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AfD News: 10 Jahre Antisemitismus, Rassismus und Meme-Potenzial

Alice Weidel und Tino Chrupalla (l), die AfD-Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl, und Leif-Erik Holm (r), Bundestagsabgeordneter und Spitzenkandidat in Mecklenburg-Vorpommern, stehen zum Auftakt  ...
Alice Weidel und Tino Chrupalla sind die amtierenden Vorsitzenden der AfD – die Partei hat einen hohen Verschleiß an Führungspersonal.Bild: dpa-Zentralbild / Jens Büttner
Analyse

AfD-Geburtstag: Zehn Jahre Rassismus, Antisemitismus und Skandale mit Meme-Potenzial

02.03.2023, 16:57
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Die selbsternannte Alternative für Deutschland hat Grund zum Anstoßen: Die Rechtspopulist:innen im Hosenanzug feiern ihren zehnten Geburtstag. Gestartet ist die AfD unter dem Vorsitzenden Bernd Lucke als eurokritische Anti-EU-Partei.

Mittlerweile hat die Alternative einige Rechtsrucke hinter sich – und einen immensen Vorsitzenden-Verschleiß. In den Jahren gab es etliche Entgleisungen.

Die Top 10 hat watson für euch zusammengefasst.

Erdkundeunterricht bei Beatrix

Klar ist für die AfD: Den menschengemachten Klimawandel gibt es nicht – stattdessen müsse jemand anderes zur Rechenschaft gezogen werden.

In einem Gespräch mit dem Journalisten Tilo Jung hat Partei-Promi Beatrix von Storch auch eine konkrete Idee, wer. Sie fordert Beweise, dass der Klimawandel nichts mit der Sonnenenergie zu tun hat, sondern "mit unserem Atmen."

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Viel naheliegender, meint von Storch, sei die Schuld bei der Sonne zu suchen. Die Temperatur der Sonne habe nämlich mit der Temperatur der Meere zu tun – und dementsprechend auch mit der CO₂-Aufnahmekapazität der Ozeane.

Von Storch hat insofern recht, da Ozeane tatsächlich viel CO2 aufnehmen – was auch stimmt: Kaltwasser nimmt das Kohlenstoffdioxid besser auf. Die Erwärmung der Meere hat aber nichts mit der Temperatur der Sonne zu tun, sondern eben mit der Erderwärmung.

Von Storch ist das egal. Sie meint: "Wir sollten der Sonne erklären, dass sie nicht so viel scheinen soll." Denn der Ozean werde nicht warm oder kalt, weil der Mensch das sagt. "Wir sollten die Sonne verklagen", schließt die AfD-Politikerin ihr Plädoyer.

Grenzschutz: Abknallen statt Abschieben

Weniger amüsant als beim Klimaschutz ist von Storch, wenn es um Geflüchtete geht. Ihr Hass gegen diese Menschen sitzt offensichtlich tief. So tief, dass es wohl auch okay wäre, wenn Polizist:innen Frauen und Kinder abknallen, sollten sie die Grenze überqueren.

Auslöser dieser Aussage, die von Storch später als technischen Fehler verkauft, war eine Forderung der damaligen Parteichefin Frauke Petry. Sie hatte im Januar 2016 in einem Interview mit dem "Mannheimer Morgen" erklärt, Polizist:innen müssten illegale Grenzübertritte notfalls mit der Schusswaffe verhindern. Auf Facebook entbrannte eine Debatte, bei der die Frage fiel, ob die AfD auch Frauen mit Kindern mittels Waffengewalt am illegalen Grenzübertritt hindern wollen. Die Antwort von Beatrix von Storch: "Ja".

Die Vorsitzende der Blauen Partei, Frauke Petry, aufgenommen am Dienstag (07.08.2018) w�hrend eines Interviews im Haus der Presse in Dresden. *** The leader of the Blue Party Frauke Petry recorded on  ...
2016 forderte die damalige Vorsitzende Frauke Petry die Grenzen mit Waffengewalt zu verteidigen.Bild: imago stock&people / Robert Michael

Der Gauland-Schiss

Aber natürlich besteht die AfD nicht nur aus Beatrix von Storch. Auch Alexander Gauland – der Mann mit der Hundekrawatte – überschreitet mit regelmäßiger Leichtigkeit die Grenze des Sagbaren. Zum Beispiel, als er Nazi-Deutschland als "Vogelschiss" in der 1000-jährigen deutschen Geschichte bezeichnet hat. Holocaust-Verharmlosung at it's best.

