Auch am Donnerstag sind bei Schulen, Medienhäusern und anderen Einrichtungen bundesweit Bombendrohungen eingegangen. Teilweise mehrere am Tag. Was in vielen Fällen wie ein Scherz wirkt, belastet die Betroffenen vor allem psychisch.
Zwar gab es erneut in allen Fällen Entwarnungen, weil die Ermittlungsbehörden keine echten Gefährdungen erkennen konnten. Dennoch wurden wieder viele Menschen aufgeschreckt und Polizeieinsätze ausgelöst. Und: Die Urheber:innen sind nach wie vor unbekannt, die Hintergründe unklar.
Auch ob es einen Zusammenhang zwischen den einzelnen Fällen gibt, ist offen. Möglicherweise könne es darum gehen, das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung zu schwächen und Unmut gegen Israel zu schüren, hieß es aus Sicherheitskreisen.
Laut Polizei gingen die Drohungen größtenteils per E-Mail ein. In einigen Fällen wurden in den Schreiben Bezüge zur islamistischen Hamas sowie dem Gaza-Krieg hergestellt, in einem Schreiben zum Ukraine-Konflikt. Aus ermittlungstechnischen Gründen
Schulen in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern waren von den Drohungen betroffen. Die Polizei räumte teils die Einrichtungen vorsorglich oder wies Schüler:innen und Lehrkräfte noch vor dem Betreten der Gebäude zurück. Es gab Durchsuchungen, um eine Gefahr auszuschließen.
Das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen äußerte sich auf watson-Anfrage zu den Drohungen an Einrichtungen in NRW. Eine Sprecherin erklärte, ihre Behörde sei zwar nicht ermittlungsführend, könne jedoch zu einer vorläufigen Einschätzung kommen. Die Mails aus den vergangenen Tagen würden in erster Linie darauf abzielen, "die betroffenen Einrichtungen in ihrem Betrieb zu stören und allgemein für Verunsicherung zu sorgen", erklärte sie.
Zu dem Phänomen der Vielzahl der eingegangenen Drohungen sagte sie außerdem:
"Im konkreten Fall wurden die Gebäude und Schulgelände abgesucht und am Montag zusätzlich ein Sprengstoffsuchhund zum Einsatz gebracht", sagt eine Sprecherin der Polizei Erfurt gegenüber watson zu den Drohungen gegen die Schulen in der Stadt. Hierbei seien "keine Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Lehrpersonals und der Schüler festgestellt" worden, erklärt sie.
Dennoch: Jede Drohung werde ernst genommen, sagt die Sprecherin. Gerade bei der Gefahr von Kindern werde "in der Regel die maximalsten Auswirkungen unter ungünstigsten Voraussetzungen angenommen".
In Erfurt wurden mehrere Schüler:innen und eine Lehrerin medizinisch versorgt – aufgrund der psychisch belastenden Situation, sagte eine Polizeisprecherin. Im sächsischen Pulsnitz hätten sechs Mädchen im Teenageralter während der Räumung der betroffenen Schule Kreislaufprobleme bekommen, sagte ein Polizeisprecher. Sie wurden vor Ort von Sanitätern betreut, drei von ihnen seien zudem vorsorglich in ein Krankenhaus gebracht worden.
Aus den Bildungsministerien in Thüringen und in Bayern hieß es, dass den Schulen umfangreiche Handreichungen zum Umgang mit Krisen und Notfällen zur Verfügung stehen beziehungsweise speziell ausgebildete Kriseninterventionsteams von Schulpsycholog:innen beraten könnten.
In Berlin gab es trotz der Herbstferien Drohungen gegen Schulen, aber auch Botschaften. Es ermittelt nun der Staatsschutz. Auch der Berliner Hauptbahnhof zählte nach Angaben der Bundespolizei dazu. Die Polizei habe die Kräfte dort verstärkt und die Gefährdungslage überprüft. Letztlich sei nicht von einer Gefährdung der Reisenden ausgegangen worden.
Außerdem war die Bundeszentrale der SPD betroffen. Auch Medienhäuser traf es wieder: Nachdem am Montag die ZDF-Zentrale in Mainz bedroht worden war, gab es am Dienstag entsprechende Warnungen für das Sendezentrum von "Antenne Thüringen", "Landeswelle Thüringen" und "Radio Top40" in Weimar. Im brandenburgischen Potsdam ermittelt die Polizei ebenfalls nach Drohungen im Medienbereich, Details sind nicht bekannt.
Laut Polizeiangaben gab es auch Drohungen gegen RTL in Köln und Berlin. Eine RTL-Sprecherin teilte auf dpa-Anfrage mit: "Auch bei RTL in Köln ist heute Morgen eine Droh-E-Mail eingegangen, die offenbar identisch ist mit den E-Mails, die andere Einrichtungen in ganz Deutschland erhalten haben. Inklusive aller Rechtschreibfehler."
Eine Bombendrohung fällt in Deutschland häufig unter den Straftatbestand der Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten (Paragraf 126 des Strafgesetzbuches (StGB)). Das kann zu Geldstrafen oder sogar mehrjährigen Haftstrafen führen.
Mitte Oktober wurde ein 41-Jähriger wegen einer Bombendrohung gegen die Krefelder Außenstelle der Bundesagentur für Arbeit zu 2000 Euro Strafe verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Ende 2016 wurde ein Mann wegen mehrerer Bombendrohungen gegen eine Kita und ein Altenheim im bayerischen Wolframs-Eschenbach zu zwei Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt.
(mit Material von dpa)