SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz schmunzelt Vieles weg.bild: screenshot ard
Deutschland
13.08.2020, 06:3013.08.2020, 11:40
von dirk krampitz
Am Montag wurde Finanzminister Olaf Scholz als Kanzlerkandidat der SPD benannt, nun sitzt er schon bei Sandra Maischberger in der Sendung. Die Moderatorin bezeichnet ihn als "offiziell am Kanzleramt Rüttelnden" – angelehnt am letzten SPD-Kanzler Gerhard Schröder (SPD). Ob er denn angesichts der niedrigen SPD-Umfragewerte wirklich ernsthaft glaube, Kanzler werden zu können, fragt Maischberger. "Ich will dringend ins Kanzleramt und zwar als Kanzler", antwortet Scholz freundlich bestimmt. Der Weg dahin werde zwar "ein richtig harter Ritt", gibt er zu, er freue sich "richtig" darauf.
Das Scholz-Schmunzeln ist in der Corona-Krise schon fast ein Markenzeichen des Bundesfinanzministers geworden. Es kam immer zum Einsatz, wenn Antworten knifflig oder unangenehm wurden. Ob er denn schon lange Kanzler werden wollte, will Maischberger wissen "Dass das ein Amt ist, dass ich mir zutraue, hätte ich schon länger gedacht." Sie fragt ihn, ob man nicht Masochist sein müsse, in einer im Richtungsstreit zerrissenen SPD als Kanzlerkandidat anzutreten. Doch Olaf Scholz pariert routiniert:
"Demokratie ist, wenn man sich zusammenschließt, aber nicht unbedingt einer Meinung ist."
Seine Antworten haben an diesem Abend durchgängig eine präsidiale Grandezza. Olaf Scholz unterlag im letzten Jahr bei der Kandidatur um den Parteivorsitz dem Duo Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans, die sich in ihrer Bewerbung als linke Scholz-Kritiker profiliert hatten. Um Scholz mit Aussagen seiner innerparteilichen Konkurrenten zu konfrontieren, spielt ihm Maischberger sogar Material von ihrem Talk-Konkurrenten Markus Lanz ein: Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken weigerte sich in dessen Sendung hartnäckig, Scholz als "standhaften Sozialdemokraten" zu bezeichnen. "Weil er so lang tätig ist, kann ich das nicht beurteilen – bei so langen Jahren in der Regierungsverantwortung hat man sich in Kompromisse begeben", sagt sie auf mehrfache Nachfrage von Lanz schließlich. "Ja, das hat mich getroffen, selbstverständlich", gibt Scholz offen zu. "Aber sie hat es nicht so gemeint – auch damals schon nicht", sagt er. "Und man darf nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen."
Der amtierende Finanzminister kennt das politische Geschäft. Er ist seit 45 Jahren SPD-Mitglied. "Wenn nur die miteinander arbeiten, die 100 Prozent einer Meinung sind, wird das nichts." Auch die SPD-Gallionsfiguren Willy Brandt und Herbert Wehner wären damals nicht immer einer Meinung gewesen. "Ich fühle mich wohl. Und ich habe das Gefühl, meine Partei fühlt sich auch ganz gut mit mir."
Bei den Schnellcheck-Fragen destillieren sich unter Scholz‘ politischen Nebelantworten folgende Positionen heraus:
- Er ist für die Einführung einer Vermögenssteuer und die einmalige Vermögensabgabe wegen Corona.
- Über den Abzug amerikanischer Atomwaffen aus Deutschland will er im Bündnis entscheiden.
- Vom bedingungslosen Grundeinkommen hält er genauso wenig wie von der Gängelung von Sozialhilfeempfängern. Er will dafür kämpfen, "dass jeder immer wieder eine neue Chance bekommt" und diese auch nutzt. Bei "ordentlichen Gehältern und einen Mindestlohn von 12 Euro".
- Koalition mit der Linkspartei? "Ich warte das mal ab.
