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Bundesregierung beschließt höheren Mindestlohn – Union und Arbeitgeber kritisieren

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12 Euro Mindestlohn soll rund sechs Millionen Menschen zu Gute kommen. Bild: www.imago-images.de / Michael Gstettenbauer
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Bundesregierung beschließt höheren Mindestlohn – Kritik von Union und Arbeitgebern

23.02.2022, 10:2223.02.2022, 11:08
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Die Bundesregierung will am Mittwoch die Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro beschließen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil sagte dem Berliner "Tagesspiegel" am Sonntag, er sei "zuversichtlich, dass wir das nächste Woche auf den Weg bringen und am Mittwoch im Kabinett beschließen werden". Von der Erhöhung würden mehr als sechs Millionen Beschäftigte profitieren. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sieht im Mindestlohn eine wichtige Stütze für die Konjunktur.

Vor allem Frauen und Ostdeutsche profitieren vom gestiegenen Mindestlohn

Für viele Beschäftigte bedeute ein Mindestlohn von zwölf Euro im Vergleich zu heute "eine Lohnsteigerung von 22 Prozent", betonte Heil. Davon profitieren würden überwiegend Frauen und Ostdeutsche. Mit Blick auf betroffene Beschäftigte in der Gastronomie, Dienstleistungsberufen, Lagerlogistik sowie Reinigungskräfte sagte Heil: "Es geht um Menschen, die in der Pandemie den Laden am Laufen gehalten haben. Für die es ziemlich zynisch wäre, wenn es jetzt beim bloßen Applaus bleiben würde. Deswegen ist der Mindestlohn von zwölf Euro auch eine Frage des Respekts und der Leistungsgerechtigkeit."

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Bundesarbeitsminister Hubertus Heil plädierte für die Erhöhung des Mindestlohns. Bild: www.imago-images.de / Frederic Kern

Schrittweise Anhebung

Die Anhebung des Mindestlohns war im Koalitionsvertrag der "Ampel" vereinbart worden. Derzeit beträgt der Mindestlohn 9,82 Euro. Der Mindestlohn soll zunächst ab 1. Juli auf 10,45 Euro steigen und ab 1. Oktober dann auf zwölf Euro. "Der höhere Mindestlohn wird auch die gesamtwirtschaftliche Kaufkraft stärken – hochgerechnet sind das circa 4,8 Milliarden Euro pro Jahr", sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "In Zeiten pandemiebedingter wirtschaftlicher Einbrüche ist dies eine wichtige Konjunkturstütze, denn ein Großteil der zusätzlichen Einkommen wird unmittelbar in den Wirtschaftskreislauf zurückfließen."

Auch würde der höhere Mindestlohn zur Finanzierbarkeit und zum Schutz der Sozialversicherungen führen, sagte Körzell. Laut einer Sonderauswertung des Statistischen Bundesamtes im Auftrag des DGB profitieren von der geplanten Mindestlohnerhebung vor allem Frauen, wie es in dem Bericht weiter hieß. Knapp jede Fünfte von ihnen arbeitet demnach derzeit für einen Stundenlohn von unter zwölf Euro. Mit 3,5 Millionen weiblichen Beschäftigten hätten damit 56,6 Prozent der bisherigen Mindestlohnbezieherinnen ab Oktober mehr Geld in der Tasche.

Zusammen mit den 2,7 Millionen männlichen Mindestlohnbeziehern würden in Summe 6,19 Millionen Menschen von einem höheren Mindestlohn profitieren. 21,6 Prozent der in Ostdeutschland Beschäftigten hätten den Daten zufolge mit einem höheren Mindestlohn mehr Geld zur Verfügung – das macht 1,08 Millionen Beschäftigte. In Westdeutschland würde mit 5,11 Millionen knapp jeder siebte Beschäftigte profitieren. Nach Branchen müssten künftig der Handel und Autowerkstätten 1,27 Millionen Beschäftigten einen höheren Lohn zahlen, heißt es in dem Bericht weiter. Rund 660.000 in der Gastronomie Beschäftigte erhalten den Daten zufolge mit der geplanten Anhebung ebenfalls ein Lohnplus – das entspricht 60,3 Prozent aller Beschäftigten im Gastgewerbe. Mehr als eine halbe Million Beschäftigte würden zudem im Gesundheits- und Sozialwesen profitieren.

Arbeitgeber sind gegen eine Erhöhung

Kurz vor dem geplanten Kabinettsbeschluss für die Mindestlohnerhöhung auf zwölf Euro haben Deutschlands Arbeitgeber die Ampelkoalition zu Änderungen an den Plänen aufgerufen. Ein vom Arbeitgeberverband BDA in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten bestätige die Einschätzung, "dass ein Staatslohn ein Angriff auf die Grundprinzipien unserer Wirtschafts- und Arbeitsordnung ist", sagte der BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter am Montag in Berlin. Zum Jahreswechsel hatte die BDA angekündigt, die von der Koalition angekündigte Mindestlohnerhöhung juristisch überprüfen lassen zu wollen.

Steffen Kampeter, Hauptgeschaeftsfuehrer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbaende (BDA) bei einer Pressekonferenz, anlaesslich der Vorstellung der Gruendungsoffensive in Berlin. 29.11. ...
Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands, kritisiert die Erhöhung des Mindestlohns in seiner jetzigen Form. Bild: imago stock&people / photothek

Für den Arbeitgeberverband nannte der Göttinger Staatsrechtler Frank Schorkopf mehrere juristische Kritikpunkte am Gesetzentwurf von Arbeitsminister Hubertus Heil. Kampeter stellte aber klar: "Es ist nicht beabsichtigt, in den nächsten Tagen vors Verfassungsgericht zu ziehen. Wir möchten dem Gesetzgeber die Chance geben, seine Dinge zu korrigieren." Kampeter deutete an, dass die BDA eine mögliche Klage von Betroffenen begleiten könnte, wenn die Ampel sich nicht bewege. Konkret forderte Kampeter ein späteres Inkrafttreten der geplanten Erhöhung, Übergangsfristen sowie Respekt vor bestehenden Tarifverträgen.

Union kritisiert das Vorgehen

Unmittelbar vor dem geplanten Kabinettsbeschluss für einen höheren Mindestlohn in Deutschland sind in der Union Zweifel an der Armutsfestigkeit der vorgesehenen zwölf Euro laut geworden. "Die Koalition kann ihr Versprechen armutsfester Löhne mit der geplanten Mindestlohnerhöhung nicht einhalten", sagte die CDU-Sozialpolitikerin Mareike Lotte Wulf der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Die steigenden Preise fressen die Erhöhung für die unteren Lohngruppen überproportional wieder auf, ohne dass die Regierung dagegen eine ausreichende Antwort parat hätte."

Wulf forderte: "Wichtig wäre jetzt, zügig Entlastungen zum Beispiel bei Energiekosten zu beschließen." Der Gesetzentwurf von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zur Mindestlohnerhöhung führt an, auch im Niedriglohnbereich müsse eine Vollzeitbeschäftigung zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben befähigen. Steigende Lebenshaltungs- und Wohnkosten stellten infrage, ob der bisherige Mindestlohn dafür geeignet sei.

(si/mit Material von afp und dpa)

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