Mit diesem Statement ließ der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, am vergangenen Dienstag eine Bombe platzen. Denn was zunächst wie eine Selbstverständlichkeit klingt, ist in der aktuellen Situation brandgefährlich. Mitch McConnells Satz bedeutet, dass die Republikaner sich Donald Trumps Vorgehen anschließen, den Sieger der Präsidentschaftswahl, Joe Biden, nicht anzuerkennen.
Zwar sprach McConnell nicht von Wahlbetrug, wie es der US-Präsident getan hatte. Er erklärte Donald Trump auch nicht direkt zum Sieger der Wahl. Aber McConnell verweigerte sich der demokratischen Tradition in den USA, den erklärten Wahlsieger anzuerkennen und ihm zu gratulieren. Er hat es offenbar geschafft, die Partei auf Trumps Linie einzuschwören.
Die allermeisten Republikaner im Senat folgen ihrem Mehrheitsführer. Einzig die Senatoren Mitt Romney und Susan Collins haben es bisher gewagt, dem designierten Präsidenten Joe Biden zu gratulieren. Abgesehen von diesen beiden Ausnahmen wagen sich nur republikanische Politiker aus der Deckung, die nichts mehr zu verlieren haben: Jeb Bush etwa, der ehemalige Gouverneur von Florida und Bruder von Ex-Präsident George W. Bush, Jeb Bush, etwa.
Folgt man der Historikerin Annika Brockschmidt, ist Mitch McConnell einer der entscheidenden Säulen, auf denen die Unterstützung für Trumps autokratische Politik des Nichteinsehens fußt:
Mitch McConnell stammt selbst aus dem US-Bundesstaat Kentucky, der eine republikanische Hochburg ist. Er vertritt den Bundesstaat seit 1985 im Senat. Seit 2007 ist McConnell Fraktionsvorsitzender der Republikaner, die seit 2015 die Mehrheit im Senat stellen. Damit könnte er zum erbittertsten Gegenspieler eines kommenden US-Präsidenten Joe Biden werden. Schon in der Vergangenheit war McConnell berüchtigt dafür, selbst Gesetzesentwürfe, die von beiden Parteien getragen wurden, im Senat zu blockieren, was ihm den Spitznamen "Sensenmann" einbrachte.
Der Jurist und Anwalt McConnell war vor seiner politischen Karriere als Beamter im Justizministerium unter dem republikanischen Präsidenten Gerald Ford beschäftigt. Er versuchte mehrfach in politische Ämter zu gelangen, was ihm allerdings bis 1977 misslang. Schließlich schaffte er es, zum "Jefferson County Chief Executive/Judge" gewählt zu werden, der damaligen politischen Spitzenposition im Landkreis Jefferson County im Bundesstaat Kentucky mit mehreren hundert Tausend Einwohnern.
McConnell hat sich diese Karriere nach eigenen Angaben hart erarbeitet. Demnach wuchs er in bescheidenen Verhältnissen in den Südstaaten Alabama, Georgia und Kentucky auf. Sein Vater diente in der US-Army, weshalb die Familie mehrfach umziehen musste. Als McConnell in jungen Jahren an Polio erkrankte, schaffte es seine Familie nur knapp, die hohen Behandlungskosten zu bezahlen und nicht bankrott zu gehen. Die Karriere, die McConnell seither hingelegt hat, kann als Beispiel für den "American Dream" gelten. Heute ist er einer der mächtigsten Politiker der USA.
Was heute für viele schwer vorstellbar scheint, die sich mit dem knallharten Mehrheitsführer konfrontiert sehen: Der "Sensenmann" war früher ein Softie. Nach seiner Wahl in den Senat 1985 war McConnell zunächst bekannt dafür, ein moderater Reformer innerhalb der republikanischen Senatoren zu sein.
McConnell trat für das Recht auf Abtreibung und die Rechte von Arbeitnehmern und Gewerkschaften ein. In den vergangenen 35 Jahren rückte er allerdings immer weiter nach rechts. Sein Biograf Alec MacGillis bezeichnet ihn als "Zyniker". McConnell werde inzwischen als "die Verkörperung konservativer Orthodoxie und parteitaktischer Blockadehaltung auf dem Capitol Hill" gesehen.
