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Deutschland
Deutschland unterstützt den Kampf gegen die Terrorgruppe "Islamischer Staat" mit Tornados und Ausbildern im Irak. Zu wenig, finden die USA – und wollen deutsche Bodentruppen in Syrien. In Berlin droht Streit.
07.07.2019, 09:0307.07.2019, 12:38
Die USA fordern deutsche Bodentruppen für den Einsatz
gegen die Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) im
Bürgerkriegsland Syrien. Der US-Sonderbeauftragte für Syrien und die
Anti-IS-Koalition, James Jeffrey, hat die Bundesregierung darum
gebeten, die von Kurden angeführten Syrischen Demokratischen Kräfte
(SDF) im Nordosten des Landes mit Ausbildern, Logistikern und
technischen Hilfskräften der Bundeswehr zu unterstützen. "Wir wollen
von Deutschland Bodentruppen, um unsere Soldaten teilweise zu
ersetzen", sagte Jeffrey der Deutschen Presse-Agentur und der "Welt
am Sonntag". Die Antwort der Bundesregierung erwartet er noch im
Juli.
US-Präsident Donald Trump hatte im Dezember angekündigt, die rund
2000 amerikanischen Soldaten aus Nordost-Syrien abzuziehen. Sie
unterstützen dort das oppositionelle Militärbündnis SDF, dem die
Kurdenmiliz YPG aber auch andere Rebellengruppen angehören. Im März
hatten SDF-Einheiten die letzte IS-Bastion in Syrien eingenommen. Die
Dschihadisten sind aber weiter im Untergrund aktiv.
Die USA haben zwar inzwischen angekündigt, doch bis zu 400 Soldaten
in Nordost-Syrien lassen zu wollen, um die Sicherheit in den
Kurdengebieten zu stabilisieren. Sie bemühen sich aber gleichzeitig
um Unterstützung ihrer Verbündeten aus der Anti-IS-Koalition, der 80
Länder angehören – darunter Deutschland. Am Freitag war Jeffrey in
Berlin, um für sein Anliegen zu werben. "Wir suchen hier und unter
den anderen Koalitionspartnern Freiwillige, die mitmachen wollen",
sagte der Sondergesandte nach seinen Gesprächen. "Wir glauben, dass
wir am Ende Erfolg haben werden."
Deutschland ist an der Anti-IS-Koalition bisher mit
"Tornado"-Aufklärungsflugzeugen, einem Tankflugzeug und Ausbildern im
Irak beteiligt. Die Flugzeuge operieren von Jordanien aus. Eigentlich
sollte ihr Einsatz am 31. Oktober auslaufen. Bei einem Irak-Besuch
hatte Außenminister Heiko Maas (SPD) Anfang Juni aber deutlich
gemacht, dass die Bundesregierung nun doch zu einer Verlängerung
bereit ist.
"Auf jeden Fall ist das Mandat (...) zurzeit noch absolut unabdingbar, um zu verhindern, dass der IS im Untergrund neue Strukturen aufbaut und damit in die Lage versetzt wird, weiter zu agieren."
Heiko Maas
Die Entscheidung liegt aber beim Bundestag, der frühestens im
September darüber beraten wird. Die USA drücken nun aber aufs Tempo
und bringen die Bundesregierung damit in Schwierigkeiten. "Im Juli
werden wir die Antworten auf unsere Bitten sammeln und dem
Präsidenten vorlegen", sagte Jeffrey. "Wir wollen dem Präsidenten
zeigen, dass sich unsere Verbündeten in der Koalition wirklich Mühe
gegeben haben."
Er rechne mit einer "klaren Antwort" aus Deutschland, betonte der
Syrien-Beauftragte. "Und wir hoffen darauf, dass die Deutschen mehr
leisten können. Ich bin optimistisch. Einige Verbündete werden
Bodentruppen einsetzen, da bin ich sicher." Jeffrey verwies aber
darauf, dass auch zivile und finanzielle Unterstützung gebraucht
werde. "Wir werden mal sehen, was am Ende aus Berlin kommt."
Eine konkrete Zahl deutscher Soldaten wurde laut Jeffrey nicht angefragt.
Insgesamt würden aber Hunderte benötigt. Der
Sondergesandte betonte, dass es ihm nicht um Truppen für offensive
Operation gegen den IS gehe. "Den IS kann man besser mit syrischen
Ortskräften zurückdrängen. Aber man braucht eine bestimmte
internationale Präsenz, um die Luftunterstützung sicherzustellen, für
Logistik, Ausbildung und technische Hilfe", sagte er.
Trotzdem wäre es bei einem Einsatz deutscher Bodentruppen nicht
ausgeschlossen, dass sie in Kampfhandlungen verwickelt werden. "Die
Soldaten müssen bereit sein, sich zu verteidigen. Sie haben auch
Maschinengewehre und Panzerfäuste und so weiter", sagte Jeffrey.
Der Einsatz von Bodentruppen der Bundeswehr wäre aus zwei weiteren Gründen heikel:
- Der Nato-Partner Türkei sieht in der Kurdenmiliz YPG einen Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und hat den Kurden wiederholt mit einer Offensive gedroht. Jeffrey betonte allerdings, dass die Truppen der Verbündeten nicht in einer Pufferzone zwischen der Türkei und den Kurden eingesetzt würden. "Darum geht es uns ganz ausdrücklich nicht. Wir verhandeln mit den Türken gerade über eine Sicherheitszone in diesem Gebiet, die von unseren Truppen gemeinsam mit kurdischen Einheiten gesichert werden würde."
- In den syrischen Bürgerkrieg ist auch der Iran involviert. Damit besteht die Gefahr, dass Truppen der Anti-IS-Koalition in die Auseinandersetzung zwischen den USA und dem Iran verwickelt werden. Jeffrey betonte ausdrücklich, dass ein Abzug iranischer Kämpfer aus Syrien zu den Zielen der USA gehöre. "Unser Ziel in Syrien ist es nicht, Präsident Baschar al-Assad zu stürzen. Wir wollen den IS endgültig vernichten, wir wollen einen von den Vereinten Nationen geführten Prozess einer politischen Reform Syriens und wir wollen den vollständigen Rückzug des Iran aus dem Land."
Für die Koalition in Berlin dürfte die Anfrage der Amerikaner neuen
Zündstoff bedeuten. Die SPD hadert bereits mit der Verlängerung des
"Tornado"-Einsatzes. Kaum vorstellbar, dass die Sozialdemokraten
einem Einsatz von Bodentruppen zustimmen. Die Union sorgt sich
dagegen zunehmend um die militärische Bündnisfähigkeit Deutschlands.
Was das angeht, ist der Ruf Deutschlands in den USA ohnehin schon
ziemlich ramponiert. Die USA werfen der Bundesregierung vor allem
mangelnde Bereitschaft zur Erhöhung der Verteidigungsausgaben vor.
Ein Nein zur Bitte um Bodentruppen dürfte die Verärgerung Washingtons
weiter steigern. Das deutsche Argument, dass die Nazi-Vergangenheit
eine militärische Zurückhaltung gebiete, zieht bei den Nato-Partnern
schon lange nicht mehr. "Wir kennen die deutsche Geschichte seit
1933. Wir wissen, wie sorgfältig die Deutschen über jedes
militärische Engagement nachdenken", sagte Jeffrey. "Aber eine solche
Entscheidung ist für kein Land eine leichte Entscheidung."
(hd/dpa)
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