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Jair Bolsonaro: So verrückt war Brasiliens Präsident schon früher

NEW YORK, USA - (ARCHIVE): A file photo dated September 24, 2019 shows President of Brazil Jair Bolsonaro speaking at the 74th session of United Nations General Assembly at UN Headquarters in New York ...
Jair Bolsonaro bei den UN im September 2019.Bild: AA / Ercin Top
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So daneben war Bolsonaro schon früher

Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro hat sich mit dem Coronavirus angesteckt. Bei einem Auftritt vor Journalisten trug er zwischenzeitlich trotzdem keine Maske. Der Fall reiht sich ein in eine lange Reihe frauenfeindlicher, rassistischer oder homophober Vorfälle, die bis in die 1990er Jahre zurückreicht.
11.07.2020, 17:18
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Er hält Covid-19 für eine "leichte Grippe", der Erkrankte "wie ein Mann" begegnen sollten – jetzt darf er seine "Männlichkeit" unter Beweis stellen. Jair Messias Bolsonaro, Brasiliens Präsident, hat sich mit dem Coronavirus infiziert. Nach tagelangen Gerüchten in der Presse kam am Dienstagnachmittag das offizielle Testergebnis.

Wenig später trat Bolsonaro, ehemaliger Fallschirmjäger der brasilianischen Armee, vor Journalisten und zog sich dabei die Maske vom Gesicht. Ganz so, als wäre die Infektion mit dem Erreger, der in Brasilien knapp 1,7 Millionen Menschen befallen hat, nicht weiter ernst zu nehmen. "Ich fühle mich vollkommen gut", prahlte der 65-Jährige, "schaut euch mein Gesicht an, es geht mir gut." Später kündigte er grinsend an, jetzt das umstrittene Mittel Hydroxychloroquin einnehmen zu wollen. Inzwischen hat ihn ein brasilianischer Journalistenverband deswegen angezeigt.

In den Krankenhäusern seines Landes starben am selben Tag über 1000 Menschen, die mit dem Virus infiziert waren. Knapp 70.000 Coronavirus-Todesopfer hat das Land zu beklagen. Damit ist Brasilien nach den USA der Staat mit den zweitmeisten Corona-Toten. Aber Brasiliens Präsident nimmt ein Malariamittel, dessen Wirksamkeit gegen das Coronavirus nicht erwiesen ist.

Der Masken-Fall und die Haltung des brasilianischen Präsidenten passen ins Bild. Sie reihen sich ein in eine lange Reihe rassistischer Äußerungen, frauenfeindlicher Sprüche und homophober Ausfälle. Bolsonaro war schon früher ziemlich daneben, wie diese Zusammenstellung zeigt, die bis in die 1990er Jahre zurückreicht.

Frauenfeind...

In einem Interview sagte er 2015, Frauen und Männer sollten nicht das Gleiche verdienen und fügte hinzu, bezahlter Mutterschutz schade der Produktivität. Im selben Jahr verurteilte ihn ein Gericht zur Zahlung von 2500 US-Dollar Schadensersatz an die frühere Ministerin für Menschenrechte, Maria do Rosario. Bolsonaro hatte ihr zuvor zugerufen, sie sei "eine Vergewaltigung nicht wert".

Der damalige Brasilien-Chef von Amnesty International sagte daraufhin, Bolsonaro sei immer schon Provokateur gewesen, "vor allem auf dem Gebiet von Frauenrechten, von LGBTQI-Rechten". Er habe beständig "Gewalt, Misogynie und Sexismus Vorschub geleistet" und habe die Grenzen der Meinungsfreiheit aller in diesem Land überschritten.

... homophob...

Auch von der Gruppe der LGBTIQ hat Brasiliens Präsident keine hohe Meinung. In einem Playboy-Interview sagte er etwa 2011, er wäre "unfähig, einen schwulen Sohn zu lieben" und er würde es vorziehen, wenn ein solcher Sohn "bei einem Unfall stirbt".

Zwar entschärfte Bolsonaro im Zuge seiner Präsidentschaftskandidatur 2016 seine Tonlage gegenüber LGBTQI und behauptet seither, er habe nichts gegen Homosexuelle. Gleichzeitig aber setzt er sich etwa dagegen ein, dass Kindern die Gleichberechtigung von Heterosexuellen und LGBTQI beigebracht wird.

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... und ein Rassist.

