Dass in den Fluren des Weißen Hauses nicht nur gut über Donald Trump gesprochen wird, ist spätestens seit dem Buch des Journalisten Michael Wolff, "Feuer und Zorn" bekannt. Viele Mitarbeiter sind selbst sehr überrascht über das Ausmaß an Chaos und Inkompetenz, das in der Zentrale des mächtigsten Mannes der Welt zutage tritt.
Zahlreiche Mitarbeiter und Kabinettsmitglieder haben sich seit Trumps Regierungsantritt die Klinke in die Hand gegeben. Allein drei Außen- und vier Verteidigungsminister hat Donald Trump in seinen dreieinhalb Jahren Regierungszeit bereits verschlissen. Viele sind im offenen Streit gegangen oder gegangen worden. Bei Ex-Sicherheitsberater John Bolton trifft beides zu, je nachdem, wen man nach seiner Version der Geschichte fragt.
Dass aber auch engste Vertraute und Unterstützer von Donald Trump, so wie der immer noch amtierende US-Außenminister Mike Pompeo, hinter dessen Rücken schlecht über den US-Präsidenten sprechen, zeigt wie schlecht die Stimmung im Weißen Haus wirklich ist. Ex-Sicherheitsberater John Bolton schildert einige Details in seinem neuesten Enthüllungsbuch "The Room Where It Happened".
In seinem Buch schildert John Bolton eine Begebenheit während des ersten Aufeinandertreffens zwischen Donald Trump und Kim Jong-un 2018 in Singapur. Außer den beiden Staatschefs waren aufseiten der US-Delegation unter anderem Bolton und Außenminister Mike Pompeo anwesend.
Nach dem üblichen Geplänkel und Austausch von Höflichkeiten, bei denen Donald Trump Kim Jong-un unter anderem einen sehr cleveren, guten und aufrichtigen Menschen mit einem großartigen Charakter genannt hatte, wurden die Standpunkte ausgetauscht.
Kim Jong-un erklärte, dass es sein Ziel sei, die koreanische Halbinsel zur nuklearen Sperrzone zu machen. Dass viele an seiner Aufrichtigkeit in dieser Sache zweifeln, führte der nordkoreanische Diktator auf seinen Vorgänger, seinen Vater Kim Jong-il zurück. Er sei aber anders, versicherte Kim während des Gesprächs.
Bolton zufolge band Kim Jong-un Trump während des gesamten Gesprächs einen ordentlichen Bären auf und erzählte ihm, dass die Spannungen zwischen Nordkorea und den USA mit der feindseligen Nordkorea-Politik der US-Administrationen der vergangenen Jahrzehnte zu tun hätte. Donald Trump wiederum bestätigte Kims Darstellungen, dass es in den USA "einige sehr militante Menschen" gebe.
Schließlich verstieg sich Trump dazu, Kim Jong-un zu sagen, dass er einen möglichen Vertrag über nukleare Abrüstung mit dem Senat besprechen müsste, woraufhin Außenminister Mike Pompeo laut Boltons Bericht der Kragen platzt. Pompeo schob dem Sicherheitsberater sein Notizbuch mit dem Vermerk "He is so full of shit" ("Er labert Scheiße") herüber. "He", damit war Donald Trump gemeint.
Bolton stimmte zu. Und das zurecht, glaubt man dem Bericht von Trumps Ex-Sicherheitsberater. Denn: Im folgenden Verlauf des Meetings brachte Kim Jong-un demnach Donald Trump dazu, künftige Militärübungen mit Südkorea abzusagen. Trump versprach dem nordkoreanischen Diktator nicht nur seinen Bündnispartner im Stich zu lassen, sondern erklärte gar, dass die Militärübungen sowieso "reine Geldverschwendung" seien.
Im Gegenzug erhielt Trump lediglich eine absolut windige Zusage, dass das Nuklearprogramm der Nordkoreaner dauerhaft zurückgefahren und Kapazitäten vernichtet werden würden. In völliger Verkennung des eigenen Fehlers wand Trump sich anschließend an seine Berater und rühmte sich, dass er gewusst hätte, dass die Vereinbarung von Deals für ihn einfach sein würde. Außenminister Pompeo formulierte keinerlei Kritik, sondern stimmte laut Bolton zu. Offenbar traute sich niemand im Stab, Trump die Wahrheit zu sagen.
Auch an anderen Passagen lässt Ex-Sicherheitsberater John Bolton keinen Zweifel daran, dass die Stimmung im Weißen Haus alles andere als gut ist. Gleich zu Beginn seiner Tätigkeit soll ihm der damalige Stabschef John Francis Kelly gesagt haben: "Du kannst dir nicht vorstellen wie sehr ich hier rauswill. Das ist ein schlechter Arbeitsplatz."
In der Folge sollte sich das auch für John Bolton bestätigen. Wie er in seinem Buch beschreibt, hatte er wohl zu Anfang noch den Eindruck, dass Trumps chaotische Arbeitsweise daher rührt, dass seine Umgebung ihn schlecht beraten hätte und dachte, mit seiner Ankunft würde sich das ändern. Eine überhebliche Fehlannahme, die sich noch rächen sollte.
In der Folge beschreibt Bolton die Auseinandersetzungen über die strategische Ausrichtung der Außenpolitik als "Food fights", quasi Verteilungskämpfe am Tisch. Man würde nicht mehr um die Sache streiten, sondern nur noch versuchen, den größeren Happen abzubekommen.
USA-Experte Thomas Jäger von der Uni Köln teilt die Einschätzung, dass es im Weißen Haus unter Trump speziell zugehen dürfte:
Doch Jäger hält auch Boltons Schilderungen für fragwürdig und vermutet eigene Interessen des Ex-Sicherheitsberaters dahinter:
John Bolton ist also selbst nicht viel besser als Mike Pompeo, der hinter Trumps Rücken über die Unfähigkeit des Präsidenten abgelästert hat und am Ende aber nicht den Mut hatte, dessen Politik Trump gegenüber oder sogar öffentlich zu kritisieren.