Theoretisch kann Donald Trump wieder auf Twitter, Instagram und Facebook sein Unwesen treiben – noch ist es dort aber still.Bild: AP / Jacquelyn Martin
Analyse
Der Ex-Präsident macht wieder Wahlkampf – vorerst im kleinen Rahmen.
Philipp Löpfe / watson.ch
Wenn Rockstars anstatt in riesigen Arenen mit einem gewaltigen Materialaufwand in kleinen Clubs mit Mini-Verstärker-Anlagen auftreten, dann nennt man das "unplugged". Donald Trump versucht sich derzeit in der politischen Version dieser Veranstaltung. Anstatt auf einer Kundgebung zehntausende seiner Fans zu beglücken, trat er am vergangenen Wochenende im intimen Rahmen vor ein paar hundert Zuschauern auf.
Zwar hat Trump seine Präsidentschaftskandidatur schon vor Monaten angekündigt. Doch infolge des miserablen Abschneidens der Grand Old Party (GOP) bei den Zwischenwahlen ist diese Ankündigung auf verhaltenen Jubel gestoßen. Danach verschwand der Ex-Präsident zur allgemeinen Verwunderung für Wochen in der Versenkung, respektive auf dem Golfplatz. Einzig mit in unregelmäßigen Abständen abgesandten Posts auf seiner Twitter-Konkurrenz Truth Social hielt Trump seine Fans auf dem Laufenden.
Donald Trump zusammen mit Lindsey Graham bei seinem Auftritt in South Carolina.Bild: AP / Meg Kinnard
Die beiden Auftritte am Wochenende sind daher als so etwas wie der Auftakt zu Trumps Marathon zurück ins Weiße Haus zu verstehen. Sie fanden in den Bundesstaaten New Hampshire und South Carolina statt. Inhaltlich gibt es nichts Neues von der Trump-Front zu vermelden. Der Ex-Präsident ratterte seine bekannten Hits herunter, schimpfte über Fake News und Windmühlen und jammerte einmal mehr, dass ihm 2020 der Sieg gestohlen worden sei.
Das Volumen mag in der Club-Atmosphäre gedämpft gewesen sein, der Inhalt der Rede sattsam bekannt. Die Haltung Trumps hingegen war neu. Er scheint seine Mini-Depression überwunden zu haben und gibt sich wieder kämpferisch wie einst im Mai. "Ich bin wütender und entschlossener denn je", erklärte er.
Wie seine Fans hat sich Trump weiter radikalisiert. Mittlerweile hat er keinerlei Berührungsängste mehr gegenüber QAnon und lässt sogar die inoffizielle Hymne der Verschwörungs-Bewegung in seine Reden einblenden. "Er ist noch extremer geworden", sagt Jared Holt vom Institute for Strategic Dialogue gegenüber der "New York Times". "Niemand sollte sich einbilden, das werde sich ändern, wenn er nun wieder auf Facebook und Twitter tätig sein kann. Und wenn es darum geht, Verschwörungstheorien zu verbreiten, dann kann niemand Trump schlagen."
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Warum Trump noch nicht tweetet
Die Tatsache, dass der Ex-Präsident wieder bei den beiden sozialen Plattformen zugelassen ist, weckt berechtigte Ängste. Dazu muss man sich bloß die Zahlen vor Augen führen. Bei Truth Social hat Trump gerade mal 4,8 Millionen Follower, fast ausnahmslos Hardcore-Fans, die ohnehin an seinen Lippen hängen. Seine dort veröffentlichten Posts sorgen daher im besten Fall für Witze bei den Late-Night-Comedians.
Bei Twitter hingegen hat Trump 88 Millionen Follower, bei Facebook 34 Millionen und bei Instagram 23 Millionen. Twitter-Posts haben daher in der Vergangenheit regelmäßig für Schlagzeilen auch in den Mainstream-Medien gesorgt, und nirgends erhält der Ex-Präsident mehr Wert für seine eingesetzten Wahlkampf-Dollars als auf Facebook.
Warum also tweetet Trump nicht schon jetzt wie in seinen besten Tagen, vorzugsweise, wenn er auf der Toilette sitzt? Er würde damit nicht nur seiner Plattform Truth Social den Todesstoß versetzen. Es sind auch juristische Gründe, die ihn daran hindern. Bis zum kommenden Juni hat er sich nämlich verpflichtet, exklusiv auf Truth Social tätig zu sein. Es ist jedoch anzunehmen, dass Trump nach Ablauf dieser Frist wieder zu Twitter und Facebook zurückkehren wird.
Will er wieder ins Weiße Haus, braucht Trump jede Unterstützung, die er kriegen kann. Denn es ist noch nicht einmal sicher, dass er die Kandidatur innerhalb der GOP gewinnen wird. Ron DeSantis, der Gouverneur aus Florida, hat bei den Republikanern mächtig Auftrieb erhalten und liegt in mehreren Umfragen vor Trump, teils deutlich.
Bill Palatucci, ein langjähriges Mitglied der Geschäftsleitung der GOP, erklärt gegenüber dem "Wall Street Journal": "Trumps Einfluss nimmt ab. Es ist allerdings noch nicht ersichtlich, ob er schnell genug abnimmt." Fairerweise soll nicht verschwiegen werden, dass es auch Umfragen gibt, bei denen Trump die Nase vorn hat.
Macht Trump das Leben schwer: Ron DeSantis.Bild: AP / Marta Lavandier
Bisher hat DeSantis darauf verzichtet, seine Ambitionen auf das Amt des Präsidenten öffentlich zu verkünden. Doch die Anzeichen, dass er dies bald tun wird, mehren sich. Bereits schickt er seine Berater in die Bundesstaaten New Hampshire und Iowa, um dort die Befindlichkeit der republikanischen Wähler zu erkunden. In diesen beiden Bundesstaaten finden die ersten Vorwahlen statt, eine wichtige Weichenstellung.
Nicht nur DeSantis werden Ambitionen aufs Weiße Haus nachgesagt. An potenziellen Kandidaten mangelt es der GOP nicht. Mit der ehemaligen Uno-Botschafterin Nikki Haley, Ex-Vize Mike Pence und dem ehemaligen Außenminister Mike Pompeo zählen gleich drei Mitglieder des Trump-Kabinetts dazu.
Eine ganze Reihe von amtierenden und ehemaligen Gouverneuren werden ebenfalls angeführt. Es handelt sich dabei um Larry Hogan (Maryland), Asa Hutchinson (Arkansas), Kristi Noem (South Dakota), Chris Sununu (New Hampshire) und Glenn Youngkin (Virginia). Weil niemand als Erster die Wut von Trump zu spüren bekommen will, hat bisher noch niemand seine Kandidatur verkündet. Doch spätestens im Frühsommer müssen allfällige Kandidaten ihre Deckung fallenlassen.
Spätestens dann wird auch Trump seine Unplugged-Phase wieder mit den bekannten MAGA-Rallys tauschen. Angekündigt hat er dies auf jeden Fall bereits.
Rolf Mützenich ist der Fraktionschef der SPD. In zahlreichen Debatten spricht er für seine Partei im Bundestag. Mützenich ist bekannt für seine Friedenspolitik, gleichzeitig half er aber auch bei der Durchsetzung des Sondervermögens für die Bundeswehr.