Wenn Kevin Kühnert spricht, hören die Genossen zu. Am Dienstagabend erklärte Kühnert bei Markus Lanz im ZDF, warum er auf eine Kandidatur für den SPD-Vorsitz verzichtet hat.
Dem Juso-Chef scheint auch ein größeres Netzwerk in der Partei gefehlt zu haben. Er bekannte bei Lanz: "Ich habe keine 20 Jahre gehabt, um mich darauf vorzubereiten."
Die "Welt"-Journalistin Claudia Kade sinnierte gegenüber dem Sozialdemokraten: "Vielleicht wollen Sie ja nicht Parteivorsitzender werden, aber dafür Generalsekretär? Das wäre ja dann eine Vorstufe in dieser Schlangengrube Willy-Brandt-Haus." Kühnert unterstützt im Kampf um die SPD-Spitze die Kandidatur Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken. Einen angeblichen Deal mit dem Bewerberduo dementierte der Juso-Chef.
Dafür will Kühnert in der SPD mehr Verantwortung übernehmen: "Man kann ja nicht zwei Jahre das Maul aufreißen und am Ende sagen 'Die Finger dürfen sich andere schmutzig machen'." Auf Kades Generalsekretär-Idee ging der Sozialdemokrat nicht direkt ein.
Die Kandidatur von Olaf Scholz, mit dem Kühnert über Kreuz liegt, sei für den Juso-Chef "ausschlaggebend" für seinen Verzicht gewesen. Kühnert verzichtete auf Attacken gegen Scholz und andere SPD-Politiker. Dafür erklärte er immer wieder, dass er auch auf eine Kandidatur verzichtet habe, um eine mediale Schlammschlacht rund um den SPD-Vorsitz zu vermeiden.
Kühnerts Medienschelte ließ die Journalistin Kade nicht auf sich sitzen. Sie warf ihm vor: "Das ist viel zu viel Taktiererei, und das geht den Leuten auf den Strich." Kühnert wehrte sich: "Natürlich muss ich doch da strategisch einbeziehen: Mehre ich die Chancen, wenn ich auch noch einsteige oder noch andere Linke ermutige, dass am Ende ein linkes Personalangebot rauskommt? Oder schade ich dem Anliegen, weil ich dadurch jemandem den Roten Teppich ausrolle, den ich eigentlich gar nicht haben will an der Parteispitze?"
Kühnert sprach bei Lanz von einer "krassen Brutalität" im politischen Geschäft. Er meinte: "Wenn man das im Grundsatz nicht aushalten kann, sollte man da die Finger von lassen." Den Umgang in der SPD mit der früheren Parteichefin Nahles kurz vor ihrem Rücktritt nannte Kühnert "eine Ungerechtigkeit", die auch darin begründet gewesen sei, dass Nahles eben eine Frau ist.
Kühnert will abwarten. Er hat ja noch Zeit.
(pb)