Der Wahlkampf zur Bundestagswahl am 26. September ist in der heißesten Phase. CDU, SPD, Grüne, FDP und die Linke sind quasi pausenlos auf Stimmenfang. Dabei fahren die Parteien die unterschiedlichsten Strategien, um die Wählenden von sich zu überzeugen.
Während die Union versucht, sich jugendlich zu geben, entwickeln die Linken gleich ein eigenes Smartphone-Game. Wir haben die skurrilsten Ideen des Wahlkampfes für euch zusammengetragen.
CDU/CSU: eine unfreiwillig selbstironische Playlist
Anfang September veröffentlichte der CDU-Vorsitzende und Unionskanzlerkandidat Armin Laschet seine persönliche Spotify-Playlist – mit dem betont jugendlichen Titel "Läuft bei uns!". Während mit Klassikern wie Queen ("Dont Stop Me Now") und Helene Fischer ("Marathon") wohl die CDU-Stammwähler angesprochen werden sollten, gab es auch was für jüngere Menschen auf die Ohren. Als Künstler wurden nämlich auch die Rapperinnen von SXTN ("Von Party zu Party"), sowie die Rapper Sido ("Wiese vor dem Reichstag") und GZUZ ("500 PS") in die Sammlung aufgenommen.
Dazu verriet der CDU-Kanzlerkandidat sein Lieblingslied: "I will survive" von Gloria Gaynor. Vermutlich unfreiwillig selbstironisch gab sich die CDU mit der Playlist auch: Mit Hinblick auf die aktuellen Umfragewerte war "Don't Stop Believin'" von Journey eine zweideutige Titelwahl.
Die Union gibt es jetzt auch auf Twitch
Um die junge Wählerschaft zu erreichen, hat sich auch der Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor etwas ganz Besonderes ausgedacht: die "Junge Union Multiplayernight". Amthor wollte mit dem Bundesvorsitzenden der Jungen Union, Tilman Kuban, das populäre Videospiel "Fall Guys" spielen, mit der Community diskutieren und dabei live auf Twitch streamen.
Der Parlamentarier hatte sich das aber wohl anders vorgestellt, denn der Twitch-Chat war kaum an politischen Inhalten interessiert. Die User machten sich größtenteils über die Politiker lustig – oder konfrontierten sie mit vergangenen Skandalen. Die Lobbyaffäre Amthors rund um das deutsch-amerikanische IT-Unternehmen Augustus Intelligence schien die Nutzer besonders zu interessieren.
Doch die Union ist nicht nur auf Twitch, sondern auch auf Soundcloud. Wer will, kann sich dort eine Kurzfassung des Parteiprogramms anhören. Eine halbe Stunde geht der politische Vortrag, in dem die Partei ihre Inhalte vorstellt.
SPD: Roter Rap und das Wahlprogramm als Podcast
Beim GroKo-Partner SPD geht es – zumindest momentan – ruhiger zu. Aber auch hier versucht man, sich jugendlich zu geben. Die SPD in Brandenburg hat sich gefragt, was junge Menschen mögen und ist auf die gleiche Idee wie die CDU gekommen: Rapmusik.
In Brandenburg haben die Genossen Unterstützung von dem Trierer Rapper Akademik bekommen. Der verfasste für die Partei den Track "Roter September". Wer sich jetzt denkt: SPD, Wahlkampf und Rap – das kann ja nur schiefgehen, der dürfte überrascht werden. Der Song ist gar nicht übel.
Ein solider Beat, gute Vergleiche und Punchlines gegen die Konkurrenz, das funktioniert. Auch wenn der Flow manchmal etwas holprig ist, hat sich die SPD damit nicht blamiert. Rap und politische Inhalte sind ohne Frage schwer zusammenzubringen, aber Akademik schafft es: "Statt eine Shisha zu teilen/ mit Kredikartenhaien/ ist deine Zukunft locker versichert wie beim Mietwagenleihen/", heißt es in dem Track. Ob es wirklich ein roter September wird, bleibt abzuwarten.
