Frau Jafari kam vor vier Jahren aus Afghanistan nach Deutschland. Bei "Maischberger. Vor Ort" konfrontierte sie AfD-Sprecher Chrupalla direkt mit der antimuslimischen Hetze der AfD. Bild: screenshot ard
Deutschland
Das neue Format von Sandra Maischberger will mehr Bürgerinnen und Bürger einbeziehen. "Maischberger. Vor Ort" heißt es. Das Konzept: In einer bestimmten Region treffen ganz normale Menschen auf regionale Politikerinnen und Politiker.
Schon im Vorfeld hatte es Ärger um die erste Sendung gegeben. Der Erfurter Muslim Suleman Malik hatte berichtet, er sei zu der Sendung zuerst ein-, dann aber wieder ausgeladen worden. Gegenüber watson kritisierte er dies nach den Anschlägen von Halle und Hanau als das falsche Signal. Besonders sauer stieß ihm auf, dass der AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla eingeladen war.
Chrupalla bei Maischberger
Und genau der geriet ordentlich ins Stottern, als ihn Zuschauerin Frau Jafari aus dem Publikum direkt mit der antimuslimischen Hetze der AfD konfrontierte. Sie kam laut eigenen Angaben vor vier Jahren aus Afghanistan nach Deutschland – und erklärte einleitend: "Seit der Thüringen-Wahl habe ich Angst."
Nun kennt sich ja gerade die AfD mit besorgten Bürgern aus, aber was die Frau, die durch ihr Kopftuch als Muslima erkennbar war, erklärte, passte nicht so recht in die gewohnten Schemata von Chrupalla.
Sie habe in Afghanistan einen Krieg erleben müssen, fuhr Jafari fort. "In Deutschland bin ich endlich in Sicherheit angekommen." Leider müsse sie nun aber auch hier einen Krieg erleben, und zwar einen psychologischen.
Sie habe nur eine Frage an Chrupalla:
"Warum hetzen Sie die Bürger auf uns? Warum fördern Sie mit Ihrer Politik diese Hetze?"
Chrupalla versuchte, auszuweichen. Seine Partei sehe zwar "einige Punkten der Migrationspolitik" kritisch, erklärte er, aber alle Menschen sollten in Deutschland sicher leben können – unabhängig von Hautfarbe oder Religion.
Die Fragestellerin sah nicht überzeugt aus. Moderatorin Maischberger hakte nach und fragte, was mit den hinlänglich bekannten Aussagen von AfD-Mitgliedern sei, Stichwort "Kopftuchmädchen", "Messermänner" oder "in Anatolien entsorgen".
Chrupalla geriet ins Stottern.
Konnte nicht immer souverän auf die Fragen aus dem Publikum antworten: AfD-Sprecher Tino Chrupalla.Bild: screenshot ard
"Ich denke... bevor wir... die Einordnung, was Hetze ist..."
Dann versuchte er es mit einer Relativierung. AfD-Chef Gauland habe sich für "einige Begrifflichkeiten" bereits entschuldigt. Außerdem würden auch AfD-Wähler als Pack bezeichnet. "Wir müssen alle abrüsten." Wer sich in der AfD rassistisch äußere, werde ausgeschlossen, beendete er seine Ausführungen wenig überzeugend.
Der ebenfalls anwesende CDU-Fraktionschef Mario Voigt wollte offenbar alle Zweifel zerstreuen, die sein Vorgänger Mike Mohring durch seine Flirts mit der AfD gesät hatte.
"Das Buch von Björn Höcke ähnelt dem von Adolf Hitler vielleicht deshalb so sehr, weil sie ähnlich denken."
Das allerdings wollte eine andere Frau aus dem Publikum nicht einfach so stehen lassen: "Sie zeigen den ganzen Abend mit dem Finger auf die AfD – Herr Merz hat nach dem Anschlag in Hanau hier in Thüringen gesagt, nicht Berlin-Kreuzberg sei das wahre Gesicht Deutschlands, sondern Apolda. Wie förderlich finden Sie das?", lautete ihre Frage.
Nun geriet auch Voigt etwas ins Schwimmen. Er betonte sein christliches Menschenbild und rettete sich ansonsten in die Hufeisentheorie: Extremismus komme von Links und Rechts. Danach hatte zwar niemand gefragt, aber offenbar erhoffte sich Voigt davon, ein neues Fass aufzumachen.
Er wurde allerdings von Politikwissenschaftler André Brodocz dabei gestört. Der erinnerte nüchtern daran, dass der Verfassungsschutz Thüringen feststelle, dass 68 Prozent der politisch motivierten Straften in Thüringen rechtsextrem motiviert seien, gegenüber 17 Prozent linksextremistisch motivierten. Er fügte hinzu, auch ausländische Studierende an seiner Universität spürten, dass das Klima sich verändert habe. Frau Jafari nickte zustimmend.
Der Druck auf die Ampel-Regierung steigt. Es rappelt mächtig im Karton. Zunächst gab es eine ordentliche Ohrfeige für die Regierungsparteien bei den Ostwahlen. In Sachsen und Thüringen bilden sie so gut wie das Schlusslicht – bei der FDP ist das Licht so gut wie komplett aus.