Nach dem massiven Corona-Ausbruch beim Fleischbetrieb Tönnies verschärft Nordrhein-Westfalen die Infektionsschutzvorschriften für die Branche. Künftig müssen die Beschäftigten mindestens zwei Mal pro Woche auf das Coronavirus getestet werden. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) kündigte unterdessen an, bereits im Juli ein Gesetz zum Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit im Kernbereich der Fleischindustrie vorzulegen.
Die neuen Infektionsschutzvorschriften in Nordrhein-Westfalen gelten ab dem 1. Juli.
"Die Vorfälle in Coesfeld und Gütersloh zeigen: Offenbar kann sich das Virus unter den Bedingungen eines Schlachthofs beziehungsweise eines fleischverarbeitenden Betriebes besonders gut verbreiten", erklärte Arbeits- und Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). "Darum wollen wir den Infektionsschutz noch einmal deutlich stärken."
Im Landkreis Gütersloh steigt nach dem massiven Corona-Ausbruch bei Tönnies unterdessen die Zahl der positiven Tests in der übrigen Bevölkerung. Binnen einer Woche – vom 20. bis 26. Juni – wurden 75 Menschen positiv auf das neuartige Coronavirus getestet, die keinen Bezug zum Unternehmen haben, wie der Landkreis Gütersloh am Samstagabend mitteilte.
Die Mehrzahl der Betroffenen weise offenbar keine Krankheitszeichen auf. Ein gutes Zeichen sei, dass kein Anstieg von Erkrankten zu verzeichnen sei, erklärte der Landkreis.
Freiwillige Tests sollen Klarheit darüber bringen, in welchem Umfang der Corona-Ausbruch bei einer Vielzahl von Tönnies-Mitarbeitern auf die Bevölkerung im Kreis Gütersloh übergegriffen hat. Wegen der Infektionen bei Tönnies gelten seit Mittwoch für die insgesamt rund 640.000 Menschen in den Kreisen Gütersloh und Warendorf wieder verschärfe Corona-Auflagen.
SPD-Vizefraktionschefin Katja Mast sprach sich für bundesweite Tests in der Branche aus. "Ich bin dafür, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Fleischindustrie auf das Corona-Virus getestet werden", sagte Mast der Nachrichtenagentur AFP. "Falls notwendig auch mehrfach", fügte sie hinzu.
Nachdem sich die deutsche Fleischindustrie am Freitag nun doch für das von der Bundesregierung geplante Verbot von Werkverträgen ausgesprochen hatte, betonte Mast zudem, es gehe nicht nur um Werkverträge. "Es geht auch um das Verbot von Leiharbeit im Kernbereich der Produktion, Subunternehmertum und Unterbringung der Beschäftigten", sagte sie. "Die Fleischindustrie hat uns doch jahrelang vorgemacht, dass sie jedes Schlupfloch findet", kritisierte die SPD-Politikerin.
Arbeitsminister Heil sagte der "Welt am Sonntag", er werde im Juli ein "gerichtsfestes Gesetz" zum Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit im Kernbereich der Branche vorlegen. Das sei "juristisch anspruchsvoll, aber machbar". Wenn es nach ihm gehe, könne das Gesetz noch dieses Jahr in Kraft treten.
Denn es gehe in der Debatte nicht nur um Tönnies. "Es geht um systemische Probleme in der Branche, an die wir ranmüssen", sagte Heil der Zeitung.
(lau/afp)