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Krönung von Charles: Junge Briten wollen eher Meghan und Harry

12.09.2022, Großbritannien, Edinburgh: König Charles III. verlässt das schottische Parlament. Foto: Andrew Milligan/PA Wire/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Die Krönung von Charles III. steht unmittelbar bevor – aber die Jugend verliert offenbar ihr Interesse an der Monarchie. Bild: PA Wire / Andrew Milligan
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Krönung von König Charles: Junge Briten wollen eher Meghan und Harry

05.05.2023, 19:24
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Die britische Monarchie hat eine jahrhundertelange Tradition. Das Königshaus gehört zu England wie der "Afternoon Tea", der Big Ben und die Beatles. Die Briten sind offenbar der royalen Familie verfallen, selbst nach zahlreichen Skandalen im britischen Königshaus. 70 Jahre lang war Elizabeth II. die Queen – nun folgt ihr Sohn, Charles III.

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Die Krönungszeremonie von König Charles III. wird am 6. Mai 2023 stattfinden.Bild: AP POOL / Alastair Grant

Kann er die Menschen im Land von sich überzeugen, wie einst seine Mutter? Vor allem in der jungen Bevölkerung verliert die britische Monarchie immer mehr an Zustimmung, wie Umfragen zeigen.

Eine große Herausforderung für Charles, meint Anthony Glees von der University of Buckingham auf watson-Anfrage. Vor allem der "Megxit", der Zank mit Harry und Meghan, soll Charles das Leben schwer machen, sagt der Politologe und Zeithistoriker.

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Junge Briten verlieren offenbar ihren Gefallen an der Monarchie

So ergab etwa im Herbst 2022 eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts "YouGov", dass nur 33 Prozent der 18- bis 24-Jährigen die Monarchie unterstützen. Zum Vergleich: 86 Prozent der Briten ab 65 Jahren stimmten für das Festhalten am Königshaus. Grund für diese Entwicklung ist laut Glees die miserable Lage, in der sich Großbritannien befindet. Die Folgen bekämen vor allem junge Leute zu spüren.

Als Beispiel nennt der Brite etwa die katastrophalen Auswirkungen durch den Brexit, gegen den die Mehrheit der jungen Wähler:innen stimmten. "Der massive Anstieg der Lebenshaltungskosten, die endlosen Streiks, die Klimakrise", zählt der Experte außerdem auf.

Dabei macht sich der 74-jährige König Charles durchaus für Umweltthemen stark. Aber am Ende werde es nicht ausreichen, um die Jugend mitzureißen, sagt Glees.

Aristokratischer Klima-König eines multiethnischen Großbritannien

"Es ist offensichtlich, dass er sich bemüht, für das zu stehen, was er als die Werte der jungen Briten ansieht", sagt Glees. Er möchte für ein Großbritannien stehen, das dem Nachhaltigkeitsgedanken folgt, für den er sich selbst seit 50 Jahren einsetzt.

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Bei seiner Deutschlandreise besuchte Charles eine Käserei im Ökodorf Brodowin in Brandenburg.Bild: dpa-POOL / Jens Büttner

Zudem werde seine Krönung die ethnische Vielfalt und seinen Wunsch betonen, über ein multiethnisches, multireligiöses Großbritannien zu herrschen, "das – theoretisch – blind für Klasse, Rasse, Geschlecht ist", meint Glees. Aber am Ende sei und bleibe Charles ein Aristokrat. "Er repräsentiert ein aristokratisches Großbritannien, das in der Realität in völligem Widerspruch zu diesen Werten steht", sagt der britische Experte.

Der neue König glaube an "Zucht" und die Sitten der Aristokratie. Das spiegelt sich laut Glees in seiner Krönung wider: Er lädt Camillas ersten Ehemann zur Krönung ein, lässt sich und seine Ehefrau mit heiligem Öl salben, sitzt in der königlichen goldenen Kutsche und nutzt symbolische Besitztümer. So erhält Charles etwa goldene Sporen, um die Tradition des Rittertums zu repräsentieren.

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Mit Charles' Krönung wird Camilla zur Königin. Ihre frühere Affäre sorgte damals weltweit für Aufsehen.Bild: PA Wire / Stefan Rousseau

"Auch indem er Camilla zur gekrönten Königin macht, bringt er zum Ausdruck, dass er sich auf seine uralten Rechte beruft, im Sinne von 'By God and my Right'", führt Glees aus. Die britische Jugend habe nicht viel Interesse an der damaligen Affäre mit Camilla und das damit verbundene Leid für Diana. Aber: Lady Di war jünger als beide und sei damit in gewisser Weise die Vertreterin der Jugend gewesen.

