Am 5. Februar war es offiziell: Donald Trump war unschuldig erklärt worden im dritten großen Impeachment-Prozess gegen einen US-Präsidenten in der Geschichte der USA. Wie schon gegen Andrew Johnson und Bill Clinton, Ende der 1990er Jahre, kam es zu keiner Verurteilung. Die republikanische Mehrheit im Senat sprach den Präsidenten in allen Anklagepunkten frei.
Trump war vorgeworfen worden, er habe sein Amt missbraucht, um sich Vorteile bei der Präsidentschaftswahl in diesem Herbst zu erwirken. Hierfür habe er gegenüber dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj Militärhilfe in Aussicht gestellt – im Austausch für Informationen über seinen Kontrahenten im Präsidentschaftswahlkampf, Joe Biden und dessen Sohn, Hunter Biden.
Ex-Sicherheitsberater und überzeugter Republikaner John Bolton beschuldigt die demokratische Partei nun in seinem Buch, nicht entschieden genug gegen Trump vorgegangen zu sein. Bolton hätte einen besseren Weg gesehen, um den Präsidenten loszuwerden.
Zum einen wirft John Bolton der demokratischen Partei vor, aus parteitaktischen Erwägungen vorschnell ein wenig durchdachtes Impeachment-Verfahren aufgezogen zu haben, statt konzentriert mit besseren Voraussetzungen gegen den US-Präsidenten vorgegangen zu sein:
Tatsächlich zeigen sich zeitliche Zusammenhänge: Die Vorbereitungen für das Impeachment-Verfahren begannen am 24. September 2019. Die Anklage wurde wenig später am 18. Dezember erhoben. Die Abstimmung über die Amtsenthebung fand schließlich am 5. Februar 2020 statt, kurz nachdem die ersten Vorwahlen der Demokraten in Iowa stattfanden.
So war der Impeachment-Prozess beendet, bevor der gigantische Mechanismus der vielen verschiedenen Abstimmungen in den 50 Bundesstaaten der USA über den kommenden demokratischen Präsidentschaftskandidaten wirklich ins Rollen kam. Ob man daher darauf schließen kann, dass die Demokraten das Prozedere überhastet eingeleitet haben, ist allerdings eine steile Interpretation von John Bolton.
Bolton äußert aber noch weitere Kritik: Zum anderen wäre die Vorgehensweise der Demokraten so konfrontativ gewesen, dass von Anfang an klar gewesen sei, dass die Republikaner geschlossen gegen eine Verurteilung des US-Präsidenten stimmen würden. Man hätte Bolton zufolge nicht so sehr auf die Verstrickungen im Ukraine-Skandal schauen sollen, sondern stattdessen auch Trumps andere Verfehlungen bei einem Impeachment-Verfahren thematisieren müssen.
Denn aus Sicht von John Bolton gibt es genug andere Dinge, die man Trump hätte vorwerfen können:
Als Beispiele nennt Bolton Trumps Handelskrieg gegen China und den Boykott gegen Huawei. Diese Punkte wären in seinen Augen besser geeignet gewesen, um eine breite Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass Donald Trump "schwere Verbrechen und Vergehen" begangen habe.
Donald Trump hatte einen Handelsboykott gegen den chinesischen Handy-Hersteller Huawei in die Wege geleitet, weil er dem Unternehmen Spionage vorgeworfen hatte. Auch die Bundesregierung hätte ähnliche Befürchtungen, weshalb in Deutschland ebenfalls hitzig über eine Kooperation mit Huawei debattiert wurde.
Donald Trump hatte zusätzlich zum Ausschluss bei der Vergabe der 5G-Lizenzen aber auch mithilfe eines Kniffs, nämlich dem Ausrufen des nationalen Telekommunikationsnotstandes, dafür gesorgt, dass US-Firmen keine Bauteile mehr an Huawei verkaufen konnten. Letzten Endes schien diese Politik eine einseitige Bevorzugung von Apple zu bedeuten.
Ob das gereicht hätte, um genügend Republikaner von Trumps mangelhafter moralischer Eignung für das Amt zu überzeugen? Warum Bolton davon im Fall der Huawei-Entscheidung ausgeht, erklärt er im Buch leider nicht weiter. Vielleicht weiß er hier auch mehr, als er schreiben möchte oder rechtlich darf?
Für USA-Experte Thomas Jäger ist die Kritik von Bolton am Vorgehen der Demokraten jedenfalls wenig plausibel. Gerade die Ukraine-Affäre war in seinen Augen ein triftiger und nachvollziehbarer Grund, um ein Impeachment-Verfahren einzuleiten, dass die öffentliche Meinung beeinflussen würde:
Schlussendlich entschied sich John Bolton dagegen, im Untersuchungsausschuss gegen Donald Trump auszusagen, obwohl er sicher einiges dazu hätte beitragen können und seine Stimme als Republikaner ein anderes Gewicht gehabt hätte. Seine Begründung: Er sei nicht einverstanden gewesen mit den Formalitäten und der Ausrichtung des Impeachment-Verfahrens.
Dass er die Vorwürfe gegen Trump nun in seinem Buch publik macht, hinterlässt da einen merkwürdigen Beigeschmack. Schließlich erklärt der ehemalige Trump-Vertraute hier auf über 600 Seiten, dass der Falsche im Weißen Haus die Regierungsgeschäfte leitet und rät von einer Wiederwahl ab.
Thomas Jäger sieht finanzielle Interessen des Ex-Sicherheitsberaters von Donald Trump als Beweggrund:
Vielleicht waren es aber auch parteitaktische Überlegungen und Bolton wollte sich nicht bei seinen Parteikollegen ins Aus schießen. Schließlich hat die Republikanische Partei derzeit keine bessere Wahl als Donald Trump. Die Abrechnung kommt daher eher auf Samtpfoten und (noch) ohne juristische Konsequenzen für den Präsidenten.