Wegen AfD: Lauterbach warnt SPD vor falschem Kurs
Die SPD sucht ihren Kurs und verliert in den Umfragen weiter an Boden. Während die AfD bundesweit auf über 25 Prozent kommt, stagniert die Partei von Kanzler-Stellvertreter Lars Klingbeil bei rund 15 Prozent. Immer häufiger wird in der SPD die Frage laut, ob sie den Kontakt zur Mitte verloren hat und ob ein verstärkt konservativer Kurs helfen könnte, enttäuschte Wähler:innen zurückzugewinnen.
Karl Lauterbach hält das für einen gefährlichen Irrweg. In einem aktuellen Interview warnt der frühere Gesundheitsminister seine Partei eindringlich davor, sich im Umgang mit der AfD zu verbiegen. "Im Kampf gegen die AfD darf die SPD auf keinen Fall konservativer werden", sagte Lauterbach.
Lauterbach fordert von der SPD klare Kante gegen Rechts und AfD
Die Sozialdemokraten müssten wieder selbstbewusster auftreten und klarmachen, wofür sie stehen. "Wir arbeiten uns zu häufig an aktuellen Aufregerthemen ab", kritisierte er im Interview mit der "Zeit".
Für Lauterbach hat die Partei ihre eigentliche Stärke, den Fokus auf Gerechtigkeit, aus den Augen verloren. Statt sich in immer neuen Debatten über Migration, Sicherheit oder Sozialleistungen zu erschöpfen, müsse sie den Blick auf das Grundsätzliche richten: faire Chancen, soziale Absicherung, gleiche Gesundheitschancen. "Wir müssen wieder konsequenter für Gerechtigkeit eintreten", sagte der 61-Jährige. Nur so könne die SPD langfristig Vertrauen zurückgewinnen.
Lauterbach warnt vor faulen Kompromissen und Lobby-Interessen
Auch in der Gesundheitspolitik sieht Lauterbach eine zu große Anpassungsbereitschaft. Seine eigene Krankenhausreform, die in der Ampelregierung beschlossen wurde, dürfe nicht durch Ausnahmeregeln aufgeweicht werden, betonte er: "Die Krankenhausreform ist eine sehr bedeutsame Reform, die einfach nicht verwässert werden darf. Man darf keine faulen Kompromisse mit den Lobbygruppen machen."
Deutschland gebe jährlich mehr als 100 Milliarden Euro für Krankenhäuser aus, die Qualität bleibe aber "mäßig". Mit den geplanten Änderungen könne man "die Lebenserwartung erhöhen und gleichzeitig viel Geld sparen". Die Warnung kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die SPD inhaltlich und strategisch unter Druck steht.
Nach dem Bruch der Ampelregierung regiert sie seit dem Frühjahr mit der Union unter Kanzler Friedrich Merz. Doch schon jetzt ist das Vertrauen angeknackst. Die Koalition hat laut aktuellen Insa-Umfragen nur noch 39 Prozent der Wähler:innen hinter sich.
Lauterbachs Appell richtet sich daher nicht nur an die Parteispitze, sondern auch an die Basis: Die SPD dürfe sich nicht im Versuch verlieren, bürgerliche Wähler:innen zurückzuholen, indem sie ihr Profil verwässert. "Wer sich anpasst, verliert", lautet die unausgesprochene Quintessenz seiner Worte.
Statt den Diskurs der AfD zu übernehmen, müsse die SPD ihre eigenen Antworten schärfen, glaubt Lauterbach – sozial und mit Haltung.