Um ihre Inhalte aber auch sachlicher an die Bevölkerung zu bringen, hat sich die SPD getraut, ihr Wahlkampfprogramm als Podcast aufzunehmen. Zwar hat die Partei hier den Trend verpasst und setzt auf den Online-Musikdienst Soundcloud, aber zumindest muss man sich nicht durch das 60-seitige "Zukunftsprogramm" quälen. Wobei drei Stunden monotone Sprechstimme über komplexe politische Themen wohl kaum unterhaltsamer sein dürften.
Die Grünen: ein Volkslied und zehn Stunden Programm zum Hören
Die Grünen landeten mit ihrem Werbespot zur Bundestagswahl schon im August einen ziemlichen Flop. "Ein schöner Land" dichtete das Presseteam das alte deutsche Volkslied "Kein schöner Land in dieser Zeit" um. Auf Twitter trendete kurz darauf das Wort "cringe" – für "Fremdscham".
Dass die Sänger in dem Spot kaum den Ton treffen, darf ihnen nicht angekreidet werden, immerhin betonten die Grünen, dass es sich nicht um professionelle Sänger handle. Den Liedtext hätte man aber vielleicht nochmal überarbeiten können. Ein Reim wie: "Anschluss an Straße, Bus und Bahn/ Und natürlich auch WLAN/", gewinnt eben kaum neue Wähler.
Dafür haben die Grünen ihr Wahlprogramm als Podcast zumindest auf Spotify hochgeladen – und sogar mit mehr als einer Sprecherstimme und in mehreren Kapiteln. Dafür reichen den Grünen aber keine drei Stunden für ihre Themenvorstellung, sie haben sich dafür ganze zehn Stunden Zeit genommen.
FDP: Hautnah am Wahlprogramm
Die FDP ist hip, jung und modern – das war zumindest die Botschaft während der Berliner Fashion Week. Die Liberalen wollten ihr Wahlprogramm zur Schau stellen und haben dafür den "FDP-Wahlprogramm-Sweater" entworfen.
Der knallgelbe Pullover fällt auf und wer genauer hinsieht, der entziffert in pink das Wahlprogramm der FPD.
Für das Statement-Piece hat die Partei mit der Designagentur "Heimat Berlin" zusammengearbeitet, das auch schon für adidas, Hornbach oder CNN entworfen hat.
Auch auf Spotify ist die FDP zu finden. So wie die Grünen haben sie ihr Wahlprogramm im Podcast-Format hochgeladen. Zwar lesen die verschiedenen Sprecher insgesamt rund sechseinhalb Stunden, aber dafür ist das Programm in Häppchen von vier bis 24 Minuten aufgeteilt.
Die Linke
Die Linke setzt, wie die CDU, auf Videospiele. Bei den Sozialisten trifft man sich aber nicht zum Streamen – sondern entwirft gleich ein eigenes Game. In "Blobby's Rising" darf man als roter Farbklecks auf dem Smartphone durch Level hüpfen und verschiedene Dinge einsammeln. In dem Spiel hat die Partei gleich noch die wichtigen Wahlkampfthemen versteckt.
Blobby muss hier beispielsweise im Level "Umverteilung" Geldkoffer einsammeln und Briefkastenfirmen ausweichen. Oder im Level "Waffenexporte" Schusswaffen und Panzern aus dem Weg gehen, während er Friedenstauben einsammelt.
So einfach das Spiel gestaltet ist, so charmant ist es auch. Die politischen Forderungen stehen nicht im Vordergrund, sondern werden nur beiläufig erklärt. So geht Wahlkampf 2021.
Natürlich hat die Linke ihr Wahlprogramm auch als Podcast auf Spotify. Aber auch hier gilt: Rund zehn Stunden politische Agenda werden sich nur die Hartgesottenen antun.
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Seit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine liefert Apple keine Produkte mehr nach Russland. Auch Apple Pay und Apple Maps stellte das Unternehmen dort ein. Trotzdem stand Apple schon häufiger in der Kritik, inoffiziell mit dem Kreml zu kooperieren.