Es klingt wie das Drehbuch eines Hollywood-Films: Einer Gruppe von Hobbydetektiv:innen ist es in Zusammenarbeit mit Journalist:innen des "Stern" gelungen, den international gesuchten Verschwörungstheoretiker und rechten Hetzer Attila Hildmann in der Türkei aufzuspüren.
Dorthin hatte sich Hildmann im Dezember 2020 abgesetzt. Die deutschen Behörden sowie Europol und Interpol – die europäische und die internationale Polizeiorganisation – hatten per Haftbefehl nach dem früheren TV-Koch gesucht. Ihm werden unter anderem Volksverhetzung und öffentliche Aufforderungen zu Straftaten vorgeworfen.
Jahrelang konnte sich Hildmann all diesen mächtigen Polizeiapparaten entziehen – ein paar Hobbydetektiv:innen aber nicht. Diese haben ihn jetzt in seinem Versteck in der Türkei aufgespürt. "Stern TV" hat die Konfrontation in einem Video festgehalten.
Wie genau es gelungen ist, Hildmann in der Türkei ausfindig zu machen, hat ein Mitglied aus dem Team der Hobbyrechercheur:innen im Interview mit dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (RND) verraten. Dabei wird deutlich, wie akribisch die Detektivtruppe, die sich "Hildbusters" nennt, vorgegangen ist.
Ihren ersten Hinweis zogen sie aus einer Sprachnachricht, die Hildmann auf seinem Telegram-Kanal verbreitet hatte, über den er auch nach seinem Untertauchen weiter hetzte.
"In einer seiner Sprachnachrichten war fallender Regen zu hören. Zum Zeitpunkt der Voice-Message hat es nur in einer einzigen Region in der Türkei geregnet", sagt Alexander Brehm von den "Hildbusters". Die Hobbydetektiv:innen konnten Hildmanns Aufenthaltsort so auf den Raum um Istanbul begrenzen.
Das alles aufzudröseln, sei "wirklich akribische Detektivarbeit", gewesen, erzählt Brehm. Doch die Arbeit sollte sich lohnen: Durch das Sichten von Hildmanns unzähligen Videos war den "Hildbusters" auch aufgefallen, dass das Haus des Verschwörungstheoretikers kein Freistehendes sein kann.
Den entscheidenden Hinweis konnten sie dem Instagram-Profil eines Bekannten des Gesuchten entnehmen. Der war nämlich mit einer Katze Hildmanns zum Tierarzt im Ort gefahren und hatte Fotos von der Praxis online gestellt. Den Detektiv:innen fielen dabei unter anderem die auffälligen Bodenfliesen ins Auge. "Im Umkreis von 120 Kilometern gab es keinen anderen Arzt; das war also der entscheidende Punkt", sagt Brehm.
Nach der von "Stern TV" dokumentierten Konfrontation auf offener Straße, hatte Brehm sich an das deutsche Generalkonsulat in Istanbul gewandt und Hildmanns aktuellen Standort sowie Informationen wie das Autokennzeichen des Hetzers an die Bundespolizei weitergegeben. Bislang habe er von den Behörden aber noch nichts zum weiteren Vorgehen im Fall Hildmann gehört.
Inzwischen ist auch bekannt, dass er keinen türkischen Pass besitzt. Somit könnte Hildmann wohl nach Deutschland ausgeliefert werden, um ihm hier den Prozess zu machen.
Dass es den Polizeibehörden jahrelang nicht gelungen war, Hildmann ausfindig zu machen, erklärt sich Brehm so: "Ich habe das Gefühl, dass es ein Politikum ist – dass Hildmann einfach ein zu kleines Licht ist, um sich richtig dahinterzuklemmen." Die Polizeiarbeit bei der Suche nach Hildmann sei "desaströs" gewesen und zahlreiche Hinweise der "Hildbusters" von den Behörden nicht aufgegriffen worden.
Die "Hildbusters" beschreibt Brehm als eine Verbindung von zwölf Leuten, die sich anfangs einen Spaß daraus gemacht hätten, Hildmanns Anhänger bei Telegram zu trollen. "Bei uns ist alles dabei: Juristen, Grafikdesigner – ich bin selbstständig als Koch. Das geht kreuz und quer durch alle Schichten, Männer und Frauen von 20 bis 53", erzählt er.
Als Hildmann dann Ende 2020 von heute auf morgen spurlos von der Bildfläche verschwunden war, sei bei ihnen "der Jagdtrieb erwacht", sagt Brehm. "Für mich ist dieser Mensch jemand, der dringend aus dem Verkehr gezogen gehört, damit er diesen Hass, den er in sich trägt, nicht weiterverbreiten kann."