann auch gesehen, wie es um unser Haus steht: Das Erdgeschoss war komplett überflutet, es war schnell klar, dass wir erstmal nicht zurückkönnen.
"Von der Klimakrise und ihren Folgen zu lesen, ist eine Sache. Aber das selbst zu erleben, da selbst bis zur Hüfte im Wasser zu stehen, ist eine komplett andere Sache."
Ich hatte so einen Moment, da stand ich mit meinen Eltern bei uns im Haus, um uns herum Wasser. Und ich weiß nur noch, dass ich sie gefragt habe, wie es denn weitergehen soll. Wir können doch nicht einfach so weitermachen, auch politisch nicht. Das geht doch nicht. Das löst in mir solche Frustration aus.
Eigentlich ist doch so offensichtlich, dass wir da ein Problem haben: Zum einen haben wir diese Katastrophen-Ereignisse, und zum anderen haben wir die Wissenschaft, die seit Jahren davor warnt, dass solche Dinge passieren werden. Und trotz allem wird die Klimakrise heruntergespielt, hinten angestellt, es wird weiter in fossile Projekte investiert und nicht krisengemäß gehandelt.
Von der Klimakrise und ihren Folgen zu lesen, ist eine Sache. Aber das selbst zu erleben, da selbst bis zur Hüfte im Wasser zu stehen, ist eine komplett andere Sache. Das gibt einem noch einmal ein ganz anderes Gefühl.
Ich hoffe so sehr, dass wir durch die ganzen Menschen, die jetzt so sehr für mehr Klimaschutz kämpfen, näher zusammenrücken. Und mit Solidarität lässt sich so unglaublich viel erreichen. Und auch, wenn es wichtiger ist, sich auf das zu konzentrieren, was wir noch erreichen können – ein bisschen Angst, dass all das nicht reicht, bleibt trotzdem."
Es ist wohl der größte Albtraum von Surfer:innen rund um die Welt: ein Hai-Angriff auf hoher See. Solche Attacken sind zwar insgesamt äußerst unwahrscheinlich. 2023 kam es laut der University of Florida weltweit zu 69 Hai-Bissen, von denen zehn tödlich verliefen. Dennoch gibt es Gebiete, wo die Sorge vor dem Raubtier durchaus berechtigt ist.