SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz bei seiner Rede zur Jahresklausur des SPD-Vorstands.Bild: dpa / Kay Nietfeld
Deutschland
07.02.2021, 19:1707.02.2021, 19:45
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz zieht mit dem
Versprechen einer umfassenden ökologischen Erneuerung Deutschlands in
den Bundestagswahlkampf. Den Klimawandel aufzuhalten, sei "eine
gigantische Aufgabe", sagte Scholz am Sonntag in Berlin. Die SPD will
mit vier "Zukunftsmissionen" Lehren aus der Corona-Pandemie ziehen –
unter dem Motto: "Sozial. Digital. Klimaneutral." Dabei demonstrierte
Scholz den Schulterschluss mit Industrie und Gewerkschaften.
"Wenn wir 2050 CO2-neutral wirtschaften wollen, dann setzt das
die größte technologische Revolution, die größte Periode der
Innovation in unserem Land voraus, die man sich seit Langem hat
vorstellen können", sagte Scholz. "Das ist möglich."
Ökologie schützt nach Scholz' Lesart die deutsche Wirtschaft vor
einer drohenden Krise angesichts der rasant gewachsenen
internationalen Konkurrenz bei neuen Technologien. Der Finanzminister
sprach von umwälzenden technologischen Verbesserung, die
Arbeitsplätze und Wohlstand sicherstellen würde.
SPD präsentiert ihr "Regierungsprogramm"
Scholz äußerte sich bei einer SPD-Vorstandsklausur. Bei der
Bundestagswahl im September gehe es um grundsätzliche
Richtungsfragen, heißt es in einem Papier zum "Regierungsprogramm"
der SPD von Scholz und den Parteivorsitzenden Saskia Esken und
Norbert Walter-Borjans. Als "Zukunftsmissionen" bekennt sich die SPD
zu einem klimaneutralen Industrieland, zu einer durchgängig modernen
Mobilität, zur Digitalisierung und zu einer Verbesserung des
Gesundheitssystems.
Scholz sagte: "2050 CO2-neutral zu wirtschaften bedeutet einen
kompletten Bruch mit der Art und Weise, wie wir unseren Wohlstand in
der ganzen Zeit der Industrialisierung und des industriellen
Fortschritts der letzten 200 Jahre erwirtschaftet haben." Scholz
sagte mit Blick auf die internationale Konkurrenz: "Wir haben in der
Welt nur eine Chance." So könne Deutschland andere Länder nicht daran
hindern, neue Kohlekraftwerke zu planen. Doch es könne Alternativen
entwickeln. "Wenn wir das jetzt nicht machen, dann werden andere das
machen und wir werden deindustrialisiert." Es müsse jetzt etwas
geschehen. Scholz weiter:
"In zehn Jahren ist es zu spät."
Scholz verwahrte sich gegen Vorwürfe, die SPD wolle zu viel Geld
ausgeben. "Der größte Teil der Investitionen wird
privatwirtschaftlich sein." Dennoch seien zielgerichteten
Investitionen nötig – im Umfang von rund 50 Milliarden Euro im Jahr.
Gleichzeitig bemühte sich Scholz, sich als Macher zu
präsentieren. "Es muss auch so sein, dass wir dafür sorgen, dass die
Sache schnell, schnell, schnell geht." Bei dem gegenwärtigen Tempo
werde es zum Beispiel nichts mit dem für den Umstieg auf erneuerbaren
Strom nötigen Ausbau des Netzes. "Das kann nicht so bleiben."
Um die Strompreise nicht in die Höhe gehen zu lassen und die
Finanzierung der Erneuerbaren Energien zu regeln, solle die
EEG-Umlage zum Ende der nächsten Legislaturperiode nicht mehr erhoben
werden, kündigte Scholz an. Nötig sei der Einstieg in die
Wasserstoffwirtschaft – nicht als Fortsetzung gegenwärtiger Versuche,
sondern als "großes industrielles Projekt".
Flächendeckende Digitalisierung zählt zu den weiteren SPD-Zielen.
"Ich will, dass Deutschland eine Gigabit-Gesellschaft wird." Jeder
Handwerker, jede Bürgerin, jeder Bürger sollten profitieren. "Es darf
keine Ausreden geben", sagte Scholz. "Eine flächendeckende
Gigabit-Gesellschaft meint jeden Einzelnen und jede Einzelne und alle
Unternehmen ihn unserem Land."
BASF-Chef Martin Brudermüller sagte, die SPD gebe mit ihren
anvisierten Missionen "die richtigen Antworten". Für die ökologische
Erneuerung sei Strom aus erneuerbaren Quellen in großen Mengen und zu
einem maximalen Preis von fünf Cent pro Kilowattstunde nötig. Die
Politik müsse Umlagen und Abgaben grundsätzlich reformieren.
Der Vorsitzende der Chemie- und Bergbau-Gewerkschaft IG BCE,
Michael Vassiliadis, ging auf die Grünen ein, die bisher im
Parteienspektrum vor allem für ökologische Erneuerung stehen. Er
meinte, die Grünen müssten sich jetzt mit Fragen auseinandersetzen,
"die gar nicht zu ihrem genetischen Code gehören". Dazu zähle die
soziale Gerechtigkeit in der Transformation. Vassiliadis meinte, die
Nachhaltigkeitspolitik im Land unterliege einer
"Ernsthaftigkeitssprüfung"
(se/dpa)
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