McConnells Wandlung ist sinnbildlich für das Partei-Establishment der Republikaner: So wie er hat sich auch seine Partei in den vergangenen 35 Jahren von einer staatstragenden, konservativen Partei, die werteorientierte Politik betreibt, zu einem Sammelbecken von Populisten und Opportunisten wie Newt Gingrich, Sprecher der Republikaner im Repräsentantenhaus von 1995 bis 1999, oder eben Donald Trump entwickelt.
McConnell hat diese Entwicklung im Senat begleitet und unterstützt. Mit dem Erstarken der rechtspopulistischen Tea-Party-Bewegung innerhalb der republikanischen Partei öffnete sich auch McConnell Ende der Nullerjahre immer stärker den populistischen Tendenzen. Die Republikaner versprachen sich davon vor allem versprachen, ihre Wählerbasis zu mobilisieren.
Dafür wirft McConnell auch eigene Überzeugungen über Board: Als im September dieses Jahres kurz vor der US-Präsidentschaftswahl die Verfassungsrichterin Ruth Bader Ginsburg starb, sprach sich McConnell für eine Neubesetzung des Richterpostens durch die als äußerst rechts geltende Richterin Amy Coney Barett aus, die Richterin wurde binnen weniger Wochen von Trump nominiert und vom Senat bestätigt.
Gegen Ende der Amtszeit Barack Obamas hatte McConnell noch gesagt, ein Präsident dürfe zum Ende seiner Amtszeit keine neuen Richter für den Supreme Court vorschlagen, weil die Wähler darüber entscheiden müssten. Der Anlass damals: Nach dem Tod des konservativen Richters Antonin Scalia hatte Obama den moderaten Merrick Garland als Nachfolger vorgeschlagen. Die Republikaner sorgten mit ihrer Mehrheit im Senat dafür, dass Garland nicht einmal angehört werden durfte – und die Nominierung Obamas scheiterte.
Der Mehrheitsführer des Senats hat auch privat einen Fuß im Weißen Haus: McConnell ist in zweiter Ehe mit der Republikanerin Elaine Chao verheiratet. Chao war bereits unter George W. Bush acht Jahre lang Arbeitsministerin und ist die erste chinesisch-amerikanische Politikerin mit Kabinettsrang in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Aktuell leitet sie im Kabinett von Donald Trump das Verkehrsministerium.
Chao stammt aus einer wohlhabenden chinesischen Familie, was ihr und McConnell wohl auch einige Vorteile bringt. Angeblich haben sie und ihr Mann mindestens 25 Millionen US-Dollar Wahlkampfhilfe von Chaos Familie erhalten. Und auch sonst soll es um die Finanzen der Republikanerin nicht schlecht bestellt sein: Unter anderem hat Chao Anteile an einer Straßenbaufirma, die sie auch nach ihrer Ernennung zur Verkehrsministerin nicht abgab. Das brachte ihr heftige Kritik wegen des damit einhergehenden Interessenkonflikts ein.
Mitch McConnell gilt daher auch im Weißen Haus als äußerst gut vernetzt – auch, wenn ihm hin und wieder ein angespanntes Verhältnis mit Präsident Trump nachgesagt wird.
Abgesehen von parteitaktischem Opportunismus und der Tatsache, dass der Großteil der republikanischen Partei sich ihrem Präsidenten verschrieben hat, bringt Trumps Taktik, die Wahl anzufechten, auch Mitch McConnell persönlich einen Vorteil. In zwei Monaten wird nämlich noch einmal gewählt, dieses Mal in Georgia. Dort wird sich dann entscheiden, ob die Republikaner ihre Mehrheit im Senat behalten können.
Mitch McConnells Taktik, das Rennen um das Weiße Haus, solange wie möglich als unentschieden zu werten, kann auch damit zusammenhängen, dass er versucht, die Wahlen in Georgia in eine positive Richtung zu drehen. Denn ohne die Unterstützung vom amtierenden US-Präsidenten wird es schwierig die Wählerbasis zu mobilisieren.
Sollte Georgia also den Demokraten zufallen, könnte es das Ende für den "Sensenmann" als Mehrheitsführer im Senat sein. Dann wäre McConnell nur noch Minderheitsführer – falls ihn seine republikanischen Parteikollegen nicht ganz fallen lassen.