Nach der TV-Debatte zwischen Trump-Vize Mike Pence und Kamala Harris gibt es erste Reaktionen. Der US-Nachrichtensender CNN sieht Kamala Harris als Siegerin. In einer Blitz-Umfrage nach der Debatte hatten dort 59 Prozent der Testgruppe angegeben, dass Harris der Sieger sei. Nur 36 Prozent waren der Meinung, dass Pence gewonnen hatte.
Noch schlechter sieht es für Donald Trump und Mike Pence bei den Frauen aus. 69 Prozent sagten nach dem TV-Duell, sie würden Harris wählen. Nur 30 Prozent der Frauen sprachen sich für Pence aus. Der US-Präsident und sein Vize haben offensichtlich ein großes Problem, Frauen für sich zu gewinnen.
So weit die Zahlen. Aber wo konnten die Kandidaten punkten und wo nicht?
Wahlkampf-Stratege und ehemaliger Mitarbeiter der Obama-Kampagnen 2008 und 2012, Julius van de Laar, hat für watson das TV-Duell analysiert und bewertet.
Es war ein besonderes TV-Duell zwischen dem Vize-Präsidenten Mike Pence und seiner Herausfordererin Kamala Harris, denn: Beide werden bereits als mögliche zukünftige Präsidenten gehandelt. Außerdem verlieh die Corona-Erkrankung von Donald Trump dem Duell zusätzliche Brisanz, so van de Laar:
Außerdem war es das inhaltlich gehaltvollere Duell. Beide Kandidaten konnten Inhalte liefern und auch verteidigen. Kein ständiges Unterbrechen und Niveau-Limbo mehr wie beim Duell der beiden Präsidentschaftskandidaten vergangene Woche. Harris und Pence konnten Inhalte liefern:
Auch Mike Pence stand seiner Herausfordererin in nichts nach:
Hinsichtlich der Bedeutung für den Wahlkampf ist Julius van de Laar allerdings zurückhaltend. Er sieht keine größeren Auswirkungen auf das Rennen um das Weiße Haus:
Besondere Bedeutung hatte bei der Debatte das Thema Klimaschutz. Selbst Mike Pence erklärte, dass er den Klimawandel anerkenne (wenn auch nicht den menschengemachten) und unterstrich die Bedeutung der Wissenschaft für die Klimapolitik. Worte, die man von Donald Trump so noch nicht gehört hat. Beide Kandidaten versuchten beim Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz zu punkten, auch wenn Mike Pence das mit Aussagen wie "es gibt nicht mehr Hurrikans als vor hundert Jahren" immer wieder konterkarierte.
Für Julius van de Laar erklärt sich der Fokus auf das Thema Nachhaltigkeit mit der gesellschaftlichen Entwicklung der USA in den vergangenen Jahren:
Äußerst bedenklich war hingegen, dass Mike Pence sich in zwei Punkten nicht von den Aussagen des US-Präsidenten distanzierte. Trumps Appell an weiße Bürgerwehren, "bereitzustehen", zog einige Kritik auf sich, da der US-Präsident sich nicht von Rassisten distanzierte, mehr noch, er die Spaltung der Gesellschaft weiter befeuerte. Darauf angesprochen lenkte Vize Pence vom Thema ab und bezichtigte die Medien, den US-Präsidenten falsch zitiert zu haben.
Für Julius van de Laar ein nachvollziehbares wie kluges Manöver:
Auch Donald Trumps Andeutungen die Wahl im Falle einer Niederlage nicht anzuerkennen, kassierte sein loyaler Vize-Präsident nicht ein. Stattdessen gab er an, nicht damit zu rechnen, zu verlieren. Für einen demokratischen Rechtsstaat eigentlich eine unmögliche Position. Für Julius van de Laar zeigt das, wie weit die republikanische Partei sich von ihrer eigentlich staatstragenden Position weg entwickelt hat: