Tausende gehen nach den Chemnitz-Krawallen auf die Straßen
Video: watson/Lia Haubner
Deutschland
18.03.2019, 08:2718.03.2019, 11:06
Sieben Monate nach der tödlichen Messerattacke auf einen Deutschen in
Chemnitz beginnt nun der Prozess gegen einen der Tatverdächtigen. Er ist
unter anderem wegen Totschlags angeklagt. In zwei Dutzend
Verhandlungstagen sollen die Hintergründe der Tat aufgeklärt werden.
In Chemnitz erinnert an das Verbrechen eine
graue Metallplatte, die am Tatort in den Gehweg eingelassen wurde.
Neben dem Namen Daniel H. ist der 26. August 2018 als Datum
eingraviert, an dem der damals 35-Jährige durch Messerstiche starb.
Vom heutigen Montag an muss sich einer der mutmaßlichen Täter in
Dresden vor Gericht verantworten.
Die Tat
Dem Asylbewerber Alaa S. wird vorgeworfen, gemeinsam mit einem
flüchtigen Iraker am Rande des Stadtfestes in Chemnitz den Deutschen
erstochen zu haben. Außerdem sollen sie zwei weitere Männer zum Teil
schwer verletzt haben. Der Beschuldigte bestreitet die Tat.
Die Reaktionen
Nach der Gewalttat war es in Chemnitz zu fremdenfeindlichen
Übergriffen, rechten Demonstrationen mit zahlreichen Straftaten wie
dem Zeigen des Hitlergrußes sowie Anschlägen auf ausländische
Restaurants gekommen.
Chemnitz: watson-Reporter Felix Huesmann berichtet vor Ort
Video: watson/Felix Huesmann, Lia Haubner
Der Prozess
Aus Gründen der Sicherheit und wegen des großen öffentlichen
Interesses findet das Verfahren des Landgerichtes Chemnitz in einem
vom Oberlandesgericht Dresden genutzten Gebäude statt. Der
Sicherheitssaal war mit Millionen-Aufwand für den Prozess gegen die
rechtsextreme Terror-Vereinigung "Gruppe Freital" umgebaut worden.
Publikum und Prozessbeteiligte sind durch eine Glasscheibe getrennt.
Im Vorfeld war die Verteidigung des Angeklagten vor dem
Bundesgerichtshof in Karlsruhe mit dem Antrag gescheitert, den
Prozess außerhalb von Sachsen, Thüringen und Brandenburg
durchzuführen. Zuletzt hatte auch das Oberlandesgericht Dresden es
abgelehnt, das Verfahren dem Landgericht Leipzig zu übertragen.
Für den Prozess sind bis zum 29. Oktober insgesamt 24
Verhandlungstage angesetzt. Dabei soll geklärt werden, warum Daniel
H. starb. Auch wird es darum gehen, noch offene Fragen zu klären. So
ist der Tathergang noch immer in weiten Teilen unklar. Warum kam es
zum Streit zwischen Opfer und Tätern? Ging es, wie einige Medien
jüngst berichteten, um Drogen?
"Trotz umfangreicher Ermittlungen der Kriminalpolizei Chemnitz liegt
das Vorgeschehen der Tötungshandlung, das Motiv, der Tatablauf und
die personelle Tatbeteiligung weiterhin völlig im Dunkeln", sagte
Verteidiger Oliver Marson. Einig sind sich Verteidigung und
Staatsanwaltschaft, dass es weder um sexuelle noch um politische oder
rassistische Motive ging.
Außerdem
Ein weiterer Iraker, der zunächst als Tatverdächtiger in
Untersuchungshaft gesessen hatte, ist seit dem 18. September wieder
auf freiem Fuß. Der Haftbefehl war aufgehoben worden, weil kein
dringender Tatverdacht mehr bestanden hatte. Im Januar hatte die
Staatsanwaltschaft Chemnitz die Ermittlungen gegen den Mann komplett
eingestellt. Dessen Anwalt Ulrich Dost-Roxin stellte inzwischen
Strafanzeige gegen einen Richter und einen Staatsanwalt. Es gehe um
den Verdacht der Rechtsbeugung und Freiheitsberaubung, teilte der
Rechtsanwalt mit. Die Generalstaatsanwalt in Dresden hatte den
Eingang der Anzeige bestätigt.
(hd/ dpa)
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