Was bedeutet ihr Rückzug für Trump? Watson hat bei Thomas Jäger nachgefragt, Professor für Internationale Politik und Außenpolitik an der Universität zu Köln.
"Conway war in der ganzen Zeit wichtig"
Wie wichtig war Kellyanne Conway überhaupt noch im Weißen Haus? Jäger sagt dazu:
"Wenn man die lange Liste an Beratern betrachtet, die das Weiße Haus in den letzten dreieinhalb Jahren verlassen haben oder gefeuert wurden, wird deutlich, wie wichtig Kellyanne Conway für Präsident Trump war. Sie berät ihn seit seinen ersten Überlegungen zur Kandidatur 2011, hatte wesentlichen Anteil daran, dass er 2016 gewählt wurde und war seither stets eine für Trump verlässliche Verkünderin und Verteidigerin seiner Politik."
Wie geschickt Conway dabei gewesen sei, könne man alleine daran erkennen, dass sie im "politischen Haifischbecken" so lange überlebt habe. Jäger sieht dafür besonders einen Grund:
"Das hat damit zu tun, dass sie stets Argumente entwickelte, um die häufig erratischen Entscheidungen des Präsidenten öffentlich zu verkaufen. Am bekanntesten wurde ihr Argument, dass Trump 'alternative Fakten' berücksichtige. Damals schüttelten alle den Kopf und dachten: 'Sowas kann man doch nicht ernsthaft sagen!' Die Erfahrung seither ist: Man kann. Und vor allem der Präsident hat sich trefflich um alternative Fakten bemüht. Kurz und knapp: Conway war nach außen in der ganzen Zeit wichtig."
"Seit 2011 eine für Trump verlässliche Stimme"
Welche Bedeutung Conway für Trump persönlich hatte, habe immer wieder geschwankt, sagt Jäger – so, wie das bei diesem Präsidenten eben üblich sei. Das gelte vor allem für die Ratschläge, die sie ihm intern gegeben habe. In den vergangenen Monaten hat Conways Bedeutung nach Jägers Einschätzung aber eher zugenommen: Unter anderem soll Trumps Entscheidung, wieder Corona-Briefings für die Presse im Weißen Haus zu veranstalten, laut Jäger auf Conways Rat erfolgt sein.
Conway habe für Trump aber vor allem für seine Wirkung nach außen eine große Rolle gespielt. Jäger dazu wörtlich:
"Für Trump, der ein intensiv Fernsehen schauender Präsident ist, ist persönlich höchst bedeutsam, wie er dort dargestellt wird. Und das hat in der gesamten Zeit niemand so zuverlässig und aus Sicht des Präsidenten positiv erledigt wie Conway. Alle Pressesprecherinnen und -sprechen enttäuschten ihn irgendwann, am wenigsten noch Sarah Huckebee Sanders. Wie die derzeitige Pressesprecherin heißt, weiß in den USA schon niemand mehr. Kellyanne Conway aber war über die Jahre eine für Trump verlässliche Stimme."
Conways Arbeit für Trump sorgte für Streit in ihrer Familie
Wäre sie nicht zurückgetreten, wäre Kellyanne Conway laut Jäger in den kommenden Wochen mit Trump in den Wahlkampf gezogen – und hätte ihn dabei wie 2016 beraten. Scheinbar seien die "privaten Spannungen" aber so groß geworden, dass sich Conway dagegen entschieden habe. Das bedeute dann auch, dass sie in einer möglichen zweiten Trump-Administration keine Rolle mehr spielen werde.
Conways Arbeit im Weißen Haus hatte in ihrer Familie zu heftigen und teils öffentlich ausgetragenen Auseinandersetzungen gesorgt. Zum einen geriet Trump mehrfach mit Conways Ehemann aneinander. George Conway ist, wie seine Frau, ein erzkonservativer Republikaner. Aber er ist auch Trump-Gegner, weil er den Präsidenten für eine Gefahr für die US-amerikanische Demokratie hält. Nach mehreren Attacken George Conways auf Trump nannte der den auf Twitter einen "Ehemann aus der Hölle". Zum anderen hat Kellyanne Conways Tochter am Sonntag auf Twitter harsche Kritik an ihrer Mutter geäußert. "Der Job meiner Mutter hat mein Leben ruiniert", schrieb sie unter anderem.
"Der Wahlkampf kennt jetzt nur noch zwei Stimmen: Pence und Trump"
Was folgt aus Conways Abgang jetzt aber für Trumps Wahlkampf für die Wiederwahl als Präsident? Experte Thomas Jäger sagt dazu:
"Dem Präsidentschaftswahlkampf wird dies einerseits schaden, weil eine erfahrene Wahlkämpferin fehlt. Andererseits wurde das Wahlkampfteam gerade erst neu organisiert, sodass es jetzt ohne weitere organisatorische Disruptionen ablaufen könnte. Conway wird auf dem Parteitag in dieser Woche noch reden, aber eigentlich kennt der Wahlkampf ab jetzt nur noch zwei Stimmen: die von Mike Pence und Donald Trump."
Über den Experten
Thomas Jäger ist Professor für Internationale Politik und Außenpolitik an der Universität zu Köln. In seinem Essay "Das Ende des amerikanischen Zeitalters" schreibt Jäger darüber, was Donald Trumps Außenpolitik nach dem Motto "America First" für Deutschland bedeutet.
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