Markus Lanz hatte sich in seine Show Friedrich Merz und Martin Schulz eingeladen. Bild: zdf screenshot
Deutschland
Eigentlich hatte ZDF-Moderator Markus Lanz für Mittwoch eine andere Sendung geplant. Aber gleich zu Beginn sagt Lanz am Mittwochabend: "Über das, was heute in Thüringen passiert ist, ist zu reden."
Es sei ein "Wahlkrimi, beispielloser Vorgang, Tabubruch". Mit den Stimmen der FDP, CDU und AfD war der FDP-Politiker Thomas Kemmerich am Mittag in Erfurt zum Ministerpräsidenten gewählt worden. Als Vertreter der schwächsten Partei im Thüringischen Landtag und als zweiter Ministerpräsident der FDP überhaupt. Und eben von Gnaden der AfD.
Kurzfristig eingeladen hatte Lanz zwei Politiker und zwei Journalisten. Friedrich Merz (CDU), Martin Schulz (SPD), Melanie Amman vom "Spiegel" und Heiner Bremer, ehemals "RTL Nachtjournal".
Journalistin bei "Lanz": "Die CDU hat sich mit der AfD ins Bett gelegt"
Friedrich Merz gibt zu, er wäre froh, wenn er noch eine Nacht hätte drüber schlafen können, bevor er sich zu den Ereignissen äußern müsste. Aber er befindet auch: "Das ist ein Dammbruch, ein Tabubruch, der nicht hätte passieren dürfen." Und generell: "Es hätte in Deutschland gar nicht so weit kommen dürfen, dass die AfD in allen 16 Landtagen ist."
Melanie Amann vom "Spiegel". Bild: zdf screenshot
Melanie Amann, Hauptstadt-Korrespondentin des "Spiegel", erinnert sich an einen kürzlichen Redaktionsbesuch eines ungenannten Thüringer Politikers, der das Wahl-Szenario "befürchtet, aber nicht als so wahrscheinlich bezeichnet" habe.
Aber trotzdem: "In Thüringen kann niemand überrascht sein", sagt sie bei "Markus Lanz". Schon gar nicht die CDU. "Die CDU hat sich mit der AfD ins Bett gelegt. Es ist vielleicht nichts gelaufen, aber man hat nebeneinander gelegen", fasst sie die Beziehung von CDU und AfD zusammen.
"Missachtung des Wählerwillens" in Thüringen
Das ist das Stichwort für Ex-SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz: "Der Führer des rechtsextremistischen Flügels hat heute bestimmt, wer Ministerpräsident in Thüringen wird", sagt er. Schulz erinnert noch einmal daran, dass eben jener Björn Höcke das Denkmal für die ermordeten Juden Europas "Mahnmal der Schande" genannt hat. Aber der eigentliche Tabubruch sei, dass der Thüringer FDP-Kandidat Kemmerich die Wahl zum Ministerpräsidenten überhaupt angenommen habe.
Journalist Heiner Bremer meint das auch. Er ist sich sicher, dass die verschiedenen Wahlszenarien in den Fraktionen vorher durchgespielt wurden – gerade in so heiklen Situationen sei das üblich. "Er hat im Kopf gehabt, dass die AfD ihn wählen könnte." Dass nun der Kandidat der prozentual kleinsten Partei den Ministerpräsidentenposten einnimmt, sei eine "Missachtung des Wählerwillens".
Journalistin Amann sieht ein Problem darin, dass die CDU AfD und Linke als extremistische Parteien sieht: "Für die CDU waren sie auf einer Stufe." Und das scheint nicht nur eine Behauptung zu sein. Merz bekräftigt auch in dieser Sendung noch einmal, dass es keine Zusammenarbeit "in beide Himmelsrichtungen" gebe, "das gilt auch für einen solchen Tag wie in Thüringen".
"Lanz": Auch Merz verurteilt das Verhalten der FDP
Schulz sieht außerdem ein Kompetenzproblem bei Kemmerich: "Der ist nicht in der Lage, so ein Land zu führen." Entweder stehe hinter dieser Wahl "taktisches Unvermögen. Oder sollte dagegen Absicht dahinter stecken, sei Kemmerich "eine schändliche Person". Schulz fordert: "Dann muss er erst recht aus dem Amt raus." Die Wähler seien getäuscht worden.
"Mit anderen Worten", fragt Moderator Lanz schließlich bedeutungsvoll, "das ist heute auch ein Moment der Wahrheit?"
Merz antwortet, dass der Fehler der FDP an diesem Mittwoch "mindestens so groß" gewesen sei, wie die Entscheidung, die Jamaika-Gespräche nach der Bundestagswahl 2017 abzubrechen.
Merz neben Schulz bei "Lanz".bild: Zdf screenshot
Der FDP Vorwürfe macht auch Heiner Bremer. Die FDP sei "machtgeil", aber das wäre für sie nicht besonders erfolgversprechend in der Zukunft. "Als Wähler überlege ich mir dreimal, ob ich das Kreuz bei der FDP machen", sagt er. "Die Glaubhaftigkeit der FDP ist noch erschütterter als die der CDU."
Und zum Schluss gibt es noch einen Werbeblock für Friedrich Merz und die SPD des ehemaligen Kanzlerkandidaten Martin Schulz. Schulz ist der Überzeugung, dass die SPD den nächsten Bundeskanzler stellt. "Mit 23 Prozent kannst du in Deutschland Kanzler werden, die Zeiten mit 40 Prozent sind vorbei", glaubt Schulz.
Das ruft Markus Lanz auf den Plan, der gerne noch eine exklusive News in seiner Sendung verkünden würde: "Herr Merz, ich warte die ganze Zeit auf ihr Dementi in der Kanzlerkandidatenfrage."
Merz wartet lange, antwortet dann, dass ihn diese Frage "viel weniger" bewege als die Frage nach der AfD. Er empfiehlt, man solle “jetzt erstmal schlafen gehen und in Ruhe nachdenken." Merz berichtet aber noch einmal, dass er seinen Job beim umstrittenen Finanzinvestor Blackrock abgibt und sich künftig stärker politisch engagieren wolle "für dieses Land".
Nach der Wahl von Donald Trump zum nächsten US-Präsidenten herrscht viel Ungewissheit darüber, wie es jetzt mit der Ukraine weitergeht. Es gibt nicht unbegründete Ängste davor, Trump könne dem Land bald den Geldhahn zudrehen.