In den 1990er Jahren beklagte Bolsonaro öffentlich, der Armee sei es nicht gelungen, die indigene Bevölkerung Brasilien auszulöschen: "Die US-Kavallerie war dazu fähig, die haben die amerikanischen Ureinwohner dezimiert". Seither machte er aus seiner rassistischen Haltung wenig Hehl. Im Januar 2020 zeigte die Brasilianische Vereinigung der Indigenen Völker Bolsonaro an, nachdem er in einem Facebook-Auftritt eine reihe anti-indigener Bemerkungen vom Stapel gelassen hatte. Wie auch bei seiner Haltung gegenüber nicht-Heterosexuellen, versuchte Bolsonaro in der jüngeren Vergangenheit, sich ein anderes Licht zu stellen.

Seit Beginn seiner Präsidentschaft warnen Aktivisten aber davor, dass Bolsonaro eine ernste Bedrohung für die brasilianischen Ureinwohner sei. Randolfe Rodrigues, Oppositionsführer im Senat, sagte dem britischen "Guardian" 2019: "Brasiliens Indigene haben sich nicht mehr so bedroht gefühlt, seit die Militärdiktatur zu Ende gegangen ist."

Schuld daran hat nicht zuletzt die Politik Bolsonaros. Der Präsident schwächt die Rechte der Ureinwohner, kürzt das Budget für die Umweltpolizei und entzieht der indigene Schutzbehörde Funai Kompetenzen, beklagt etwa die Hilfsorganisation Survival International. Dies wiederum ermutigt illegale Rodungen oder Goldjäger, die im Amazonas-Urwald auf der Suche nach Gold Umweltschäden anrichten und immer wieder auch Ureinwohner in ihren Reservaten töten.

Sao Paulo SP, 04/07/2020 - BRAZIL-RACISM-BOLSONARO-PROTESTS-HEALTH-VIRUS - Protest against deaths from police violence and in disavowal of the Bolsonaro government, in front of Masp, on Paulista avenu ...
Proteste gegen die Regierung Bolsonaro in São Paulo. Bild: www.imago-images.de / Cris Faga

Wie Bolsonaro die Wahl gewann

Haben sich die Brasilianer also sehenden Auges einen homophoben Frauenfeind mit Hang zu rassistischer Politik zum Präsidenten gewählt? Nein, beziehungsweise, nur bedingt. Zwei Faktoren beeinflussten die Brasilianer in ihrer Entscheidung, Bolsonaro zum Präsidenten zu machen.

Als Bolsonaro 2018 zur Wahl antrat - sein Slogan lautete "Brasilien über alles, Gott über allen" – da war die brasilianische Politik fast vollends in einen tiefen Korruptionssumpf versunken. Das Vertrauen in die brasilianische Demokratie erodierte seit der Amtsenthebung von Dilma Rouseff, der ersten Präsidentin des Landes, im August 2016 zu weiten Teilen.

Rouseff war im Zuge eines landesweiten Korruptionsskandals als Präsidentin abgesetzt worden, in den die staatliche Erdölfirma Petrobas und der weltgrößte Fleischkonzern JBS verwickelt waren. Später zeigte sich, dass das Verfahren eine Art Staatsstreich war, der die Ermittlungen in dem Skandal beeinflussen sollte.

Der Frust der Wähler in Brasilien war also groß, und Bolsonaro hatte die passende Botschaft: "Ich werde den Sumpf Brasília (die Hauptstadt, d. Red.) austrocknen."

Dazu kam eine Fake-News-Kampagne, die eine der größten Tageszeitungen des Landes aufdeckte. Deren Recherchen zufolge hat Bolsonaro in seinem Wahlkampf Unterstützung aus einer Gruppe von Unternehmern erhalten, die eine Missinformationskampagne auf Whatsapp bezahlt haben sollen. Bolsonaros Wahlkampfteam verteidigte sich unter anderem damit, es habe eine Kontrolle darüber, auf welche Weise es unterstützt werde.

Zu den auf Whatsapp verbreiteten Fake-News gehörte etwa die, dass Bolsonaros Gegenkandidat Fernando Haddad in seiner Zeit als Bürgermeister von São Paulo Babyfläschchen mit penisförmigen Saugern an Schulen verteilt habe. Der Messenger-Dienst gab im Oktober 2018 an, bereits während des Wahlkampfs hunderttausende von brasilianischen Accounts stillgelegt zu haben. Im Januar 2019 schränkte Whatsapp die Weiterleitungsfunktion in seinem Messenger weltweit ein, um gegen die Verbreitung von Falschnachrichten vorzugehen.

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