Die neue Außenministerin Annalena Baerbock beginnt ihre Auslandsreise am Donnerstagmorgen mit einem Handicap. Kurz bevor die Grünen-Politikerin zu ihrem Antrittsbesuch in Paris aufbricht, meldet sich Olaf Scholz per "Welt"-Interview zu Wort.
Und sagt etwas, das als Dämpfer für Baerbocks außenpolitische Autorität verstanden werden kann.
"Das ganze Land ist ja in der Welt beachtet und deshalb werden wir als Regierung gemeinsam handeln – und das fängt eben an beim Regierungschef", sagte der neue SPD-Bundeskanzler auf die Frage, wer von den beiden die deutsche Außenpolitik bestimme.
Annalena Baerbocks erste Etappe einer Reihe von Antrittsbesuchen führte sie am Donnerstagmorgen nach Frankreich. Dort traf sie ihren französischen Amtskollegen Jean-Yves Le Drian in Paris.
Dieser Besuch in Frankreich sei ihr ein wichtiges Anliegen, nicht nur Tradition, sagte sie am Vormittag auf einer Pressekonferenz. Deutschland habe "keine engeren Freunde als Frankreich". Ihre Regierung wolle in die deutsch-französische Freundschaft investieren, um Europa zu stärken.
Nach dem Treffen schlug sie weniger seichte Töne an und hat Russland im Falle einer Eskalation im Ukraine-Konflikt mit Konsequenzen gedroht. Die territoriale Integrität und die Souveränität der Ukraine seien nicht verhandelbar.
"Russland würde einen hohen politischen und vor allem wirtschaftlichen Preis für eine erneute Verletzung der ukrainischen Staatlichkeit zahlen", sagte die Grünen-Politikerin.
Manche Beobachter hatten zuvor bemängelt, dass die Grünen-Politikerin, deren Partei auch für das Klima-Ressort zuständig ist, den Weg nach Paris mit dem Flugzeug zurücklegt statt mit dem Zug.
Immerhin hätten sich die Grünen immer wieder gegen Kurzstreckenflüge ausgesprochen und nähmen nun für kurze Strecken selbst den Flieger. Andere nehmen sie in Schutz:
Von Paris aus nahm Baerbock dann allerdings den Zug nach Brüssel, wo sie mit dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, dem US-Klimaschutzbeauftragten John Kerry und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg zu Gesprächen zusammengekommen ist.
Joseph Borell zeigte sich zufrieden mit dem Gespräch. "Willkommen in Brüssel", twitterte Borell nach dem Treffen. Es sei toll gewesen, nur einen Tag nach ihrer Ernennung über die Prioritäten außenpolitischer Herausforderungen zu diskutieren.
Er freue sich auf ihre Anregungen und die Zusammenarbeit, um Europa und die europäischen Werte zu stärken.
Gemeinsam mit einer Reihe schöner Hochglanz-Fotos der ersten zwei Stationen in Paris und Brüssel war es ein erfolgreicher erster Tag für Annalena Baerbock, die ihre weitere Reise nun gestärkt fortführen dürfte.
Am Freitag fliegt sie weiter nach Polen. In Warschau ist ein Treffen mit ihrem Amtskollegen Zbigniew Rau geplant.
Aktuell gibt es Streit zwischen Polen und der Europäischen Union. Polen fühlt sich durch EU-Gesetze zunehmend in seiner Autonomie verletzt. Die EU wiederum blickt mit Sorge auf die Justizreformen der rechten PiS-Regierung, bei der die Freiheit von Richtern beschnitten wird.
Hier ist es auch an Baerbock als Vertreterin des mächtigsten Mitgliedsstaates der EU, für eine Befriedung und Kompromisse, wenn schon nicht zu sorgen, dann doch zumindest zu werben.
Annalena Baerbock ist die erste Außenministerin Deutschlands. Auch international werden Politik und Diplomatie vor allem von Männern gestaltet. Weltweit gibt es derzeit nur 18 amtierende Außenministerinnen, darunter in Schweden, Kenia, Australien und Albanien.
Auch das Team der Staatsministerinnen im Auswärtigen Amt wird künftig weiblich geprägt sein.
Zuspruch bekam Annalena Baerbock auch von der SPD-Politikerin Sawsan Chebli, ehemalige Sprecherin des Auswärtigen Amtes.
Das Außenministerium sei "ein tolles Haus und hat sehr starke Leute, die Lust haben, etwas zu bewegen", schrieb sie auf Twitter und über Baerbock: "Sie wird das gut machen!"
Seit Dezember 2016 ist Chebli Bevollmächtigte des Landes Berlin beim Bund und Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement und Internationales in der Berliner Senatskanzlei.
Auch zu Hause in Berlin ging es am Donnerstag um Außenpolitik. Auf Antrag der CDU-Fraktion diskutierten die Parlamentarierinnen und Parlamentarier über russische Truppenbewegungen an der Grenze zur Ukraine und über Spannungen zwischen Russland und der Nato.