Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hat auf Kritik an seiner Aussage zum Corona-Ausbruch im Schlachtbetrieb Tönnies reagiert. "Menschen gleich welcher Herkunft irgendeine Schuld am Virus zu geben, verbietet sich. Mir ist wichtig klarzumachen, dass das für mich wie für die gesamte Landesregierung selbstverständlich ist", teilte Laschet am Donnerstag mit. Gleichzeitig verortete er die Verantwortung für das Geschehen bei den Unternehmen - und kündigte "substanzielle Verbesserungen bei den Bedingungen insbesondere für Arbeitnehmer aus Bulgarien und Rumänien" an.
Der Ministerpräsident hatte am Mittwoch auf die Frage, was der Corona-Ausbruch im Schlachtbetrieb Tönnies über die bisherigen Lockerungen aussage, geantwortet: "Das sagt darüber überhaupt nichts aus, weil Rumänen und Bulgaren da eingereist sind und da der Virus herkommt. Das wird überall passieren." Im nächsten Satz verwies Laschet auf die Unterbringung und Arbeitsbedingungen in Betrieben.
Mehrere SPD-Politiker hatten daraufhin eine Entschuldigung gefordert. Der SPD-Fraktionschef im NRW-Landtag, Thomas Kutschaty, sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Mit diesem Zitat hat sich Armin Laschet die Denke von Tönnies eins zu eins zu Eigen gemacht. Das ist unterste Schublade." SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil bezeichnete es als "unsouverän, dass Herr Laschet als erstes die Bulgaren und die Rumänen, also die Arbeiter, die herkommen, um hier wirklich unter widrigen Umständen in der Fleischindustrie zu arbeiten, dass er die angreift." Auch er erwarte daher eine Entschuldigung, sagte Klingbeil am Donnerstag bei bild.de.
Karl Lauterbach sagte im watson-Interview am Donnerstag: "Es darf nicht sein, dass Laschet das Problem jetzt wieder benennt, aber nicht löst. Mit seiner Aussage zeigt er ins Ausland und lenkt von der Verantwortung NRWs bei der Kontrolle dieser Betriebe ab."
"Es ist sehr leichtfertig, das nun auf die Nationalität von Beschäftigten zu verkürzen", sagte Volker Brüggenjürgen, Geschäftsführer des Caritasverbands im Kreis Gütersloh. Eine solche Die Vize-Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland kritisierte "voreilige Mutmaßungen" der politisch Verantwortlichen mit scharfen Worten - ohne Laschet namentlich zu nennen. Eine "voreilige Spekulation" entbehre jeglicher belastbarer Sachgrundlage, sagte Annette Kurschus laut Mitteilung. Es gehe jetzt um Fragen der Unterbringung und Hygienestandards.
Darauf bezog sich am Donnerstag auch Laschet. "Wir müssen davon ausgehen, dass die Arbeitsbedingungen und die Unterbringung der Menschen dazu beigetragen haben, dass sich das Coronavirus unter den Mitarbeitern des Schlachtbetriebs in Gütersloh derart ausbreiten konnte", sagte der Ministerpräsident. Mit Bezug auf seine ursprüngliche Aussage zu eingereisten Arbeitern ergänzte er: "Es gibt eine Vielzahl von Risiken für die Verbreitung von Viren, dazu gehören auch die Bedingungen und die Form des Reiseverkehrs innerhalb Europas. Wir wollen ja aber gerade offene Grenzen und einen europäischen Arbeitsmarkt."
Er betonte: "Menschenunwürdige Arbeitsbedingungen von Beschäftigten sind weder in der Fleischindustrie noch in anderen Branchen hinnehmbar." Gemeinsam mit der Bundesregierung wolle man "für ganz Deutschland bessere Regelungen schaffen zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer." Die Landesregierung tausche sich seit Wochen mit den Vertretern der betroffenen Länder aus, um substanzielle Verbesserungen bei den Bedingungen "insbesondere für Arbeitnehmer aus Bulgarien und Rumänien zu erreichen". Die tatsächliche Ursache des Ausbruchs bei Tönnies blieb zunächst unklar.
ZDF-Moderator Jan Böhmermann fasste die Debatte um Laschet unterdessen auf seine Art zusammen. Mit Bezug auf Laschets Avancen als CDU-Bundesvorsitzender twitterte der Satiriker: "Die Bulgaren und die Rumänen sind Schuld, wenn Armin Laschet nicht Bundeskanzler wird."
(lau/dpa)