Wenn er eines kann, dann Business. So zumindest stellt sich Donald Trump gerne dar; als "Deal-Maker" und erfolgreicher Unternehmer, der Amerika wirtschaftlich nach vorne bringt und vor allem eines garantiert: "Jobs, Jobs, Jobs". Bevor die Corona-Pandemie den Wahlkampf überschattete, schaltete Trump massiv Werbung, die zeigen sollte, dass er in Sachen Wirtschaftskompetenz das Maß der Dinge ist.
Oft schon wurde die Darstellung Trumps angezweifelt und darauf verwiesen, dass der US-Präsident von dem Geld und dem Besitz seines Vaters profitiert hatte, also gar kein Selfmade-Man ist und auch nicht alle seine Unternehmungen erfolgreich waren. Trotzdem glauben ihm nach wie vor viele Amerikaner und unterstützen ihn wohl auch bei der kommenden Präsidentschaftswahl.
In Ihrem Enthüllungsbuch schildert Trumps Nichte Mary nun, wie ihr Onkel Donald seine defizitären Unternehmen mit der Hilfe seines Vaters rettete. Ihr zufolge hatte er dafür gesorgt, dass er selbst am meisten vom Nachlass seines Vaters profitierte – und er hat wohl auch einige Millionen US-Dollar am Staat vorbeigetrickst, um weniger Steuern zahlen zu müssen.
Als ihr Großvater 1999 stirbt, erfährt Mary Trump, dass sie – wie die gesamte Seite ihres Vaters Freddy – praktisch aus dem Testament gestrichen worden war. Ihr Vater war bereits viele Jahre zuvor an seiner Alkoholsucht gestorben, die laut Mary Trump maßgeblich durch ihren Großvater und Donald ausgelöst worden war. In der Folge hatte er nichts mehr zu vererben gehabt.
Mary Trump klagte zusammen mit ihrem Bruder gegen die anderen Geschwister ihres Vaters, um einen fairen Teil des gewaltigen Vermögens des Trump Imperiums abzubekommen. Am Ende einigte man sich außergerichtlich, weil als unsicher galt, ob die Klage letztlich erfolgreich sein würde. Allerdings war die Summe, die Mary und ihre Geschwister erhielten, wohl weit von dem entfernt, was Donald und die anderen Kinder von Fred Trump Senior vererbt bekamen.
Im Zuge des Gerichtsprozesses bekam Mary allerdings Unterlagen in die Hände, die die Finanzen von Donald Trumps Unternehmen und die ihres Großvaters aufschlüsselten. Zunächst war Mary wohl gar nicht bewusst, zu welch sensiblen Informationen sie Zugang bekommen hatte. Als sich eine Reporterin der "New York Times" bei ihr meldete, realisierte sie allerdings, dass sie die Möglichkeiten hatte, um "Donald einen Dämpfer zu verpassen".
Zunächst lehnte Mary Trump ab, nahm aber die Visitenkarte der Reporterin der "New York Times" entgegen. In der Folgezeit kontaktierte Susanne Craig sie erneut und schrieb ihr, dass sie Dokumente habe, die dafür sorgen könnten, "dass die Geschichte des US-Präsidenten neugeschrieben werden muss." Doch Mary Trump blieb stur. Zunächst zumindest.
Als sich die Monate hinzogen und Mary Trump laut eigenem Bekunden immer mehr von den negativen Entscheidungen ihres Onkels und deren Konsequenzen erfuhr, fing sie an zu grübeln:
Schließlich trug Mary Trump 30 Kartons voll Unterlagen und Bilanzen ihres Großvaters und Donald Trump zusammen. Die Dokumente sollten zeigen, dass das Vermögen ihres Großvaters bei dessen Tod noch fast eine Milliarde Dollar betrug, aber in großen Teilen bereits auf seinen Sohn übertragen worden war: Donald Trump hatte von seinem Vater insgesamt ungefähr 413 Millionen US-Dollar als Kredit erhalten – und nie zurückgezahlt.
Zusätzlich hatte Donald Trump nach dem Tod seines Vaters dessen Imperium verkauft und nochmals 170 Millionen US-Dollar erhalten. Eine gigantische Summe von über einer halben Milliarde, die es Trump möglich machte, seine eigenen Unternehmen zu finanzieren und weiter auszubauen.
Für die "New York Times" reichten die Informationen aus, um den längsten Hintergrund-Artikel ihrer Geschichte zu veröffentlichen. Denn der Inhalt der Dokumente war brisant:
Abgesehen davon, dass diese Form von "warmer Erbschaft" steuerrechtlich höchst fragwürdig war und die Schenkungs- und Erbschaftssteuer umging, zeigten die Papiere, dass Donald weit weniger selbst erwirtschaftet hatte, als er vorgab. Mary Trump zufolge musste er über die Jahre immer wieder von seinem Vater finanziell mit mehreren zweistelligen Millionenbeträgen unterstützt werden, um über die Runden zu kommen.
Beim Verkauf des väterlichen Trump-Imperiums 2004 zeigte Donald Trump schließlich erneut, dass er kein guter Geschäftsmann ist. Mary Trump zufolge war der Wert des Imperiums auf beinahe eine Milliarde US-Dollar beziffert worden. Donald Trump verkaufte alles zusammen an einen einzigen Käufer für 705,6 Millionen und machte somit fast 300 Millionen US-Dollar Verlust.
So sei ihr Onkel eben, er wolle immer "zu viel" und doch sei es "nie genug". Mary Trump hingegen war im Testament ihres Großvaters mit 200.000 US-Dollar bedacht worden. Bei einem Gesamtvermögen von fast einer Milliarde. Kein Wunder, dass Mary Trump in ihrem Buch mit ihrem Onkel und dem Rest der Familie abrechnet.