Eines der Dinge, die dem bisherigen Finanzmister Scholz auf dem Weg zum Kanzler schaden können, ist die Betrugsaffäre um Wirecard, bei der eine Ermittlung durch die Finanzaufsicht verschleppt wurde. Er nennt die Vorgänge "ganz schlimmen Betrug" und stichelt gegen die Wirtschaftsprüfungsunternehmen, die nie etwas bemerkt haben (wollen). Sandra Maischberger merkt an, dass er nichts von seiner Verantwortung erwähnt habe. Wieder lächelt Scholz. Seine Verantwortung sei, dafür zu sorgen, dass es nicht mehr passiere. Gegen Söder als Kanzlerkandidat hat er nichts, und wenn man Scholz als "männliche Merkel" bezeichnet, empfindet er das als "ein großes Lob" angesichts ihrer großen Leistungen und weil er sich als Feminist sehe.
Thomas de Maizière zieht eine Bilanz zur Flüchtlingssituation.bild: screenshot ard
Scholz kann Kanzler. Die viel größere Hürde dürfte da beim Wahlergebnis der SPD liegen, soviel ist nach diesem Interview klar. Fast auf den Tag genau ist es fünf Jahre her, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihren wohl bekanntesten Satz "Wir schaffen das!" sagte. Sandra Maischberger hat den damaligen Innenminister Thomas de Maizière zu Gast – im Doppel mit Hazar Abaza. Die heute 20-Jährige floh 2015 mit ihrem Vater und ihrem Bruder in einem Schlauchboot aus Syrien. Im Juni hat sie nun in Berlin ihr Abitur gemacht. Hazar Abaza erinnert sich an ihre Flucht mit 30 Menschen in einem viel zu kleinen Schlauchboot. "Ich habe an nichts anderes gedacht, als es durchzuziehen."
Hazar Abaza kam 2015 aus Syrien nach Deutschland.bild: screenshot ard
Die Abiturientin spricht mittlerweile fast akzentfrei Deutsch, aber vielleicht ist es die Aufregung oder Schüchternheit, die ihre Antworten eher abgehackt und kurz angebunden wirken lassen. Maischberger stellt eine Frage nach der anderen, bekommt nicht viel heraus aus ihrem Gast und ergänzt dann selbst Details, die sie vermutlich aus den Vorgesprächen mit der Abiturientin kennt. Der schlimmste Moment? "In Slowenien mussten wir drei Tage auf dem Boden übernachten." Maischberger ergänzt: "Es war Herbst."
Hazar Abaza will BWL studieren und Unternehmerin werden. Vor zwei Jahren sind nun auch die Mutter und ihre jüngere Schwester nachgezogen. Es sieht also nach einem persönlichen Happy End aus.
Politischer Kontrollverlust
Aus politischer Sicht betrachtet es Thomas de Maizière anders. Ob die Politik damals die Kontrolle verloren habe, fragt Maischberger. "Es gab Elemente des Kontrollverlustes, aber der Rechtsstaat blieb immer gewahrt." De Maizière meint damit vor allem die Situation, als herauskam, dass einzelne Flüchtlinge finanzielle Unterstützung mehrfach kassiert haben – weil die Ämter technisch und rechtlich noch nicht in der Lage waren, Daten auszutauschen. Seine Einschätzung der Dinge, die nicht gut laufen:
- "Wir haben zu viele Straftäter hier, die wir nicht abgeschoben kriegen."
- "Wir haben eine beachtliche Strafbarkeit von Asylbewerbern."
- "Sprachkurse werden nicht angenommen."
Sein Fazit: "Es bleibt viel zu tun". Und Merkels berühmter Satz? "Dieser Satz hat sich ja ein bisschen verselbstständigt – aber was soll eine Bundeskanzlerin sagen? Wir schaffen das nicht‘?" Und das gilt natürlich auch für Kandidaten wie Olaf Scholz: Ohne Zuversicht muss man es gar nicht erst probieren.
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