Charles' Alter könnte ihm Probleme bereiten

Charles' Alter sei nicht unproblematisch, so der Experte. Er sagt:

"Als Elizabeth 1953 gekrönt wurde, war sie sehr jung und niemand wusste, was ihre Werte und Überzeugungen waren. Ihre Krönung konnte als Zeichen dafür gewertet werden, dass Großbritannien jung und modern war und sich verändern wollte. Sie fiel mit der Einführung des Fernsehens, dem Ende des Krieges und dem Aufkommen der Jugendkultur zusammen."
RECORD DATE NOT STATED The Coronation of Elizabeth II took place on 2 June 1953 at Westminster Abbey in London. Elizabeth II acceded to the throne at the age of 25 upon the death of her father, George ...
Die Krönung von Elizabeth II. fand im Juni 1953 in der Westminster Abbey in London statt. Sie war 25 Jahre alt.Bild: IMAGO/UIG / imago images

Aber jeder wisse über Charles Bescheid. Seit 50 Jahren konnten sich die Briten eine Meinung über ihn bilden. Eine Nähe zu den Menschen im Land habe er nicht aufbauen können. Laut Glees ist Charles nie ein 'Mann des Volkes' gewesen, sondern sehr distanziert.

"Er ist unvorstellbar reich, besitzt viele Häuser, während junge Leute nicht einmal eine Mietwohnung finden", führt der Experte aus. Hier liege ein "kritisches Missverhältnis" vor, und es sei schwer vorstellbar, wie es gelöst werden könnte. Der Experte ist sich sicher: Am Ende wird die Monarchie nicht mehr akzeptiert, geschweige denn als relevant angesehen werden.

Kostspielige Paraden sowie sündhaft teurer Schmuck, dazu folgt die Königsfamilie strikt einem royalen Protokoll, auf dem sich wohl bereits ein Meter Staub angelegt hat. Der Palast – mit all seinen veralteten, konservativen Abläufen und Vorschriften – sollte so manch liberal denkendem ein Graus sein. So hat es offenbar auch die Freigeister Harry und Meghan in die Flucht geschlagen.

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Harry und Meghan haben das Königshaus verlassen und suchen ihr Glück in den USA.Bild: IMAGO/Kirchner-Media / Christopher Neundorf

Harry und Meghan machen König Charles das Leben schwer

Dabei war die Hoffnung groß, dass mit Harry und Meghan frischer Wind in die knirschend alten Palastwände einzieht – doch es folgte ein Tornado, der im sogenannten "Megxit" endete. Die zwei verließen die königliche Familie und verschwanden ins sonnige, liberale Kalifornien. Laut Glees vergrößern Harry und Meghan Charles' Probleme.

Er sagt:

"Er möchte Frieden in seiner Familie, aber Harry und Meghan fahren fort, das Haus Windsor zu attackieren. Sie greifen dabei gezielt Camilla, Charles und insbesondere William und Kate an, die eine wichtige Rolle spielen, die Monarchie den jungen Briten näherzubringen."
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Kate und William sollen die jungen Briten für die Monarchie begeistern. Bild: PA Wire / James Manning

Umfragen zeigen, dass mittlerweile auch die Zustimmung der Briten für Harry und Meghan sinkt, etwa durch ihr skandalöses Interview mit Oprah Winfrey. Oder ihre Netflix-Doku, die tiefe Einblicke in ihr Privatleben gewährt.

Doch laut Glees' Erfahrung sind noch viele junge Menschen eher "Team Meghan and Harry" und glauben, dass Charles und William rassistisch sind.

Das sei eine "schreckliche Belastung" für den König und ein komplexes Problem, das er lösen müsse, wenn die Monarchie überleben soll. Glees erklärt:

"Die Krönung wird zeigen, dass Charles versucht, die Jugend für sich zu gewinnen, ohne dabei die Alten oder die Aristokratie zu verprellen. Aber in den kommenden Monaten und Jahren wird er Superman sein müssen, um sein Ziel zu erreichen."

Würde das Vereinigte Königreich florieren, wenn es keinen Brexit gegeben hätte, hätte Charles mit seinen ökologischen Referenzen als "trendiger" und moderner Großvater vielleicht junge Menschen für sich gewinnen können, meint der Experte. Aber Großbritannien sei "broken", zerrüttet und in einer misslichen Lage. Dieses Erbe nimmt Charles nun als britisches Staatsoberhaupt an.

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