Germany's anti-immigration party Alternative for Germany (AfD) leader Alexander Gauland attends a party meeting in Riesa, Saxony, Germany, January 11, 2019. REUTERS/Matthias Rietschel
Alexander Gauland ist der Ehrenvorsitzende seiner Fraktion.Bild: X03720 / MATTHIAS RIETSCHEL

Gefallen waren diese Worte in seinem Grußwort auf dem Bundeskongress der Jungen Alternative – also der Jugendorganisation der AfD – im Jahr 2018.

Das Reichstags-Stürmchen

In den USA stürmten am 6. Januar 2021 Trump-Anhänger:innen das Kapitol. Es gab Verletzte, es gab Tote, es gab einen Schaden an der Demokratie. In Deutschland gab es bereits im August 2020 einen versuchten Sturm auf den Reichstag. Menschen, die gegen Coronamaßnahmen demonstrierten, sind auf die Türen des Gebäudes zugestürmt und haben versucht, einzudringen – ohne Erfolg. Unter den Stürmenden waren auch (Ex-)Mitglieder der AfD, sowie der Jugendorganisation.

Aber nicht nur das: Die Partei hat im November 2020 auch aktiv Störer:innen in den Bundestag eingeschleust. Alternative Medienschaffende aus der rechten Szene bedrängten dann unter anderem den damaligen Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) mit ihren Handys und vielen Fragen im Aufzug.

Kreative Masken-DIY's

Nun lässt sich bereits feststellen: Die AfD hat es nicht so mit wissenschaftlichen Fakten – oder mit Regeln. Entsprechend stur verhalten sich einige AfD-Politiker:innen beim Umgang mit Corona. Im Bundestag zum Beispiel galten im Plenum – dem großen Raum, in dem die Abgeordneten sitzen und streiten – die 3G-Regeln. Teile der AfD-Fraktion wollten die nicht einhalten und wurden deshalb auf die Tribüne verbannt. Dorthin, wo sonst Gäste und Presse sitzen.

Und auch die Sache mit den Masken war für viele Abgeordnete ein Problem. So gab es zahlreiche Plastik-Schutzschilde und Spuckschutze. Oder, wie im bayerischen Landtag sogar ganz andere Lösungsansätze. Der Abgeordnete Stefan Löw erschien zu einer Rede mit Gasmaske. Bei der Debatte, zu der er sprach, ging es übrigens um NS-Kriegsverbrechen. Die Gasmaske sei aber keine Verharmlosung gewesen, denn es herrsche ja Maskenpflicht.

ARCHIV - 07.07.2020, Bayern, M�nchen: Der AfD-Abgeordnete Stefan L�w steht mit einer Gasmaske am Rednerpult im Bayerischen Landtag (Screenshot aus einem Video). L�w wurde daf�r ger�gt. (zu dpa "A ...
Der bayerische AfD-Abgeordnete Stefan Löw erschien mit Gasmaske im Landtag. Bild: Bayerischer Landtag

Kein gerichtlich bestätigter Faschist

Mit NS-Kriegsverbrechen sollte sich zumindest Rechtsaußen Björn Bernd Höcke gut auskennen. Schließlich war er Geschichtslehrer in Hessen. Der Verfassungsschutz führt Höcke als Rechtsextremisten. Zwischenzeitlich machte die Behauptung die Runde, er dürfe – gerichtlich bestätigt – als Faschist bezeichnet werden. Aber dem ist nicht so.

05.11.2022, Thüringen, Pfiffelbach: Björn Höcke, Vorsitzender der AfD-Thüringen, spricht beim Landesparteitag seiner Partei. Dort soll unter anderem der Landesvorstand neu gewählt werden. Foto: Sebast ...
Björn Höcke ist der Landeschef der AfD Thüringen.Bild: dpa / Sebastian Willnow

Das Landgericht Hamburg hat festgestellt: Der Chef der AfD-Thüringen wurde nicht gerichtlich zum Faschisten erklärt. Dank dem Satiriker Jan Böhmermann weiß übrigens keiner mehr, ob Höcke nun eigentlich Björn oder Bernd heißt.

