Drei Zahlen machen die aktuelle Misere von Donald Trump deutlich: In den Umfragen liegt er konstant ungefähr acht Punkte hinter Herausforderer Joe Biden, teils sogar mehr. 210.000 Tote durch Corona zeugen von schlechtem Krisenmanagement. Und die "New York Times" legte kürzlich offen, dass der US-Präsident in einem Jahr weniger Steuern gezahlt hat als der durchschnittliche deutsche Arbeitnehmer in einem Monat: Ganze 750 Dollar waren es im Wahljahr 2016.
Und es kommt noch dicker: Viele prominente Stimmen stellen sich in der heißen Phase des US-Wahlkampfs auf die Seite des Demokraten Biden und machen ihre Wahlentscheidung öffentlich. So auch Country-Superstar Taylor Swift, die am Mittwoch offiziell ihre Unterstützung für Biden erklärte:
Auch wenn der amerikanische Präsident seine Corona-Erkrankung anscheinend überraschend gut weggesteckt hat, steht er nun vor der großen Herausforderung, die öffentliche Meinung im Präsidentschaftswahlkampf entscheidend zu drehen. Laut Wahlkampf-Stratege Julius van de Laar hat er aber noch einen letzten Strohhalm – und der hat mit seiner Corona-Erkrankung zu tun.
Wahlkampf-Stratege Julius van de Laar war 2008 und 2012 an den Wahlkämpfen des demokratischen US-Präsidenten Barack Obama beteiligt. Heute berät er Politiker und Medien zum Thema Wahlkampf. Er kennt den US-Wahlkampf aus eigener Erfahrung und weiß, welche Möglichkeiten die TV-Debatten für die Kandidaten und Parteien bieten. Seiner Meinung nach hat Donald Trump seine Chance während des ersten TV-Duells nicht genutzt:
Bei dem öffentlichen Aufeinandertreffen der Präsidentschaftskandidaten im TV ist es eben nicht nur wichtig, die eigenen Unterstützer mit besonders zugespitzten Äußerungen zu mobilisieren, sondern auch unentschlossene Wähler zu erreichen, seine eigenen Themen zu platzieren und eine eigene Geschichte zu erzählen.
Das hat Trump laut van de Laar nicht geschafft, dafür bietet sich jetzt ihm zufolge eine andere Chance für den US-Präsidenten:
Und so eine Comeback-Story hat in der US-amerikanischen Gesellschaft einen besonderen Status, meint Julius van de Laar, der ab 2003 einige Jahre in den Staaten lebte, studierte und im politischen Bereich arbeitete. Seine These: Eine neue Erzählung von Trumps Corona-Wunderheilung könnte den US-Präsidenten noch einmal neu erfinden.
In gewisser Weise haben Donald Trump und sein Team schon angefangen, diese Geschichte zu erzählen. In einem pathetischen Video inszenierte Trump am Montag seine Rückkehr aus der Klinik ins Weiße Haus. Corona sei nicht so schlimm, wenn man stark genug sei, überstehe man die Krankheit auch mal schnell in drei Tagen, so die nicht allzu subtile Botschaft.
Auch hinsichtlich eines anstehenden zweiten TV-Duells mit Joe Biden wäre eine neue Erzählweise laut Julius van de Laar sinnvoll. Zumindest, wenn dieses überhaupt zustande kommt, schließlich drohte Trump am Donnerstag mit einem Boykott eines virtuellen TV-Duells. In den vergangenen Wochen hatten sich die Medien und sein Kontrahent Biden auf ihn als Person eingeschossen und die Wahl zu einer Abwahl eines inkompetenten Präsidenten erklärt. Ein neues Narrativ könnte Trump hier helfen:
Ob ihn das noch mal in eine zweite Amtszeit retten wird, bleibt offen. Auch die Zahlen können hier nur Ansatzpunkte liefern. Denn auch bei der letzten US-Wahl sah es bis zuletzt noch so aus, als ob Hillary Clinton klar gewinnen würde. Am Ende hieß der Sieger trotzdem Donald Trump.