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Polizei und AfD: Wie rechts sind die deutschen Sicherheitsbehörden?

Demo gegen rechten Terror in Hamburg (17.06.2019).
Demo gegen rechten Terror in Hamburg (17.06.2019).Bild: www.imago-images.de/Jannis Grosse
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Polizei und AfD: Wie rechts sind die deutschen Sicherheitsbehörden?

Mancher Polizist nimmt immer wieder die gleichen Kleinkriminellen fest. Und mancher Soldat im Auslandseinsatz zweifelt am gesellschaftlichen Rückhalt. Auf diese Sorgen antwortet die AfD mit ihrem Ruf nach dem starken Staat.
26.06.2019, 06:33
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Die AfD gibt sich angesichts der von Friedrich Merz angestoßenen Debatte abgeklärt: "Dass die AfD unter Polizisten und Soldaten ein höheres Ansehen genießt als die Altparteien, liegt doch auf der Hand", erklärt Leif-Erik Holm. Kein Wunder, angesichts der "katastrophalen Politik von Bundes- und Landesregierungen", meint der AfD-Bundestagsabgeordnete.

"Wir verlieren offenbar Teile der Bundeswehr an die AfD. Wir verlieren Teile der Bundespolizei an die AfD."

Das hatte der frühere Unions-Fraktionschef Merz (CDU) der "Bild am Sonntag" gesagt. Studien dazu kennt auch Merz nicht, er beruft sich auf Gespräche im persönlichen Umfeld.

Wie rechts ist die Polizei?

Verlässliche Untersuchungen, die aktuelle Rückschlüsse auf politische Einstellungen oder das Wahlverhalten von Uniformierten aus Polizei und Militär erlauben würde, gibt es indes nicht – eine Lücke, die Rafael Behr von der Akademie der Polizei Hamburg bedauert.

"Der Aufklärungswille bei den Innenministern ist da viel zu gering. Keiner von ihnen gibt Geld für Forschung in diesem Bereich – vielleicht auch aus Angst, was da herauskäme. Es werden Symptome bekämpft, ohne über Strukturen und Klima einer Organisation ausreichend nachzudenken", sagt Behr.

Stellt sich die Frage, ob Sympathien für eine demokratisch gewählte Partei wie die AfD wirklich problematisch sind. Das sei keine juristische Frage, sondern eine der politischen Kultur, erwidert Behr. "Das Problematische ist nicht die AfD per se, sondern die Denkfiguren, die sie repräsentiert, und die teils menschenverachtende Haltung ihrer Vertreter." Die AfD verschiebe die Grenzen des Sagbaren nach rechts.

Hinweise auf rechte Tendenzen bei Polizei und Bundeswehr gibt es genug:

  • Da sind die Beamten des sächsischen Spezialeinsatzkommandos (SEK), die es witzig finden, für einen Kollegen den Namen des rechtsextremen NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt als Decknamen zu wählen – für den Einsatz beim Deutschlandbesuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.
  • In Nordrhein-Westfalen findet sich in einem Polizei-Mannschaftswagen ein Aufkleber der rechtsextremen Gruppierung "Identitäre Bewegung".
  • In Frankfurt erhält eine türkischstämmig Anwältin Drohschreiben, die mit "NSU 2.0" unterzeichnet sind.
  • Zugleich wird wegen einer mutmaßlich rechtsextremen Chatgruppe der Polizei weiter ermittelt.
  • Bei der Eliteeinheit Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr macht eine aus dem Ruder gelaufene Geburtsfeier mit Hitler-Gruß und Schweinekopf-Werfen Schlagzeilen.

Einzelfälle?

"Es gibt Merkmale am Polizeiberuf, die Menschen mit Sympathien für rechte Positionen anziehen: Uniformen, Waffen, die Möglichkeit, staatlich legitimiert Macht anzuwenden", sagte Oliver von Dobrowolski. Er ist Vorsitzender der Gruppierung "Polizei-Grün", die Beamte mit Sympathien für grüne Positionen vereint, und selbst aktiver Polizist beim Landeskriminalamt Berlin.

