Knapp 21 Monate nach Beginn des Krieges im Gazastreifen ist die humanitäre Lage in der Region katastrophal. Seit Monaten warnen internationale Hilfsorganisationen vor einer schweren Hungersnot.
"Wir sagen das seit Monaten, und jetzt sind wir an einem Punkt angelangt, an dem tatsächlich Menschen sterben", sagte UN-Sprecher Farhan Haq am Donnerstag. Dutzende Menschen sollen aufgrund der Hungerkrise schon ums Leben gekommen sein.
Mehr als 100 Organisationen warnten am Mittwoch vor dem massenhaften Verhungern, von dem auch Helfer:innen vor Ort betroffen sind. Jeder Tag ohne ausreichende Nahrungslieferungen verschärfe die Situation weiter.
"Wir haben keine Kraft mehr vor Hunger und Mangel an Lebensmitteln", sagte der Fotograf Omar al-Kattaa, der für die Nachrichtenagentur AFP aus Gaza berichtet. Die ohnehin wenigen Reporter:innen vor Ort litten mittlerweile selbst unter der Hungerkrise.
So sorgt sich auch der "Spiegel" um seine Korrepondentin Ghada Alkurd. Die 39-Jährige berichtet seit dem vergangenen Jahr aus Gaza und hat durch den Krieg bereits ihren Vater und ihren Bruder verloren. "Wir fürchten, auch sie könnte bei einer Bombardierung sterben und auf Whatsapp einfach stumm bleiben", heißt es in einem Bericht von Kolleg:innen beim "Spiegel".
Seit der vergangenen Woche mache sich auch bei Alkurd der Versorgungsmangel bemerkbar. Zum ersten Mal musste sie demnach ein Gespräch mit den Kolleg:innen absagen, weil sie sich durch den Hunger zu schwach fühlte. Sie litt an Kopfschmerzen und Konzentrationsschwierigkeiten.
Das verfügbare Essen teilt sich die Journalistin mit ihrem Bruder und ihren beiden Töchtern. Damit die Kinder genug hätten, blieben für die beiden Erwachsenen pro Tag oft nur ein paar Löffel Bohnen und ein kleines Stück Brot.
Im Gazastreifen sind insgesamt nur noch wenige Lebensmittel erhältlich. Bei den verfügbaren Produkten sind die Preise teils um das Hundertfache gestiegen. Anfang März hatte Israel zunächst alle Lieferungen nach Gaza eingestellt. Diese wurden zuletzt nur unter starken Einschränkungen wieder aufgenommen.
Mehrfach war es an Essensausgaben zuletzt zu Aufständen gekommen. Auch auf Social Media teilen einige Menschen aus dem Palästinensergebiet Videos von den katastrophalen Zuständen vor Ort.
"Wir sind sehr dünn und sehr müde. Menschen brechen in den Straßen zusammen", berichtet Mohanad Alkhatib auf Instagram. In einem Video gesteht er, wie schwer es für ihn ist, solche Dinge öffentlich zu erzählen. "Aber ich will euch zeigen, wie die Realität hier wirklich aussieht."
Alkhatib hat auf Instagram 22.000 Follower:innen, mittlerweile läuft für seine Familie eine Spendenaktion. Immer wieder können auf diese Weise einzelne Menschen von ihrem katastrophalen Schicksal in Gaza gerettet werden.
Doch das Grundproblem bleibt bestehen – und dürfte sich in den kommenden Tagen weiter zuspitzen. "Die Menschen hier werden zu Tieren", berichtet die Journalistin Ghada Alkurd.
Mit viel Wasser versuche sie, ihren Magen zu füllen. Auch Mohanad Alkhatib zeigt in einem Video auf Instagram, wie er Wasser mit Salz trinkt. Hierdurch soll die gestörte Verdauung und der Magen unterstützt werden.
Unter dem internationalen Druck ließ die israelische Regierung am Mittwoch zwar einige Hilfslieferungen mit Mehl in den Gazastreifen bringen. Angesichts der insgesamt mehr als zwei Millionen notleidender Menschen in Gaza kommt das allerdings dem sprichwörtlichen Tropfen auf den heißen Stein gleich.
Vor dem Küstenstreifen warten tonnenweise Hilfslieferungen darauf, verteilt zu werden. Hilfsorganisationen fordern die Regierungen weltweit dazu auf, Israel hier zum Handeln zu bewegen.