Donald Trump ist zwar noch der amtierende US-Präsident. Doch seine Zeit als wohl mächtigster Mann der Welt neigt sich einem baldigen Ende zu. Sein Nachfolger wird Joe Biden: Der Demokrat hat die US-Wahl am Samstag gewonnen – auch wenn Trump das bisher nicht eingestehen und die Wahl juristisch anfechten möchte.
US-Medien berichten, dass Trumps Umfeld bereits versucht, auf den Präsidenten einzuwirken. Besonders seinen Familienmitgliedern wird großer Einfluss auf Trump nachgesagt. Nach Darstellung des TV-Senders CNN legte First Lady Melania ihrem Mann nahe, seine Niederlage zu akzeptieren.
Dass Trump das Weiße Haus verlassen muss, steht fest. Doch was macht er dann? Bei Experten und Medien kursieren mehrere Theorien, wie es mit Trump weitergehen könnte. Wie realistisch sind Szenarien jeweils? Watson hat USA-Experten Thomas Jäger von der Universität zu Köln nach einer Einschätzung gefragt.
Juristisch könnte es für Trump nach seinem erzwungenen Auszug aus dem Weißen Haus ungemütlich werden. "Während seiner Präsidentschaft kann der amerikanische Präsident nicht angeklagt werden – außer vom Repräsentantenhaus in einem Impeachment", sagt USA-Experte Thomas Jäger. "Das hat Trump ja hinter sich. Nun aber könnten die Klagen kommen, die in den vergangenen vier Jahren ausblieben."
Die "Washington Post" machte sich in Erwartung von Trumps Niederlage schon vor der Wahl die Mühe, "ein Strafregister für einen früheren Präsidenten" zusammenzustellen. Die Zeitung führte als mögliche Anklagepunkte unter anderem Verstöße gegen Gesetze zur Wahlkampffinanzierung, Bestechlichkeit und Justizbehinderung an. Letzteres zielt vor allem auf die Russland-Untersuchungen von FBI-Sonderermittler Robert Mueller ab.
Auch eine Klage wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten in seinen Unternehmen hält USA-Experte Jäger für möglich. Zu den Klagen sagt er:
Trump nannte die Russland-Untersuchungen eine "Hexenjagd". Ähnlich dürfte er reagieren, sollte er nach seinem Auszug aus dem Weißen Haus juristisch verfolgt werden. Während der Mueller-Ermittlungen schrieb Trump im Juni 2018 auf Twitter: "Wie von zahlreichen Rechtsgelehrten festgestellt wurde, habe ich das absolute Recht, mich selbst zu begnadigen. Aber warum sollte ich das tun, wenn ich nichts falsch gemacht habe?" Das wäre ein Novum in der Geschichte.
"Trump selbst hat während seiner Amtszeit gesagt, er könne sich am Ende selbst begnadigen. Aber das stimmt nicht", sagt USA-Experte Jäger. Trump kann andere Personen, aber nicht sich selbst begnadigen. Deshalb wurde auch schon spekuliert, dass er einige Tage vor Ende seiner Amtszeit zurücktreten könnte, Mike Pence dann Präsident wird und Trump begnadigt.
Jäger glaubt nicht daran:
Aber selbst wenn es so käme, wäre der Noch-Präsident nicht aus dem Schneider: "Trump wäre nicht von allen Klagen befreit, denn die Begnadigungen beziehen sich nur auf Bundesrecht, nicht auf Strafverfolgungen in den Bundesstaaten."
Beruflich könnte Trump zu seinen Wurzeln zurückkehren: Er könnte wieder eine Fernsehshow bekommen, als Reality-TV-Star war er früher außerordentlich erfolgreich. Spekuliert wurde immer wieder auch darüber, dass Trump nach seinem politischen Engagement einen eigenen Sender betreiben könnte. Zudem könnte er wieder die Führung der Trump-Organisation übernehmen, die vor allem im Immobilienbereich aktiv ist und unter anderem Hotels und Golfplätze betreibt.
USA-Experte Jäger ist sich sicher, dass Trump zumindest weiter über rechte Medien Einfluss nehmen wird. "Denn Trump wird auch weiterhin ein Quotenbringer sein", so Jäger. Aber anders als frühere Präsidenten sei Trump politisch noch nicht fertig. Er wird weiter mitmischen. Jäger sagt:
Weiterhin meint der USA-Experte: "Sie wird diese Ausrichtung auch beibehalten, weil Trump weiter laut und hörbar sein wird, seine Anhängerschaft auf ihn fokussiert ist, er die Trumps als politische Marke aufbauen möchte und deshalb für alle Mandatsträger wichtig ist." Schließlich könnte Trump in ihren Wahlkreisen bei den nächsten Wahlen (und die sind in zwei Jahren) Gegenkandidaten unterstützen.
Für Aufmerksamkeit dürfte Trump weiter über seinen Twitter-Account mit mehr als 88 Millionen Abonnenten sorgen, es ist sein privater. Nach vier Jahren Dauerfeuer auf @realdonaldtrump ist absehbar, dass Trump das Weltgeschehen auch künftig per Tweets kommentieren wird – das tat er schließlich schon vor seiner Präsidentschaft.
"Trump wird weiterhin versuchen, aus der Spaltung der amerikanischen Gesellschaft politisches Kapital zu schlagen. Das hat ihm über 70 Millionen Stimmen gebracht", sagt USA-Experte Jäger.