"Das hat auch viel mit klassischem Freund-Feind-Denken zu tun. Ein Beispiel: Die Polizei begleitet eine Neonazi-Demonstration. Da gibt es meist auch eine Gegenveranstaltung der linken Szene. Da dürfen Sie jetzt raten, wem die meisten Polizistinnen und Polizisten sich eher zugeneigt fühlen. Da heißt es dann: Die Rechten hören wenigstens auf uns, die sind ja auch für Recht und Ordnung." Hinzu kämen die Belastungen des Arbeitsalltags, Personalmangel. "Manche Kollegen sehen sich als Ausputzer der Gesellschaft, manche sprechen sogar von "Müllabfuhr"", sagt Dobrowolski. Er würde sich mehr Supervision wünschen, also mehr Nachbereitung von Einsätzen.

Behr sieht das genauso: "Polizisten erfahren oft ihre eigene Ohnmacht und die Vergeblichkeit ihrer Arbeit. Man hat mit Problemen zu tun, die man selbst nicht lösen kann." Führungskräfte müssten in Erinnerung rufen: "Man ist eben als Polizist nicht dafür da, um Leute einzusperren, sondern man ist dafür da, um den Gerichten zu ermöglichen, Urteile zu fällen."

Eine dreijährige Ausbildung sei zwar ein guter Anfang, doch danach könne es bis zu fünf Jahren dauern bis zur ersten Fortbildung, sagt Behr. "Es wäre gut, wenn Polizeianwärter nicht nur Praktika bei Polizeidienststellen machen würden, sondern mal ein halbes Jahr bei einer sozialen Einrichtung arbeiteten, um die Welt kennenzulernen, in der ihre Klienten leben", schlägt er vor.

Auch die Bundeswehr hat ein Problem

Auch die Bundeswehr ist wegen mutmaßlich rechter Tendenzen in die Debatte geraten. Spätestens seit der Aussetzung der Wehrpflicht im Jahr 2011, vom damaligen CSU-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg praktisch im Handstreich vollzogen, sind die Streitkräfte kein Abbild der Gesellschaft mehr.

Wer mit Soldaten spricht, spürt durchaus auch Sympathie für die AfD, die sich als Partei von Recht, Ordnung, aber auch traditioneller Männlichkeit präsentiert.

Des Extremismus werden nach Erkenntnissen des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) indes nur zwei Promille der Soldaten und zivilen Mitarbeiter verdächtigt. Der MAD ist für Abwehr und Überwachung von Extremisten in der Bundeswehr zuständig. Unter 250.000 Männern und Frauen gibt es aktuell rund 500 sogenannte Verdachtsfälle in Bearbeitung, zwei Menschen unter 1000. Als erkannte Extremisten eingestuft wurden im vergangenen Jahr vier Rechtsradikale - und drei Islamisten.

Aber der MAD orientierte sich bisher an dienstrechtlichen Kriterien, die auch einer Überprüfung vor Gericht standhalten. Dem in der öffentlichen Debatten geprägten Extremismusbegriff wurde die Behörde so nicht gerecht - und ist doch an die Gesetze gebunden. Der MAD reagierte mit einer Einstufung nach dem Ampelsystem: Grün, Orange, Rot. Einen Verdacht auf Rechtsextremismus gab es zuletzt in 450 Fällen.

"Wenn wir Leute in rot einstufen, dann muss das gerichtsfest sein", sagte MAD-Präsident Christof Gramm im März der Deutschen Presse-Agentur. "Die Entlassung aus der Bundeswehr sagt sich leichter, als es getan ist. Auch da gibt es Rechtsgrundlagen." Aber: "Dunkelorange und rot müssen aus der Bundeswehr raus. Die Frage ist, auf welchem Weg."

(dpa)

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