Man weiß nie genau, was hinter den Kulissen passiert. Eine ganze Zeit lang besprachen sie im Vorstand der CDU wohl die richtige Taktik. Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer traf sich auch mit dem Thüringer Spitzenkandidaten Mike Mohring. Vielleicht redete sie ja auf ihn ein: "Eine Minderheitsregierung der Linken unter eurer Duldung, ja vielleicht. Aber eine Koalition Dunkelrot-Schwarz? Bitte nicht!" Immerhin gibt es einen Beschluss des Bundesparteitags vor einem Jahr, der genau diese Koalition untersagt und AKK möchte sich jetzt bestimmt ungern auch noch einen Wortbruch vorwerfen lassen. Das ist das aktuelle Dilemma der CDU-Chefin.
Am Ende brauchte es bis zum Mittag, bis sie sich dann doch öffentlich zu Wort meldete. Eins ist schon jetzt klar: AKK hat wieder sehr lange gebraucht mit einer Reaktion auf das Fiasko von Thüringen. Nichts kam von ihr am Wahlabend, nichts kam von ihr am Wahlmorgen danach. Keine Interviews, kein Tweet, keine Moderation der gerade doch so großen christdemokratischen Verunsicherung. Und alles, was jetzt kam, war zumindest eine Spur zu spät.
Pressekonferenz am Mittag
Um kurz nach 13 Uhr äußerte sich AKK auf einer Pressekonferenz. Sie bedauerte das schwache CDU-Ergebnis. Es habe "keine Dynamik aus Berlin" gegeben, was die Sache für die Thüringer CDU noch schwieriger gemacht habe. Im Präsidium und Bundesvorstand sei noch einmal festgehalten worden, dass die CDU nicht mit der Linkspartei koaliere, sagte AKK. Wenn Mike Mohring nun einen Gesprächswunsch von Linken-Ministerpräsident Ramelow annehme, dann sei das eine "parlamentarische Selbstverständlichkeit", so AKK. "Das nehmen wir zur Kenntnis."
In jeder Minute, in der die CDU-Chefin in der Öffentlichkeit keine Ansagen machte, übernahmen zuvor andere das Reden für sie. Gerade in Folge ihres jüngst viel kritisierten Syrien-Vorstoßes für eine Sicherheitszone wird das die CDU-Chefin weiter schwächen. Es zeigt die Abwesenheit ihrer Führungsfähigkeiten und lässt sie angreifbar wirken.
Am Schluss könnten AKKs mangelhaften kommunikativen Fähigkeiten sie so die Kandidatur zur Kanzlerin kosten. Zumindest aber wird es ihr Rennen um das Spitzenamt gegenüber den Wählerinnen und Wählern schwieriger machen.
Denn, sie ist nicht zum ersten Mal zu spät dran...
Auch in Sachsen kam von der Chefin schon keine echte Ansage. Dort meldete sich die Saarländerin erst am nächsten Morgen in der ARD zu Wort. Viel gesagt hatte sie im Interview dann nicht, aber wenigstens so viel: Den Absturz von sieben Prozentpunkten in Sachsen habe mit Hürden zu tun, über die man nicht so elegant gegangen sei, wie es hätte sein sollen.
Diesmal dauerte es sogar noch länger. Die öffentlichen Stimmen zum Absturz um 12 Prozentpunkte in Thüringen sind in der ersten Welle der Berichterstattung andere.
Diese Stimmen heißen etwa Mike Mohring, der sagt: "Vor Ort gute Arbeit geleistet. Berlin hat alles überlagert." Autsch.
Sie heißen Friedrich Merz, der sagt: Die CDU dürfe das Ergebnis "nicht mehr ignorieren oder einfach aussitzen". Autsch.
Sie heißen Tilman Kuban, der die Fehleranalyse öffentlich übernimmt, die eigentlich die CDU-Chefin selbst machen sollte. "Die Bundes-CDU hat die falschen Themen gesetzt." Autsch. Intern hat er offenbar sogar die Führungsfrage gestellt, bei der sich aber eine Mehrheit hinter AKK stellte. Noch.
Die CDU-Chefin ist natürlich nicht allein für das Ergebnis in Thüringen verantwortlich. Indem sie internen Parteikritikern allerdings nicht begegnet, lässt sie ihnen Platz, um genau diesen Anschein zu erwecken. AKK selbst lässt so die Frage immer weiter wachsen, ob sie die richtige Kandidatin ist, um für die CDU in die Bundestagwahlen zu ziehen.
Es gibt in der Partei genug, die glauben, es besser zu können: Friedrich Merz, Gesundheitsminister Jens Spahn, auch NRW-Ministerpräsident Armin Laschet. Auch sie hätten ohne Zweifel diese Wahlniederlagen nicht abwenden können, aber sie würden sich mit Händen und Füßen dagegen wehren, jetzt zum Sündenbock dafür gemacht zu werden.
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