Für ein kurzes Video mit Nestlé kassierte Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) einen Riesen-Shitstorm. In dem Clip, verbreitet über den Twitter-Kanal ihres Ministeriums, spricht Klöckner mit Marc-Aurel Boersch, Deutschland-Chef der Firma Nestlé.
Die Kritik daran: Das Ministerium präsentierte den Vertreter eines riesigen und höchst umstrittenen Lebensmittelkonzerns ohne eine einzige kritische Bemerkung. (Wir berichteten an dieser Stelle.)
Jetzt aber gibt es auch Kritik an den konkret von Boersch getroffenen Aussagen. Die Verbraucherzentrale Hamburg hat sich das Video angesehen und festgestellt: Das stimmt nicht ganz.
Zehn Prozent weniger Salz, Zucker und Fette? Nein, schreibt die Verbraucherzentrale Hamburg auf ihrer Webseite.
Die Experten hätten stichprobenartig die Nährwerte von insgesamt 24 Nestlé-Produkten aus den Jahren 2008 bis 2016 mit dem aktuellen Sortiment verglichen.
Beim Zucker betrage die Reduktion durchschnittlich nur 5,7 Prozent, beim Fett null Prozent. Nur beim Salzgehalt seien mit 11,3 Prozent die Versprechen eingehalten worden.
Die Stichprobe von 24 Produkten ist nicht repräsentativ. Dennoch zeigt der Test, dass die Aussage des Nestlé-Chefs eben nicht pauschal für alle Produkte stimmt.
Am Ende des Berichts der Verbraucherzentrale heißt es dann auch: "Die Verbraucherzentrale Hamburg fordert mehr Transparenz seitens der Hersteller für ihre sogenannten Reduktionsstrategien. Das Unternehmen Nestlé sollte detailliert darlegen, auf welcher Datenlage es seine Aussagen stützt."
"Verbraucherinnen und Verbraucher haben ein Recht auf mehr Transparenz und weniger Schönfärberei", sagte Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg dem Portal "Utopia". "Wer völlig überzuckerte Kinderprodukte im Zuckergehalt auf ein weiterhin sehr hohes Niveau reduziert, sollte sich nicht auf die Schulter klopfen."
Hintergrund des Nestlé-Videos im Ministerium von Julia Klöckner war eine vom Kabinett verabschiedete "Reduktions- und Innovationsstrategie", die Vereinbarungen auf freiwilliger Basis mit den Herstellern vorsieht. Für den Kampf gegen Übergewicht sollen viele Fertigprodukte so bis 2025 neue Rezepturen bekommen.
(ll)