Alle Augen sind am "Super Tuesday" auf Bernie Sanders und Joe Biden gerichtet. Denn von heute aus gesehen, wetteifern diese beiden um die Präsidentschaftskandidatur der demokratischen Partei. Der Linke Sanders hat die Nase momentan weit vorne und der moderate Biden aus seinem Wahlsieg in South Carolina nochmal eine zweite Chance erhalten.
Trotzdem lohnt ein Blick auf die anderen Kandidaten. Diejenigen, die gerade ausgestiegen sind und diejenige, die drinbleibt.
Auf der Seite der moderaten Kandidaten sind zwei Mitbewerber ausgestiegen, zuerst Pete Buttigieg und dann auch Amy Klobuschar. Beide hatten keine Chance mehr, selbst Trumps Herausforderer zu werden. Aber dass sie gerade jetzt ausstiegen und erklärt haben, Joe Biden zu unterstützen, zeigt, dass die moderaten Demokraten – von den Linken verächtlich als Establishment bezeichnet – ihre Kräfte hinter Biden bündeln wollen.
Da ist zwar noch Michael Bloomberg, der am Dienstag erstmals zur Wahl steht. Aber falls er kein überragendes Ergebnis einfährt, wird er keine ernste Gefahr für Biden werden. Joe Biden hat jetzt die volle Unterstützung der moderaten Demokraten.
Der linke Flügel der Demokraten tritt hingegen weiter mit zwei Kandidaten an. Dem weit vorne liegenden Bernie Sanders und Elizabeth Warren. Sie hat ebenfalls nicht den Hauch einer Chance, die Vorwahlen zu gewinnen und auf dem Parteitag nominiert zu werden. Sie muss sogar befürchten, in ihrem eigenen Bundesstaat Massachusetts von Sanders geschlagen zu werden. Was für eine Blamage! Aber sie verlässt den Wettbewerb nicht. Warum reiht sie sich nicht hinter Sanders ein und unterstützt den aussichtsreicheren linken Kandidaten?
Das hat mit einer Diskussion zu tun, die in den vergangenen Tagen intensiver geführt wurde. Klingt erst langweilig, ist aber hochspannend: Was geschieht eigentlich, falls ein Kandidat aus den Vorwahlen zwar mit den meisten Stimmen hervorgeht, aber nicht die Mehrheit der Delegierten hinter sich hat? Die meisten, aber nicht die Mehrheit? Dann könnte er im ersten Wahlgang, an dem nur die gewählten Delegierten teilnehmen, keine Mehrheit erzielen. So käme es zum zweiten Wahlgang.
Und nun kommen die Superdelegierten ins Spiel. Das sind Delegierte, die aus den Funktionärsrängen der demokratischen Partei nominiert sind. Sie sollen – über den politischen Willen, der in den Vorwahlen seinen Ausdruck fand –, das Gesamtwohl der Partei bedenken. Und man kann sicher sein, dass dieses Parteiwohl in deren Augen einen Namen hat: Joe Biden.
Das bedeutet: Wenn Bernie Sanders die Kandidatur sicher haben möchte, muss er nicht nur die meisten der Delegierten gewinnen, sondern eine Mehrheit, die ihn im ersten Wahlgang wählt. Und hier kommt Elizabeth Warren ins Spiel.
Wenn sie den Wettbewerb der Kandidaten jetzt verlassen würde, würden ihre Stimmen auf Sanders fallen. Er hätte mehr Delegierte und könnte es aus eigener Kraft schaffen. Wenn sie allerdings weiterhin kandidiert, nimmt sie ihm Delegiertenstimmen weg, weil sich zwei linke Kandidaten den linken Kuchen teilen. Die Warren-Delegierten könnten den Unterschied zwischen den meisten Delegierten auf Sanders Seite und einer Mehrheit ausmachen.
Bisher bringt Elizabeth Warren nur acht Delegierte zum Parteitag. Das ist nicht viel und stiege sie jetzt aus, würde man es nicht merken. In den meisten Staaten, in denen am Dienstag gewählt wird, dürfte sie zudem ein eher schlechtes Ergebnis einfahren. Nun werden Delegiertenstimmen erst zugeteilt, wenn eine Kandidatin mehr als 15 Prozent der Stimmen erzielt. Am "Super Tuesday" sind ein paar dicke Brocken im Spiel, vor allem Kalifornien und Texas. Hier sind richtig Stimmen zu holen. Warren liegt in Kalifornien bei 16, in Texas bei 15,5 Prozent. Gerade genug, um Sanders zu schaden, ohne selbst eine Chance auf die Kandidatur zu haben.
So könnte es kommen, dass Elizabeth Warren so lange im Wettbewerb bleibt, bis sie zur Königsmacherin wird, weil sowohl Sanders als auch Biden ein paar Stimmen zur Mehrheit im ersten Wahlgang fehlen. Biden müsste nur verhindern, dass Sanders diese Stimmen bekommt, weil er selbst im zweiten Wahlgang die besseren Chancen hätte. Sanders bräuchte sie dringend, wenn er keine eigene Mehrheit mitbringt.
Bernie Sanders weist deshalb in jedem Interview darauf hin, dass der Kandidat mit den meisten Delegierten zum Bewerber um die Präsidentschaft gewählt werden sollte. Nach den Regeln der demokratischen Partei ist das anders. Die Superdelegierten können wählen, wen sie möchten.
Sollte das geschehen, so droht Sanders schon jetzt, werde die Partei die Wahlen gegen Trump verlieren, weil seine besonders motivierten Anhänger sich abwenden werden. Das ist kein unwahrscheinliches Szenario. Trump würde die anschließenden Wahlen mit größerer Wahrscheinlichkeit gewinnen.
Deshalb schauen auch viele darauf, wie Elizabeth Warren in Kalifornien und Texas abschneidet, wie hoch die Zahl ihrer Delegiertenstimmen ist und ob sie danach weitermacht.