Demonstranten durchbrachen eine Absperrung und stürmten auf die Treppe des Reichstags am Samstag.Bild: X03862 / CHRISTIAN MANG
Deutschland
30.08.2020, 08:3530.08.2020, 14:18
Angesichts des rechtsextremen Vorfalls am Reichstagsgebäude sieht der Berliner Innensenator Andreas Geisel (SPD) das ursprünglich angestrebte Verbot der Corona-Kundgebungen gerechtfertigt. "Leider ist gestern genau das eingetreten, was die Sicherheitsbehörden zuvor befürchtet hatten", erklärte Geisel am Sonntag. Er höre "jetzt auch Stimmen, die sagen, das hätte man verbieten müssen. Genau das haben wir deshalb im Vorfeld getan".
Politiker fast aller Parteien haben sich bestürzt
gezeigt über die Ereignisse am Berliner Reichstag während der
Proteste gegen die Corona-Maßnahmen. "Das Reichstagsgebäude ist die
Wirkungsstätte unseres Parlaments und damit das symbolische Zentrum
unserer freiheitlichen Demokratie. Dass Chaoten und Extremisten es
für ihre Zwecke missbrauchen, ist unerträglich", sagte
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) der "Bild am Sonntag".
Demonstranten gegen die staatliche Corona-Politik hatten am
Samstagabend eine Absperrung am Reichstagsgebäude in Berlin
durchbrochen und waren auf die Reichstagstreppe gestürmt.
Polizeibeamte drängten die Menschen zurück. Die Polizei setzte
Pfefferspray ein, es kam zu Rangeleien.
Demonstranten auf der Treppe des Reichstags.Bild: X03862 / CHRISTIAN MANG
Am Reichstagsgebäude hatte es
zuvor eine Kundgebung gegeben. Bei Demonstranten waren auch die von
Reichsbürgern verwendeten schwarz-weiß-roten Reichsflaggen zu sehen.
Die Polizei löste die Demo dann auf. Einsatzkräfte räumten den Platz
vor dem Reichstagsgebäude und schoben die Demonstranten weg.
Nur 3 Polizisten standen Demonstranten noch im Weg
Videos, die im Internet kursieren, zeigen, wie die Menschen direkt
vor der Tür des Reichstags stehen. Nur drei Polizisten standen ihnen
noch im Weg.
Polizeisprecher Thilo Cablitz erklärte dazu: "Wir können nicht immer
überall präsent sein, genau diese Lücke wurde genutzt, um hier die
Absperrung zu übersteigen, zu durchbrechen, um dann auf die Treppe
vor dem Reichstag zu kommen."
Querdenken-Initiator distanziert sich von Demonstranten am Reichstag
Der Initiator der Demonstration und Kundgebung mit mehreren Zehntausend Menschen am Samstag in Berlin, Michael Ballweg, hat sich von den Demonstranten am Reichstag distanziert. Ballweg von der Initiative Querdenken sagte am Sonntag, er distanziere sich von denen, die am Reichstag demonstriert haben. "Die haben mit unserer Bewegung nichts zu tun." Querdenken sei eine friedliche und demokratische Bewegung, Gewalt habe da keinen Platz.
"Meinungsvielfalt ist ein Markenzeichen einer gesunden Gesellschaft.
Die Versammlungsfreiheit hat aber dort ihre Grenzen, wo staatliche
Regeln mit Füßen getreten werden", sagte Seehofer weiter.
Außenminister Heiko Maas (SPD) twitterte: "Reichsflaggen vorm
Parlament sind beschämend." SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz schrieb:
"Nazisymbole, Reichsbürger- & Kaiserreichflaggen haben vor dem
Deutschen Bundestag rein gar nichts verloren."
38.000 Demonstranten am Samstag in Berlin, rund 300 Festnahmen
Auf die Frage, ob es vielleicht besser gewesen wäre, die
Demonstration zu verbieten, sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil,
er wundere sich, dass der Verfassungsschutz nach eigenen Angaben im
Vorfeld keine Hinweise darauf entdeckt habe, "dass hier Rechtsextreme
versuchen, diese Demonstration zu unterwandern". Die Bilder des Tages
zeigten etwas anderes. "Das wird man sich nochmal genauer angucken
müssen, warum diese Hinweise im Vorfeld anscheinend nicht vorlagen
oder nicht vernünftig ausgewertet wurden", sagte der SPD-Politiker
bei "Bild live". Nun werde im Ältestenrat des Bundestages zu klären
sein, "wie Sicherheitskonzepte ausgesehen haben."
Nach Schätzungen der Behörden nahmen an den Protesten in der Stadt am
Samstag insgesamt rund 38.000 Menschen teil. Wie Innensenator Andreas
Geisel (SPD) am Abend berichtete, wurden über den Tag verteilt rund
300 Menschen festgenommen, allein vor der russischen Botschaft etwa
200. Dort flogen unter anderem aus einer Menge von rund 3000
sogenannten Reichsbürgern und Rechtsextremisten Steine und Flaschen
auf die Polizei, wie er sagte. Laut Polizei gab es dort auch
Gefangenenbefreiungen.
Geisel bezeichnete die Ereignisse als
vorhersehbar. "Es war erwartbar, was heute passiert ist", sagte er am
Samstagabend in den ARD-"Tagesthemen".
Festgenommen wurde vor der russischen Botschaft auch der Vegan-Koch
Attila Hildmann, der sich selbst "ultrarechts" und einen
Verschwörungsprediger nennt. Zu den Hintergründen der Festnahme
Hildmanns äußerte sich Geisel nicht.
Im Laufe des Tages wurden auch Straßen vorübergehend blockiert,
Absperrungen durchbrochen und ein Baucontainer angezündet, wie die
Polizei weiter mitteilte. Sie war mit rund 3000 Beamten im Einsatz.
Aufgerufen zum Protest hatte die Stuttgarter Initiative Querdenken
711. Sie hatte mit rund 22.000 Teilnehmern gerechnet, es kamen aber
deutlich mehr. Es gab auch Gegenproteste, unter anderem aus der
linken Szene.
(hau/dpa)
Gwen Walz ist die Ehefrau von Tim Walz, der aktuell Gouverneur des US-Bundesstaates Minnesota ist und zusammen mit Kamala Harris die US-Wahl am 5. November 2024 gewinnen will. Doch Gwen Walz ist nicht nur die First Lady in Minnesota, sondern in dem Bundesstaat auch bekannt dafür, dass sie sich für Bildung, soziale Gerechtigkeit und Gleichberechtigung einsetzt.