Im politisch tief gespaltenen Amerika scheint keine Institution vor Angriffen von rechts sicher zu sein. Nun hat es das Federal Bureau of Investigation (FBI) erwischt. Bereits im Kontext des Sturms auf das Kapitol kam die Bundespolizei unter Beschuss. Seit der Razzia in Donald Trumps Anwesen in Florida vor einer Woche aber brechen alle Dämme.
Es habe eine "beispiellose" Zahl an Drohungen gegen Angehörige und Einrichtungen des FBI gegeben, hieß es in einer am Freitag veröffentlichten Lagebeurteilung. Darunter seine Aufrufe zum "Bürgerkrieg" und zu einer "bewaffneten Rebellion" gewesen. Das FBI ist für die innere Sicherheit des Landes zuständig und genoss deshalb breiten Respekt.
Mit der Hausdurchsuchung in Mar-a-Lago aber wurde es in den Augen der Trump-Fans zu einem Handlanger der "radikal-linken" Demokraten. Vergangenen Donnerstag kam es zu einem beunruhigenden ersten Vorfall. Ein mit einem Sturmgewehr bewaffneter Mann versuchte, in das FBI-Büro in Cincinnati einzudringen. Er wurde beim folgenden Schusswechsel getötet.
Ein weiterer Zwischenfall ereignete sich am frühen Sonntagmorgen in Washington. Ein weiterer Mann prallte mit seinem Auto gegen eine Abschrankung vor dem Kapitol. Er stieg aus dem brennenden Wagen und schoss mehrmals in die Luft, eher er seinem Leben ein Ende setzte. Ob ein Zusammenhang mit der Razzia in Florida besteht, ist noch unklar.
Die beiden Vorfälle zeigen jedoch, wie explosiv das politische Klima in den USA geworden ist. Rechtsaußenpolitiker wie die Kongressabgeordneten Marjorie Taylor-Greene, Lauren Boebert oder Paul Gosar verlangten, man müsse dem FBI die Mittel entziehen (eine Analogie zur linken Forderung "Defund the Police") oder es gar "zerstören".
Für einige Parteikollegen gehen solche Forderungen zu weit, wie sie in den sonntäglichen Polit-Talkshows im US-Fernsehen erklärten. "Ich habe alle meine Kollegen aufgefordert, sich des Gewichts ihrer Worte bewusst zu sein", sagte der Abgeordnete Brian Fitzpatrick aus Pennsylvania auf CBS. Als ehemaliger FBI-Agent verspürt er persönliche Betroffenheit.
Michael Turner aus Ohio, der ranghöchste Republikaner im Geheimdienst-Ausschuss des Repräsentantenhauses, betonte gegenüber CNN seine Unterstützung für die Strafverfolger. "Natürlich steht niemand über dem Gesetz. Donald Trump steht nicht über dem Gesetz. Und Justizminister Merrick Garland steht auch nicht über dem Gesetz."
Damit gab Turner die Richtung vor. In der Haltung gegenüber dem FBI mögen erste Risse in der Abwehrfront der Republikaner erkennbar sein, doch sie stehen nach wie vor hinter ihrem Ex-Präsidenten. Im Visier ist in erster Linie das Justizministerium, nachdem Merrick Garland am Donnerstag erklärt hatte, er habe die Hausdurchsuchung angeordnet.
Der Tatbestand, dass das FBI in Trumps Anwesen vertrauliche bis streng geheime Dokumente sichergestellt hat, wird im Grundsatz nicht bestritten, nicht einmal von Trump selbst. Vielfältig sind jedoch die Erklärungsversuche. Die Unterlagen seien Trump "untergejubelt" worden, Anweisung der Biden-Regierung, heißt es etwa.
Der Ex-Präsident erklärte erst, die Dokumente würden durch das Anwaltsgeheimnis geschützt. Dann behauptete er, sie "deklassifiziert" zu haben. Selbst wenn dies der Fall wäre, könnte Trump sie nicht einfach in Mar-a-Lago aufbewahren. Ein Gesetz verlangt, dass Ex-Präsidenten alle Unterlagen aus ihrer Amtszeit dem Nationalarchiv übergeben müssen.
Die Behauptung von Trumps Entourage, auch Barack Obama sei nachlässig mit Dokumenten umgegangen, wurde von den Archivaren zurückgewiesen. Donald Trump ließ nach seinem Abgang große Mengen an Material mitgehen. Nach einer Intervention des Nationalarchivs gab er einen Teil zurück, aber eben nicht alles, wie die Razzia zeigte.
Welche Kreise diese Affäre ziehen wird, bleibt vorerst offen. Justizminister Garland befindet sich in einer Zwickmühle. Stellt er die Untersuchung ein, weil die Dokumente sichergestellt wurden, zieht er den Zorn der Demokraten auf sich. Falls er ein Strafverfahren eröffnet, werden die Republikaner auf die Barrikaden gehen. Und die Reihen erneut schließen.