Der Flyerservice Hahn

Die AfD ist mittlerweile in fast allen Landtagen der Republik vertreten, genauso wie seit 2017 auf Bundesebene. Um gewählt zu werden, müssen Parteien und Politiker erstmal auf sich aufmerksam machen: Wahlkampf. Tja und den wollte auch die AfD 2021 zur Bundestagswahl betreiben. Mit Flyern vom vertrauenerweckenden "Flyerservice Hahn".

Ein fiktives Unternehmen – ohne reale Geschäftsadresse oder Handelsregistereintrag – betrieben vom selbsternannten "Zentrum für politische Schönheit". Ein Zusammenschluss von etwa 70 Aktionskünstler:innen und Kreativen. Fünf Millionen Flyer hat die Partei bei dem fiktiven Flyerservice in Auftrag gegeben. Angekommen sind die nie, stattdessen wurden sie laut dem Zentrum vernichtet.

Die wilde Jagd

Die Mitglieder der AfD sind Jäger, keine Sammler. Bereits nach dem guten Abschneiden bei der Bundestagswahl 2017 verkündete Alexander Gauland: "Wir werden Frau Merkel jagen." Als drittstärkste Partei wolle die AfD die Regierung vor sich hertreiben.

ARCHIV - 07.06.2022, Berlin: Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sitzt im Berliner Ensemble, um auf Fragen des Journalisten und Autors Alexander Osang zu antworten unter dem Motto " ...
Die AfD wollte Alt-Kanzlerin Angela Merkel (CDU) jagen.Bild: dpa / Fabian Sommer

Ein Versprechen, das auch auf dem Parteitag 2022 wiederholt wurde. AfD-Bundestagsabgeordnete Mariana Harder-Kühnel erklärte dort:

"Wir sind die einzige wirkliche Opposition, also lasst sie uns jagen. Weil wir nicht wollen, dass Deutschland das Land der Deutschlandhasser wird."

Lyriker Chrupalla

Er ist der Beschützer der deutschen Lyrik: AfD-Chef Tino Chrupalla. Er will, dass Schüler:innen mehr deutsche Gedichte lernen. Das hat er in einem Interview gefordert. Er selbst aber hat wohl zu wenige dieser deutschen Gedichte in seiner Schullaufbahn kennengelernt.

Tino Chrupalla AfD waehrend der 51. Sitzung im Bundestag am 8. September 2022. Plenarsitzung im Bundestag *** Tino Chrupalla AfD during the 51 session in the Bundestag on 8 September 2022 Plenary sess ...
Tino Chrupalla setzt sich für die Reform des Deutschunterrichts ein.Bild: IMAGO/Emmanuele Contin

Denn auf die Nachfrage eines Kinderreporters des ZDF, welches denn das Lieblingsgedicht von Chrupalla sei, antwortete dieser: "Mein Lieblingsgedicht ist ... öhm ..." Da müsse er erst einmal überlegen. Immerhin, seinen Lieblingsdichter kennt Chrupalla: Heinrich Heine.

Die "Quasselgruppe"

Die Abgeordneten der AfD ergötzen sich nicht nur an der Jagd auf das Establishment und deutscher Literatur. Interne Chatprotokolle der "Quasselgruppe" haben im vergangenen Jahr offengelegt, wie rassistisch, queerfeindlich und radikal die AfD-Bundestagsfraktion ist.

Und nicht nur das: In dem Chat wurde auch offen über den Umsturz fantasiert. Wenn die Alt-Parteien den Laden endgültig an die Wand gefahren hätten, würde die AfD kommen und aufräumen.

"Deutschland, aber normal", das ist der Slogan, mit dem sich die AfD zurzeit schmückt.

Die vergangenen zehn Jahre haben gezeigt, wie "normal" die Partei und ihre Mitglieder sind. Es ist allerdings zu erwarten, dass die selbsternannte Alternative für Deutschland auch in den kommenden zehn Jahren etliche (rassistische und antisemitische) Skandale anhäufen wird.

Polizeigewalt in Deutschland: "Das ist ein Männlichkeitsproblem"

Eine kürzlich veröffentlichte Studie des Innenministeriums zeigt: Jede:r dritte:r Polizeibeamt:in hat bei Kolleg:innen rassistisches Verhalten bemerkt. Autor und Journalist Mohamed Amjahid forscht seit Jahren zum strukturellen Rassismusproblem der Polizei und hat darüber ein Buch geschrieben. Im Gespräch mit watson erläutert er die vielschichtige Problematik.

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