Dem AfD-Chef Thüringens ist eine Sache gerade sehr wichtig. Am Montag ist Björn Höcke nach Berlin gekommen, um vor der Presse über seinen Wahlerfolg zu sprechen. Und sofort holte er aus: Die AfD hätte alle Alterskohorten unter 60 Jahren gewonnen. "Man kann sagen, dass die Regierung Ramelow von den Rentnern gerettet worden ist", sagte Höcke. Die Jungen aber wählten AfD.
Und das stimmt zum Teil. Wie schon bei den Wahlen in Sachsen haben auch die jungen Thüringer mehrheitlich AfD gewählt. Wieder hat es deshalb dutzende Medienberichte gegeben. Wieder ist die Überraschung darüber groß, dass ein großer Teil der doch eigentlich so aufgeklärten Generation von "Fridays for Future" auf einmal einen Rechtsradikalen wählt.
So sahen die Zahlen bei den U30-Wählern aus:
Bild: screenshot zdf
Schon nach der Sachsen-Wahl hatten sich Jugendarbeiter des Landes über die Aufregung gewundert. Sie warnten bereits vor zwei Jahren in einem offenem Brief von einer Unterwanderung der Jugendarbeit von Rechtsradikalen. Eine Strategie gegen die Ausbreitung von rechtem Gedankengut existiere im Osten noch immer nicht, sagten die Experten damals gegenüber watson. Stattdessen setzten sich Vorurteile und "hegemoniale Deutungen rechtsradikaler Gruppen" unter jungen Leuten immer weiter durch. Flankiert werde das von der AfD.
Und die Logiken von Sachsen stimmen auch für Thüringen.
Jugendliche werden schon in der Familie mit rechtsextremen Gedankengut konfrontiert. Sie erleben es als völlig normal, es setzt sich im Freundeskreis fort, verfestigt sich in Jugendclubs und Cliquen.
Zunehmend kommt es dort zu "angreifendem Verhalten" gegenüber nicht-rechten Jugendlichen, die dann wegbleiben. Das wiederum bedeutet: Rechtes Gedankengut wird nicht herausgefordert.
Hinzu kommt ein enormer Einfluss von "Social Media"-Blasen und Angeboten der extremen Rechten in Fußball-Hooligan-Gruppen, Jugendkulturen und rechtsradikalen Netzwerken.
Was daraus folgt, hat Wahlverhaltens-Forscher Markus Spittler gegenüber watson erklärt. Er beobachtet für das Wissenschaftszentrum für Sozialforschung in Berlin seit Jahren, wie sich junge Erwachsene in Europa politisch entwickeln – und warum sie so anfällig zu sein scheinen für Populisten. "Es gibt mehrere Faktoren, die diese Anfälligkeit ausmachen", sagt er.
Bildung unter jungen Wählern
Zum einen lasse sich auch in Thüringen der Faktor Bildung nicht ausklammern. "Es gibt zahlreiche gutgebildete alte Menschen, die AfD wählen. Aber es gibt nur wenige junge Gebildete, die das tun", erklärt der Forscher.
Weil es in Thüringen so wenige Universitäten gibt, sei der Abzug dieser "Bildungs-Jugend" aus den Regionen allerdings extrem hoch. "Man sollte nicht dem Mythos glauben schenken, dass die übriggebliebenen jungen Leute anders wählen möchten als ihre älteren Freunde und die Familie", sagt Spittler.
Populistische Tendenzen bei jungen Menschen
Die aktuelle Shell-Jugendstudie sorgte jüngst für Aufsehen. Das Ergebnis der Forscher: Einige Jugendliche fühlen sich demnach nicht verstanden und "nicht ernst genommen". Es bilden sich populistische Argumentationsmuster heraus.
53 Prozent der Befragten etwa stimmten der Aussage zu: "Die Regierung verschweigt der Bevölkerung die Wahrheit."
Jugendliche mit einem höheren Bildungsgrad würden den populistischen Aussagen weniger zustimmen. Und, wie bei den Erwachsenen, sehen die Wissenschaftler mehr Populismus-Geneigte im Osten (42 Prozent) als im Westen (31 Prozent).
Durch "Meinungsführer" in Familien und Freundeskreisen entstehe stattdessen ein enormer Druck auf den Einzelnen. "Die Eltern geben ihre Frustration und das Narrativ 'Wendeverlierer' zu sein direkt an die nächste Generation weiter", sagt Spittler. Es müsse nur noch mit Mythen um aktuelle Angstthemen wie der Flüchtlingskrise angereichert werden, um den Frust perfekt zu machen.
Moral oder Sorge um die Demokratie spielten bei Wahlentscheidungen dann kaum eine Rolle mehr. Die Moral werde bei jungen Wählern durch das soziale Umfeld geprägt. "Man will sicherlich nicht der einzige Grüne in seinem AfD-Freundeskreis sein", erklärt Spittler. Populisten würden ihren jungen Wählern außerdem ein "Mehr an Mitspracherecht" versprechen, illiberale Einstellungen treten dabei in den Hintergrund.
Das Alter in Thüringen
Die Alten wählten Ramelow, damit hat Höcke Recht. Aber die Überalterung in Thüringen und die Abwanderung der akademischen Jugend hat auch einen Effekt auf die "dagebliebenen Jungen" – denen fehlen nicht nur Angebote, sondern auch Perspektiven und Gleichgesinnte. Als Folge kommt es zu Resignation und einer größeren Offenheit für diejenigen Angebote, die vor allem von rechter Seite kommen.
Die "Bewegung"
Populistische Bewegungen, sagt Spittler, hätten es im Vergleich zu tatsächlich verantwortlichen Kräften der Gesellschaft einfacher, die Welt als "dystopisch" darzustellen. Gleichzeitig bieten sie auch immer eine einfache Lösung und Wandel an. Was in Frankreich zum Beispiel für Emmanuel Macrons "En Marche"-Bewegung funktionierte, nämlich junge Menschen mitzureißen, funktioniere auch für die AfD. "Allein die Möglichkeit, an einer solchen Bewegung Teil zu haben, um etwas zu verändern, wirkt extrem anziehend auf junge Menschen", sagt Spittler.
Aber werden sich diese Einstellungen in Thüringen in Zukunft verfestigen? "Das kann gut sein, weil ein geschlossenes Weltbild hier auf aktuelle Frustrationserfahrungen trifft", sagt Spittler. In den nächsten fünf Jahren seien deshalb keine großen Verschiebungen weg von der AfD zu erwarten.
Allerdings: Hochrechnungen, Beobachter und Zahlen deuten darauf hin, dass die "Alternativen" auch bei jungen Wählern am Anschlag ihres Potentials angekommen sind. Björn Höcke muss deshalb aufpassen, dass seine Partei nicht doch sehr schnell zum alten Eisen gehört.
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