Im Juni 2018 traf sich US-Präsident Donald Trump vor den Augen der Weltöffentlichkeit beim sogenannten "Singapore Summit" mit dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong-un. Ein historisches Treffen, von dem sich einige viel versprachen. Trump selbst jedoch war weniger aufgeregt und hatte sich im Vorfeld kaum über die strategischen Interessen der USA in Fernost informiert, wie Ex-Sicherheitsberater John Bolton in seinem Enthüllungsbuch schilderte.
So soll Donald Trump – Bolton zufolge – unvorbereitet zu dem Treffen erschienen sein und davon ausgegangen sein, dass ein einfaches Zusammentreffen der beiden Staatschefs, auf deren Schreibtisch sich der rote Knopf für die Atomwaffen befindet, die koreanische Halbinsel dauerhaft befrieden und zur nuklearen Abrüstung Nordkoreas beitragen könnte.
Schlussendlich sollte das Treffen aber durch Trumps Naivität und absolute Beratungsresistenz dazu führen, dass der US-Präsident wichtige Verhandlungsmasse aus der Hand gab, zum Beispiel gemeinsame Manöver zwischen US-Streitkräften und südkoreanischem Militär. Und das im Austausch gegen kaum nachprüfbare Versprechungen von Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un.
Wie Donalds Nichte Mary Trump nun in ihrem Buch "Too Much And Never Enough" beschreibt, wäre Donald wohl besser gefahren, wenn er auf seine große Schwester Maryanne gehört hätte. Die hatte ihn nämlich vor dem Treffen mit Kim Jong-un gewarnt.
Der Trump'sche Familienclan wird geprägt durch das Immobilien-Imperium, das Donalds Vater Fred C. Trump begründet und an seinen Sohn vererbt hatte. Doch nicht alle im Trump-Clan sind dem Vorbild des Vaters gefolgt. Donalds Schwester Maryanne lernte "etwas Anständiges" und schlug eine Laufbahn als Juristin ein.
Sie scheint daher auch mehr von Politik zu verstehen als ihr Bruder. Während dieser nämlich vor allem durch seine nicht immer ganz durchsichtigen Geschäfte und Affären mit Playmates und Laufsteg-Models in die Schlagzeilen geriet, stieg seine ältere Schwester zu einer der wichtigsten Richterinnen des Landes auf und engagierte sich unter anderem bei der republikanischen Partei.
Auch wenn Donald Trump gerne behauptete, sie hätte ihre Karriere maßgeblich seiner Einflussnahme zu verdanken gehabt: Mehrere US-Präsidenten sprachen sich für Maryanne Trump als Richterin an Bundesgerichtshöfen aus. Sie war während ihrer aktiven Zeit über Parteigrenzen hinweg eine geschätzte, wenn auch nicht unumstrittene Juristin, bis sie 2019 emeritiert wurde.
Ihre Nichte Mary beschreibt sie in ihrem Buch, "Too Much And Never Enough" als gebildete, schlaue, aufmerksame und scharfe Beobachterin ihres Bruders und damit dem absoluten Gegenteil von dem wofür Donald Trump steht. Wohl auch ein Grund dafür, dass seine ältere Schwester nicht damit gerechnet hatte, dass Donald es wirklich mal ins Präsidentenamt schaffen würde.
Wahrscheinlich ist ihre Erfahrung als Bundesrichterin einer der Gründe, warum Maryanne ihrem Bruder einen weisen Ratschlag vor dessen Treffen mit Kim Jong-un auf den Weg gab. Den Schilderungen von Trumps Nichte Mary zufolge, rief Maryanne am Vorabend des Treffens zwischen dem US-Präsidenten und Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un im Juni 2018 im Weißen Haus an und hinterließ ihrem Bruder eine wichtige Nachricht:
Zum Verzweifeln aus Sicht von Maryanne Trump: Ihr kleiner Bruder Donald hielt sich in der Folge an keinen einzigen dieser Ratschläge, außer an den scherzhaften Hinweis, sich von Dennis Rodman fernzuhalten. Was aber auch schlichtweg damit zu tun hatte, dass der Ex-NBA-Star, der gerne mal mit dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un auf dessen Jacht feiert, nicht in Singapur anwesend war.
Wie auch bei vielen seiner Untergebenen und Berater war Trump selbst bei seiner Schwester beratungsresistent. Eine Eigenschaft, die sich Beobachtern zufolge mit Fortschreiten von Trumps Amtszeit eher noch verstärkte.
Für das Verhältnis von Maryanne und ihrem Bruder Donald war der Vorfall Laut Mary Trump ein Schlüsselereignis in der geschwisterlichen Beziehung:
Zuvor hatte Maryanne Trump viel darauf gehalten, dass sie ihren jüngeren Bruder zumindest ein wenig in Zaum halten konnte. Anscheinend hat das Telefonat um den Gipfel in Singapur einen Keil zwischen die beiden getrieben und Maryanne endgültig vor Augen gehalten, dass ihr Bruder unbelehrbar ist.
Folgt man den Darstellungen von Mary Trump, waren die Telefonate zwischen den beiden Geschwistern allerdings auch schon zuvor nicht unbedingt herzlich und vor allem von Donalds Versuchen geprägt gewesen, seiner Schwester Lobpreisungen für seine eigene großartige Regierungsarbeit abzuringen:
Dieses Bild von Donald Trump zieht sich durch Mary Trumps gesamtes Buch, in dem sie immer wieder auf die emotionale Unreife und Egozentrik ihres Onkels verweist, der ihr zufolge ohne jegliches Gefühl von Mäßigung wie ein verzogener kleiner Junge immer nur noch mehr und mehr an Bestätigung und Anerkennung anderer verlangt.
Ihr ultimativer Ratschlag daher an ihren Onkel: "Trete zurück", wie sie unlängst in einem TV-Interview erklärte. Nachdem Donald Trump selbst die gut gemeinten Ratschläge seiner großen Schwester ignoriert hatte, ist es allerdings sehr unwahrscheinlich, dass er sich diesen Ratschlag seiner Nichte zu Herzen nehmen wird.