Bundesgesundheitsminister Jens Spahn weist die Verantwortlichkeitfür die Beschaffung der Schnell- und Selbsttests von sich.Bild: dpa / Bernd von Jutrczenka
Deutschland
Ab Montag sollen alle Menschen in Deutschland nach der jüngsten
Vereinbarung von Bund und Ländern wöchentlich einen kostenlosen
Corona-Schnelltest erhalten können – doch zum Start wird das wohl
nicht gleich überall klappen. Die Koalitionspartner SPD und
auch CSU machen dafür Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU)
verantwortlich und attackieren ihn hart. In der CDU wird dies aber
zurückgewiesen.
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer sagte
den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: "Mitte Februar hat
Gesundheitsminister Jens Spahn kostenlose Schnelltests für alle
versprochen. Und er hat behauptet, er habe für Deutschland 500
Millionen Tests vertraglich gesichert. Das war ein großes Versprechen
und hat sehr hohe Erwartungen geweckt, die er nicht einhalten
konnte." Ihr Land habe nun selbst Tests beschafft, sagte Dreyer, die
am Sonntag in einer Woche die Landtagswahl gewinnen will.
"Das war ein großes Versprechen und hat sehr hohe Erwartungen geweckt, die er nicht einhalten konnte."
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer
"Vertraglich gesichert" meinte allerdings auch lediglich die
Zusagen von Herstellern, Bestellungen bedienen zu können. Spahn hatte
immer wieder betont, dass ausreichend Tests verfügbar seien.
Kanzleramtsminister Helge Braun hatte am Samstag in den Funke-Zeitungen erklärt, dass der Bund die Tests zwar bezahle. Aber: "Es war nie
verabredet, dass der Bund für die Länder Schnelltests bestellt. Das
ist die Aufgabe der Länder selbst."
Verwirrspiel mit der Verantwortung
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) nahm die
Bundesregierung in Schutz. "Der Vorwurf an den Bund ist billig",
sagte er den Funke-Zeitungen. "Schnelltests sind im Übermaß
produziert und lieferbar."
Michael Kretschmer sieht keinen Engpass bei Schnelltests.Bild: imago images / Florian Gaertner/photothek.de
Allerdings zeigt sich auch die CSU weiter unzufrieden. Ihr
Generalsekretär Markus Blume legte mit Kritik an Spahn nach und sagte
der "Bild am Sonntag" ("BamS"): "Man kann nicht die Verantwortung
beim Testen auf die Länder schieben und sich selbst für komplett
unzuständig erklären."
Bedingungen für flächendeckende Schnelltests ungewiss
Kostenlose Schnelltests durch geschultes Personal sollen ab
Montag in Apotheken, Testzentren und auch bei Hausärzten verfügbar
sein. Spahn hat aber schon darauf hingewiesen, dass das wohl nicht in
allen Länden gleich der Fall sein wird. Der Vorsitzende des
Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt, sagte der "BamS": "Wir wissen
nicht einmal ansatzweise, wann diese Schnelltests in welchem Umfang
von wem geordert und zu wem geliefert werden sollen." Und: "Was wir
nicht anbieten können, ist ein Tag der offenen Tür für alle, die sich
mal eben spontan testen lassen wollen."
Daneben sind am Samstag Laien-Selbsttests zur Anwendung zuhause
in die ersten Supermärkte gekommen – und waren sofort vergriffen.
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD)
warf dem Bund auch dabei Versagen vor. Ihr Land (rund 1.6 Millionen
Einwohner) hat nach ihren Angaben zwei Millionen dieser Selbsttests
geordert. "Ich will an dieser Stelle nicht verhehlen, dass ich sehr
verärgert bin darüber, dass der Bund es zulässt, dass zunächst Aldi
und Co. Selbsttests verramschen können und wir die Selbsttests erst
Mitte März geliefert bekommen", sagte sie am Samstag in Schwerin.
Weiterhin Kritik an der Impfstrategie
Tests sind zusammen mit Impfungen das Mittel, mit dem die
Ausbreitung mutierter Coronaviren und damit eine dritte Welle
verhindert und letztlich die Pandemie eingedämmt werden soll.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann schlug vor,
das Impftempo durch eine Lockerung der Impfreihenfolge zu erhöhen.
"Wir können uns keineswegs erlauben, Impfdosen stehenzulassen",
sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Ich bin
deshalb dafür, dass man zusätzlich zu den Impfzentren so schnell wie
möglich in den Arztpraxen impft und dass das feste Impfschema dort
dann wirklich nur noch eine Empfehlung ist, denn Ärzte sind es
gewohnt, zu priorisieren, und sie sollten das in eigener
Verantwortung machen."
Der Immunologe Michael Meyer-Hermann empfiehlt, die Impfgruppen
nach der Menge ihrer Kontakte zu priorisieren. Jene mit vielen
Kontakten zuerst zu impfen "hätte eine viel größere Wirkung", als
weiter nach Alter vorzugehen, sagte der Experte vom Braunschweiger
Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung dem Berliner "Tagesspiegel"
(Sonntag). Durch die Impfung zuerst der älteren Bevölkerung sei die
Todesrate deutlich gesenkt worden - aber dies sei die Gruppe mit den
wenigsten Kontakten, eine Wirkung auf die Epidemie habe dies
nicht.
(lau/dpa)
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