Die britische Monarchie hat eine jahrhundertelange Tradition. Das Königshaus gehört zu England wie der "Afternoon Tea", der Big Ben und die Beatles. Die Briten sind offenbar der royalen Familie verfallen, selbst nach zahlreichen Skandalen im britischen Königshaus. 70 Jahre lang war Elizabeth II. die Queen – nun folgt ihr Sohn, Charles III.
Kann er die Menschen im Land von sich überzeugen, wie einst seine Mutter? Vor allem in der jungen Bevölkerung verliert die britische Monarchie immer mehr an Zustimmung, wie Umfragen zeigen.
Eine große Herausforderung für Charles, meint Anthony Glees von der University of Buckingham auf watson-Anfrage. Vor allem der "Megxit", der Zank mit Harry und Meghan, soll Charles das Leben schwer machen, sagt der Politologe und Zeithistoriker.
So ergab etwa im Herbst 2022 eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts "YouGov", dass nur 33 Prozent der 18- bis 24-Jährigen die Monarchie unterstützen. Zum Vergleich: 86 Prozent der Briten ab 65 Jahren stimmten für das Festhalten am Königshaus. Grund für diese Entwicklung ist laut Glees die miserable Lage, in der sich Großbritannien befindet. Die Folgen bekämen vor allem junge Leute zu spüren.
Als Beispiel nennt der Brite etwa die katastrophalen Auswirkungen durch den Brexit, gegen den die Mehrheit der jungen Wähler:innen stimmten. "Der massive Anstieg der Lebenshaltungskosten, die endlosen Streiks, die Klimakrise", zählt der Experte außerdem auf.
Dabei macht sich der 74-jährige König Charles durchaus für Umweltthemen stark. Aber am Ende werde es nicht ausreichen, um die Jugend mitzureißen, sagt Glees.
"Es ist offensichtlich, dass er sich bemüht, für das zu stehen, was er als die Werte der jungen Briten ansieht", sagt Glees. Er möchte für ein Großbritannien stehen, das dem Nachhaltigkeitsgedanken folgt, für den er sich selbst seit 50 Jahren einsetzt.
Zudem werde seine Krönung die ethnische Vielfalt und seinen Wunsch betonen, über ein multiethnisches, multireligiöses Großbritannien zu herrschen, "das – theoretisch – blind für Klasse, Rasse, Geschlecht ist", meint Glees. Aber am Ende sei und bleibe Charles ein Aristokrat. "Er repräsentiert ein aristokratisches Großbritannien, das in der Realität in völligem Widerspruch zu diesen Werten steht", sagt der britische Experte.
Der neue König glaube an "Zucht" und die Sitten der Aristokratie. Das spiegelt sich laut Glees in seiner Krönung wider: Er lädt Camillas ersten Ehemann zur Krönung ein, lässt sich und seine Ehefrau mit heiligem Öl salben, sitzt in der königlichen goldenen Kutsche und nutzt symbolische Besitztümer. So erhält Charles etwa goldene Sporen, um die Tradition des Rittertums zu repräsentieren.
"Auch indem er Camilla zur gekrönten Königin macht, bringt er zum Ausdruck, dass er sich auf seine uralten Rechte beruft, im Sinne von 'By God and my Right'", führt Glees aus. Die britische Jugend habe nicht viel Interesse an der damaligen Affäre mit Camilla und das damit verbundene Leid für Diana. Aber: Lady Di war jünger als beide und sei damit in gewisser Weise die Vertreterin der Jugend gewesen.
Charles' Alter sei nicht unproblematisch, so der Experte. Er sagt:
Aber jeder wisse über Charles Bescheid. Seit 50 Jahren konnten sich die Briten eine Meinung über ihn bilden. Eine Nähe zu den Menschen im Land habe er nicht aufbauen können. Laut Glees ist Charles nie ein 'Mann des Volkes' gewesen, sondern sehr distanziert.
"Er ist unvorstellbar reich, besitzt viele Häuser, während junge Leute nicht einmal eine Mietwohnung finden", führt der Experte aus. Hier liege ein "kritisches Missverhältnis" vor, und es sei schwer vorstellbar, wie es gelöst werden könnte. Der Experte ist sich sicher: Am Ende wird die Monarchie nicht mehr akzeptiert, geschweige denn als relevant angesehen werden.
Kostspielige Paraden sowie sündhaft teurer Schmuck, dazu folgt die Königsfamilie strikt einem royalen Protokoll, auf dem sich wohl bereits ein Meter Staub angelegt hat. Der Palast – mit all seinen veralteten, konservativen Abläufen und Vorschriften – sollte so manch liberal denkendem ein Graus sein. So hat es offenbar auch die Freigeister Harry und Meghan in die Flucht geschlagen.
Dabei war die Hoffnung groß, dass mit Harry und Meghan frischer Wind in die knirschend alten Palastwände einzieht – doch es folgte ein Tornado, der im sogenannten "Megxit" endete. Die zwei verließen die königliche Familie und verschwanden ins sonnige, liberale Kalifornien. Laut Glees vergrößern Harry und Meghan Charles' Probleme.
Er sagt:
Umfragen zeigen, dass mittlerweile auch die Zustimmung der Briten für Harry und Meghan sinkt, etwa durch ihr skandalöses Interview mit Oprah Winfrey. Oder ihre Netflix-Doku, die tiefe Einblicke in ihr Privatleben gewährt.
Doch laut Glees' Erfahrung sind noch viele junge Menschen eher "Team Meghan and Harry" und glauben, dass Charles und William rassistisch sind.
Das sei eine "schreckliche Belastung" für den König und ein komplexes Problem, das er lösen müsse, wenn die Monarchie überleben soll. Glees erklärt:
Würde das Vereinigte Königreich florieren, wenn es keinen Brexit gegeben hätte, hätte Charles mit seinen ökologischen Referenzen als "trendiger" und moderner Großvater vielleicht junge Menschen für sich gewinnen können, meint der Experte. Aber Großbritannien sei "broken", zerrüttet und in einer misslichen Lage. Dieses Erbe nimmt Charles nun als britisches Staatsoberhaupt an.