Im Iran riskieren Protestierende für ihre Forderungen nach Freiheit und Selbstbestimmung ihr Leben. Aus Deutschland kommen Solidaritätsbekundungen. Bei Kundgebungen und Demos auf der Straße. Aber auch vonseiten der Politik: Bundesaußenministerin Annalena Baerbock forderte Sanktionen gegenüber der Staatsführung.
Was sagen Vertreter der Parteien in Bezug auf die Proteste? Watson hat bei den außenpolitischen Sprechern der demokratischen Fraktionen im Bundestag nachgefragt.
Die SPD stehe solidarisch an der Seite der Protestierenden im Iran, sagt der außenpolitische Sprecher der Partei, Nils Schmid, gegenüber watson. Die Gewalt vonseiten des iranischen Staates verurteilt er: "Das Vorgehen der iranischen Sicherheitskräfte ist inakzeptabel."
Auf deutsche Initiative seien EU-Sanktionen vorbereitet worden – das sei ein richtiger Schritt.
Eine Forderung der SPD sei ein Abschiebestopp in den Iran, der deutschlandweit gelten solle. Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte das ebenfalls gefordert. Umsetzen müssten den aber die Bundesländer.
Außenpolitiker Omid Nouripour (Grüne) ist selbst in der iranischen Hauptstadt Teheran geboren. Seinen Standpunkt zu den aktuellen Protesten hat er jüngst bei einer Kundgebung vor dem Brandenburger Tor in Berlin kund getan.
Gegenüber watson sagt er:
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) habe bereits unmissverständlich klargemacht, "dass wir die Gängelung von Frauen und die Repression der Protestierenden aufs Schärfste verurteilen". Die Brutalität der Sicherheitskräfte werde Konsequenzen für das Regime haben müssen.
Er führt aus:
Es sei außerdem selbstverständlich, "dass Abschiebungen in den Iran ausgesetzt werden", sagt Nouripour.
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai meint: "Im Iran ist eine Revolution im Gange, die Proteste gegen das Regime springen auf immer mehr Bevölkerungsgruppen über." Zuletzt hätten sich Mitarbeitende der Öl- und Gasindustrie den Demonstrationen angeschlossen, sagt Djir-Sarai im Gespräch mit watson.
Und er fügt an:
Als Verfechterin dieser Werte müsse die europäische Staatengemeinschaft der iranischen Zivilgesellschaft zur Seite stehen. Europa dürfe "sich nicht auf eine verbale Verurteilung der eklatanten Menschenrechtsverletzungen des iranischen Regimes beschränken".
Der Politiker, der selbst aus dem Iran stammt, fordert personenbezogene Sanktionen gegen Vertreter des Regimes.
Möglich seien:
Darüber hinaus müsse die EU prüfen, welche Möglichkeiten bestehen, um den freien Zugang zu Informationen im Iran zu unterstützen. Der Politiker schlägt den Aufbau einer VPN-Infrastruktur als eine mögliche unterstützende Maßnahme vor.
Mit Blick auf Gespräche zum aufgekündigten Atom-Deal meint Djir-Sarai:
Damit fordert er, Menschenrechtsfragen die gleiche Bedeutung zukommen zu lassen, wie dem Atom-Abkommen. Dieses soll dafür Sorge tragen, dass der Iran keine Atomwaffen baut und sich an den Atomwaffensperrvertrag hält.
Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt, ruft im Gespräch mit watson die Bundesregierung dazu auf, alles zu unternehmen, "um den Frauen im Iran politisch und auf diplomatischem Wege zu helfen".
Die Unterdrückung der Frauen durch die iranische Gesellschaft sei seit Jahrzehnten eine der größten systematischen Menschenrechtsverletzungen der Welt.
Hardt sagt weiter:
Das iranische Regime müsse "die Härte der internationalen Gemeinschaft spüren". Der Politiker fordert europaweite Sanktionen gegen alle Personen und Organe, die mit der Unterdrückung der aktuellen Proteste befasst seien.
Ähnlich wie Djir-Sarai fordert auch Hardt Bestimmungen zur Einreise und zum Vermögen von Regime-Vertretern: Mitglieder der iranischen Revolutionsgarden müssten mit Einreisesperren und mit dem Einfrieren ihrer Vermögenswerte belegt werden. Rasche und gemeinsame Entscheidungen seitens der EU-Staaten seien nun entscheidend, um die Protestbewegung im Iran deutlich besser als bislang und auch direkter zu unterstützen.
Der CDU-Politiker führt aus:
Abschiebungen in den Iran müssten umgehend gestoppt werden, meint Gregor Gysi (Linke), der außenpolitische Sprecher seiner Fraktion. Bei Asylentscheidungen müsse die aktuelle Entwicklung im Land einbezogen werden.
Im Gespräch mit watson sagt Gysi: "Wer von den iranischen Behörden bedroht wird, muss unkompliziert Schutz in der Europäischen Union einschließlich Deutschland finden."
Auf internationaler Ebene solle sich Deutschland dafür starkmachen, dass die Vereinten Nationen eine Untersuchungskommission einsetzen. Aufgabe dieser Kommission müsse sein, die "Verbrechen aus den iranischen Behörden bei der Niederschlagung von Protesten zu dokumentieren, sodass eine spätere Strafverfolgung ermöglicht wird."