Sie haben es geschafft: Der SPD-Parteitag hat Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans zu den neuen Parteivorsitzenden gewählt.
Das neue Spitzenduo erhielt auf dem Parteitag wie erwartet das Votum der Delegierten. Saskia Esken kam auf 75,9 Prozent der abgegebenen Stimmen – ein kleiner Dämpfer. Walter-Borjans erzielte starke 89,2 Prozent.
Das Ergebnis wurde von den Delegierten minutenlang beklatscht. Die im Sommer nach heftiger Kritik abgetretene Andrea Nahles hatte bei ihrer Wahl im April des vergangenen Jahres nur 66,35 Prozent bekommen.
Am Abend sprach sich die große Mehrheit der etwa 600 Delegierten dafür aus, zunächst in dem Regierungsbündnis mit CDU und CSU zu bleiben. Die neue SPD-Führung will aber mit der Union über Nachbesserungen sprechen, dann soll der Vorstand entscheiden, ob es für eine Fortsetzung der Koalition reicht.
Gegen 20 Uhr wurden noch die stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Die fünf Kandidaten erhielten allesamt jeweils die notwendige einfache Mehrheit. Damit ist nun auch Kevin Kühnert SPD-Vize. Die Ergebnisse im Einzelnen:
In ihren Bewerbungsreden hatten Esken und Walter-Borjans erklärt, sich für mehr soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz stark machen zu wollen. Sie zweifelten daran, ob das in der GroKo möglich ist.
"Ich war und ich bin skeptisch, was die Zukunft dieser großen Koalition angeht", sagte Esken. Die SPD gebe der großen Koalition eine "realistische Chance auf eine Fortsetzung" – "nicht mehr, aber auch nicht weniger".
Esken forderte in ihrer Rede eine Umkehr ihrer Partei in der Arbeitsmarktpolitik. Deutschland leiste sich einen der größten Niedriglohnsektoren in Europa. Die SPD habe dazu beigetragen, dass dieser Niedriglohnsektor entstehen konnte. "Es ist Zeit, dass wir umkehren", forderte sie.
Auch Walter-Borjans verschärfte den Ton gegenüber der Union und pochte auf ein stärkeres Profil der in Umfragen gebeutelten SPD. In einer Demokratie müsse man Kompromisse machen, aber sie dürften nicht "verwischen, wo wir stehen", sagte er.
Zuden bemängelte er, es habe in den vergangenen Jahren eine schleichende Entlastung der oberen Einkommen gegeben. "Die SPD muss wieder die Partei der Verteilungsgerechtigkeit werden", forderte er. Wer hohe Einkommen und Vermögen habe, müsse einen angemessenen Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens zahlen.
"In der Finanz- und Sicherheitspolitik deutet sich eine Konfrontation mit der Union an. Walter-Borjans will zugunsten von nötigen Investitionen notfalls auch auf die Schuldenbremse im Grundgesetz verzichten. "Wenn die schwarze Null einer besseren Zukunft für unsere Kinder entgegensteht, dann ist sie falsch, dann muss sie weg", sagte er. "Und das gilt, machen wir uns nichts vor, wenn wir es nicht irgendwo umschiffen wollen, dann gilt es auch für die Schuldenbremse."
Die beiden neuen SPD-Chefs hatten sich in einem Mitgliederentscheid der Partei überraschend gegen Finanzminister Olaf Scholz und dessen Co-Kandidatin Klara Geywitz durchgesetzt.
Juso-Chef Kevin Kühnert traut dem neuen Führungsduo zu, die Verhandlungen mit dem Koalitionspartner Union anders zu führen. "Dann schauen wir mal, ob die Union sich bewegt", sagt er.
Annegret Kramp-Karrenbauer, Chefin des Koalitionspartners CDU, gratuliert den beiden neuen Vorsitzenden zur Wahl auf Twitter. "Auf gute Zusammenarbeit. Es gibt viel zu tun. Dafür braucht es das klare Bekenntnis zum gemeinsamen Auftrag. Wir sind dazu bereit."
(dpa/om)