Die US-Amerikaner wählen ihren Präsidenten – und die ganze Welt sieht zu. Dabei stimmen die Bürgerinnen und Bürger genau genommen gar nicht direkt für Amtsinhaber Donald Trump von den Republikanern oder seinen Herausforderer Joe Biden. In den 50 US-Bundesstaaten und entscheiden sie, welche Wahlmänner beauftragt werden, den Präsidenten zu wählen – im Electoral College. Die einzelnen Staaten haben zwischen drei Wahlmännerstimmen (etwa Alaska und Delaware) und 55 (in Kalifornien). In fast allen Staaten (außer Maine und Nebraska) gehen alle Wahlmännerstimmen an den Kandidaten, der die Mehrheit im Staat bekommt.
Entscheidend für die Wahl werden dabei aller Voraussicht nach die umkämpften "Battleground Staates" oder "Swing States": Staaten also, deren Wahlmännerstimmen mal an die Republikaner, mal an die Demokraten gehen.
Wir stellen sieben umkämpfte Staaten vor, jeweils mit der Zahl der Wahlmännerstimmen, um die es geht:
2016 war es eine der großen Überraschungen, die Donald Trump zum Sieg verhalfen: Mit nur 0,23 Prozent Vorsprung holte Donald Trump alle Wahlmännerstimmen in Michigan gegen seine Gegenkandidatin, die Demokratin Hillary Clinton.
Diesmal besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass Demokrat Biden die Wahlmännerstimmen in dem traditionell von der Autoindustrie geprägten Staat holt. Laut dem politischen Online-Portal FiveThirtyEight – das auf die Auswertung von Wahlprognosen spezialisiert ist – gewinnt Biden mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent, in allen relevanten Umfragen lag er um mehrere Prozentpunkte vorne.
Auch in Pennsylvania – wo unter anderem die Millionenstadt Philadelphia liegt – gelang Donald Trump 2016 eine weitere Sensation: Er besiegte Hillary Clinton mit einem hauchdünnen Vorsprung von 0,72 Prozent. Pennsylvania war auch deshalb in diesem Jahr ein Schwerpunkt der Wahlkämpfe beider Kandidaten.
2020 sehen die meisten Umfragen Biden deutlich vorne. Laut FiveThirtyEight liegt Bidens Wahrscheinlichkeit, dass er die 20 Wahlmännerstimmen holt, bei 84 Prozent.
In North Carolina (die größte Stadt des Westküstenstaats ist Charlotte) war die Angelegenheit 2016 vergleichsweise deutlich: Trump gewann gegen Clinton mit 3,66 Prozent Vorsprung und sicherte sich die 15 Wahlmännerstimmen.
Auch in diesem Staat ist Biden laut den meisten Umfragen leichter Favorit – aber das Rennen dürfte deutlich enger werden als in Michigan und Pennsylvania. Mehrere Umfragen bescheinigen dem Demokraten zwei bis drei Prozentpunkte Vorsprung, andere sehen Trump und Biden gleichauf. Laut FiveThirtyEight liegt die Siegeswahrscheinlichkeit Bidens bei 64 Prozent.
Experten für US-Politik zählten Wisconsin lange zur sogenannten "Blue Wall" – zu den Staaten also, die bei Präsidentschaftswahlen eine sichere Bank für die Demokraten waren. 2016 kam es auch in Wisconsin, das an die großen Seen im Norden der USA grenzt, zu einer großen Überraschung: Donald Trump holte den Staat mit 0,77 Prozent Vorsprung.
Diesmal ist Biden hier klar favorisiert: zwischen zwei und elf Prozent Vorsprung vor Trump in den Umfragen – und laut FiveThirtyEight eine Wahrscheinlichkeit von 94 Prozent, die Wahlmänner aus dem Staat zu gewinnen.
Ein demokratischer Präsidentschaftskandidat, der in Texas gewinnt? Seit Jahrzehnten ist das eigentlich undenkbar. Zuletzt schaffte das Jimmy Carter im Jahr 1976, als er zum Präsidenten gewählt wurde. Seither ist Texas eine rote, also republikanische Hochburg. 2016 holte Trump den Staat (und die damals 36 Wählerstimmen) mit fast neun Prozent Vorsprung.
Auf den ersten Blick dürfte Trump also klarer Favorit sein – aber die Lage in Texas hat sich geändert (warum das so ist, könnt ihr in unserer Analyse hier genauer nachlesen). Diesmal sind 38 Wahlmännerstimmen im Spiel, weil Texas' Bevölkerung gewachsen ist. Der Republikaner Trump bleibt zwar favorisiert, 62 Prozent Wahrscheinlichkeit gibt ihm FiveThirtyEight, auch mehrere Umfragen sehen ihn vorne. Doch erstens ist sein Vorsprung in den vergangenen Wochen geschmolzen – und zweitens liegt Biden in immerhin zwei Umfragen knapp vorne.
In dem nordöstlichen Bundesstaat hatte Donald Trump 2016 einen ziemlich klaren Vorsprung: 8,13 Prozent vor Hillary Clinton.
Doch diesmal ist das Rennen in Ohio ein "Toss Up", wie Analysten in den USA einen extrem knappen Bundesstaat nennen: 55 Prozent Siegeswahrscheinlichkeit für Trump – und Umfragen, die teils Biden, teils Trump jeweils um wenige Prozentpunkte vorne sehen. Trump hat dabei einen leichten Vorsprung.
Florida war in den vergangenen Jahrzehnten schon oft der entscheidende "Battleground State". Das krasseste Duell um Florida war das bei der Wahl 2000 zwischen dem Demokraten Al Gore und dem Republikaner George W. Bush – das Bush nach wochenlangen Wahlzettel-Nachzählungen und einem Urteil des Obersten Gerichtshofs schließlich ins Weiße Haus führte. Wer Florida gewonnen hat, ist seit 1996 immer Präsident geworden.
Der letzte Demokrat, der Präsident ohne die Stimmen aus Florida wurde, war 1992 Bill Clinton. Für den letzten Republikaner, dem das gelang, muss man sogar bis 1924 zurückgehen: Es war Calvin Coolidge.
2016 errang Trump in Florida einen knappen Sieg, mit 1,2 Prozent Vorsprung vor Hillary Clinton.
Diesmal ist Biden der Favorit: Laut den meisten Umfragen liegt er zwischen zwei und sechs Prozent vorne. Und die Website FiveThirtyEight sieht seine Chancen bei 69 Prozent.
(se)