In sozialen Medien kursierten am Wochenende Bilder und Videos von bayerischen Polizisten aus München, Augsburg und Weißenburg, die an der Corona-Demo teilnahmen und auch auf der Bühne zu anderen Demonstranten sprachen.
Mehrere Polizeipräsidien in Bayern prüfen nun die Auftritte dieser Polizisten. Die Prüfung erfolge "sehr genau", teilte das bayerische Innenministerium auf Anfrage von watson am Montag mit.
Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bestätigte gegenüber dem Bayerischen Rundfunk, dass die drei Polizisten tatsächlich bei den Demos aufgetreten waren.
Polizisten unterlägen auch außer Dienst und auch noch im Ruhestand der Treuepflicht, schrieb ein Sprecher des Innenministeriums weiter. Wenn sie sich politisch betätigen, müssten die Beamten "die notwendige Mäßigung und Zurückhaltung" zeigen. Das gelte "selbstverständlich" auch für die Auftritte bei den Corona-Demos in Berlin.
Alle drei Beamte seien "wohl schon in den letzten Wochen mit der Teilnahme an solchen Veranstaltungen aufgefallen", sagte Minister Herrmann in einem anderen Interview bei Bild TV. Es liefen teilweise schon "Verfahren, die überprüfen, inwieweit es notwendig ist, Disziplinarverfahren durchzuführen, inwieweit hier Dienstvergehen stattgefunden haben." Herrmann sagte weiter: "Ich ärgere mich über solche Kollegen."
Einer der drei Beamten habe in Berlin die Maskenpflicht kritisiert, erläuterte der CSU-Politiker. Herrmann ergänzte: "Das ist aus meiner Sicht dummes Zeug." Dies sei allerdings die "zulässige Meinung eines Staatsbürgers". Auch für Beamte gelte natürlich Demonstrations- und Meinungsfreiheit, sagte Herrmann sowohl dem Bayerischen Rundfunk als auch Bild TV.
Sein Ministerium machte gegenüber watson allerdings deutlich, wo die Grenzen dieser Freiheit liegen. Wenn es sich um "Reichsbürgerideologie" handle oder der betroffene Beamte im "extremistischen Milieu" anzusiedeln sei, "werden wir alle Hebel für harte Sanktionen in Bewegung setzen", teilte ein Sprecher des Ministeriums mit. Weiter schrieb er:
Abgesehen von möglichen dienstrechtlichen Konsequenzen für die einzelnen Beamten richten Polizisten, die auf Corona-Demos sprechen, nach Ansicht des bayerischen Innenministeriums einen erheblichen Imageschaden für die Polizei an. Der Sprecher wörtlich:
Die Treuepflicht für Beamte, die der Sprecher des bayerischen Innenministeriums nennt, ist ein sehr wichtiges Prinzip. Sie ist sogar im Grundgesetz verankert (Artikel 33 Absatz 4). Die Treuepflicht besagt nicht nur, dass Beamte grundsätzlich zu "steter Dienstleistung" verpflichtet sind. Sondern auch, dass sie sich der freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen müssen und diese Haltung auch außerhalb ihrer Dienstzeit zeigen müssen.
Zur Treuepflicht gehört auch die Mäßigung und Zurückhaltung bei politischer Betätigung: Das heißt, grob gesagt: Beamte dürfen sich politisch engagieren. Aber nicht in Parteien oder Organisationen, die sich gegen die Demokratie und die Grundrechte wie Achtung der Menschenwürde, Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit und Meinungsfreiheit richten.
Es ist nicht das erste Mal, dass Polizeibeamte auf einer Corona-Demo gesprochen haben. Besonderes Aufsehen erregte Anfang August der Auftritt eines fränkischen Polizisten, der sich auf einer Demo in Augsburg mit dem Ruf "Achtung, hier spricht die Polizei" meldete – und dann mit Vokabeln wie "Lückenpresse" gegen Journalisten wütete und Polizisten im Einsatz zur Teilnahme an der Demo aufrief. Der Beamte wurde danach an eine Stelle versetzt, an der er keinen Kontakt mehr mit Bürgern hat.
Ein Polizeihauptkommissar aus Hannover wurde nach einem ähnlichen Auftritt auf einer Corona-Demo in Dortmund sogar vom Dienst suspendiert.
(se)