Am Anfang seiner Amtszeit hat sich US-Präsident Donald Trump gerne mit hochdekorierten Generälen umgeben. Der ehemalige Lieutenant General Michael Flynn startete als Nationaler Sicherheitsberater, er wurde abgelöst vom pensionierten Lieutenant General H. R. McMaster. Der frühere General des Marine Corps John F. Kelly war zu Beginn von Trumps Amtszeit Stabschef des Präsidenten.
Alle drei sind mittlerweile nicht mehr im Weißen Haus. Stattdessen musste sich Trump zuletzt heftige Kritik von Vertretern des Militärs anhören.
Der prominenteste davon ist James Mattis, bis Februar 2019 noch Trumps Verteidigungsminister. In einem Gastbeitrag für ein renommiertes US-Magazin schrieb Mattis vergangene Woche, Trump sei "der erste Präsident zu meinen Lebzeiten, der nicht versucht, das amerikanische Volk zu einen – der nicht einmal vorgibt, es zu versuchen".
Er bezog sich damit auf die Ankündigung Trumps, die eigenen Streitkräfte auf die Straßen in den USA schicken zu wollen – um für Recht und Ordnung bei den Protesten gegen Polizeigewalt zu sorgen.
Der USA-Experte Thomas Jäger, Professor für Internationale Politik und Außenpolitik an der Universität Köln, sieht in der Ankündigung Trumps – der auch oberster Befehlshaber des Militärs ist – ein "krasses Fehlurteil" mit gravierenden Folgen.
Zwar habe der amerikanische Präsident das Recht, im Konsens mit den Gouverneuren das Militär im Inneren einzusetzen, um einen Staatsnotstand abzuwenden. Den Konsens der Gouverneure gab es in diesem Fall aber nicht, Trump setzte sich über sie einfach hinweg.
In den Augen vieler pensionierter Generäle und Admiräle habe diese Ankündigung laut Jäger bedeutet: "das amerikanische Militär einzusetzen, um US-Bürgern ihre verfassungsmäßigen Rechte zu verweigern". Wäre es so gekommen, hätten die Streitkräfte aber Vertrauen in der Gesellschaft verloren, sagt Jäger.
"Dieses krasse Fehlurteil des amerikanischen Präsidenten hat dazu geführt, dass viele Militärs das Vertrauen in den Oberkommandierenden verloren haben und dies – was ganz ungewöhnlich ist – auch noch öffentlich erklärten", sagt Experte Jäger.
Der Protest der Generäle fiel lautstark aus. Mattis schrieb seinen wütenden Gastbeitrag. Weil Trump für ein Foto vor einer Kirche in Washington die Polizei gegen friedliche Demonstranten vorgehen ließ, äußerte sich außerdem der pensionierte Vier-Sterne-General beim Marinekorps, John Allen, in einem Gastbeitrag und erklärte, die Aktion "könnte sehr wohl den Anfang vom Ende des amerikanischen Experiments einläuten".
Der letzte verärgerte Militär-Vertreter, der öffentlich Trump kritisierte, war Colin Powell. Der frühere US-Außenminister und ehemaliger Vier-Sterne-General kündigte in einem CNN-Interview am Sonntag an, bei der Wahl im November für Trumps Rivalen Biden stimmen zu wollen. Trump entferne sich von der Verfassung und werde "gefährlich für unsere Demokratie, gefährlich für unser Land", sagte Powell.
Trump kann all das nicht kaltlassen. "Denn die pensionierten Offiziere – wie auch Mitarbeiter der Dienste – spielen in den US-Nachrichten eine herausgehobene Rolle, wenn es um Sicherheitsfragen geht", sagt Politikwissenschaftler Jäger und wagt einen Blick voraus: "Da konservative Wähler eher auf Sicherheit fixiert sind und weniger auf Veränderung", belaste dies Trumps Wahlkampf.
"Den Vertrauensverlust der militärischen Führung kann Trump nicht mehr wettmachen", hält Jäger fest. Ob Trump deswegen aber auch spürbar bei der Wahl einbüßen wird, ist natürlich noch offen. "In anderen Wählergruppen der großen Zahl der Veteranen kann es anders aussehen."
Trump wird sich weiter um die Veteranen bemühen. In dieser Wählergruppe hatte er bei seiner Wahl 2016 besonders gut abgeschnitten.