Sie ist wieder da. Die Debatte um eine mögliche Fusion von SPD und Linkspartei. Ausgegraben von einem, der einst maßgeblich dafür gesorgt hat, dass sich mit der Linkspartei links neben der Sozialdemokratie eine relevante Kraft etabliert hat: Oskar Lafontaine.
Ausgerechnet der ehemalige Vorsitzende der SPD und spätere Mitbegründer der Linkspartei hatte im RND eine Fusion beider Parteien "wünschenswert" genannt.
Wir erinnern uns: Lafontaine hatte 1999 im Streit seine SPD verlassen. Er trat als Finanzminister zurück und hinein in die Totalopposition zu Gerhard Schröders Agendapolitik. 2005 trat er dann aus der SPD aus und wurde der führende Kopf der WASG, die sich von der SPD abspaltete und später mit der PDS zur Linkspartei fusionierte.
Und spätestens seit sich die SPD auf ihrem Parteitag mit Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans ein neues linkes Führungsduo verpasst und den Bruch mit der alten Hartz-IV-Schröder-SPD verkündet hat, steht der Fusionselefant plötzlich wieder im Raum.
Neben Lafontaine nannte auch ein anderer ehemaliger Vorsitzender der Linkspartei einen Zusammenschluss mit der SPD "wünschenswert". Klaus Ernst sagte gegenüber dem RND, dass im Moment zwar die Zeit für eine Fusion nicht reif sei, aber perspektivisch halte er sie nicht für ausgeschlossen.
Der aktuelle Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, hat eine deutliche Antwort auf derartige Planspiele und Visionen seiner Vorgänger: Der Politiker gegenüber watson:
"Für eine solche Fusion gibt es keinerlei Begründung und keine größeren Akteure in der Linken, die das wollen."
Die Linke sei längst kein einfacher Zusammenschluss mehr von PDS und WASG, sondern eine neue Partei, die auch keine zweite Sozialdemokratie sein wolle.
Verständnis für Lafontaine habe er trotzdem: "Ich verstehe die Logik dahinter", sagt Riexinger. Lafontaines Strategie sei es immer gewesen, mit einer starken Linken vor allem auch die SPD zu verändern. Aber das sei längst nicht mehr primäres Ziel der Linkspartei.
Den Linksruck der SPD sieht Riexinger positiv. "Wir begrüßen es, wenn die SPD wieder sozialdemokratischer wird und wieder näher an uns heranrückt." Er mahnt aber: "Wenn das, was auf dem Parteitag von der neuen SPD-Führung gesagt wurde, nicht nur leere Worte sind, würde das einen Bruch mit der Politik der Groko bedeuten." Insofern drohe der SPD jetzt auch ein Glaubwürdigkeitsproblem.
Riexinger schließt zwar eine Fusion mit der SPD aus, eine Koalition auf Bundesebene sei aber denkbar. "Wenn die SPD ihren neuen Kurs hält, dann gibt es Gemeinsamkeiten für eine politische Wende." Eine Koalition sei mit der SPD dann zumindest deutlich leichter als mit den Grünen.
Bündnisse mit SPD und Grünen statt Fusionspläne wünscht sich auch der Außenpolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, Stefan Liebich. Auch er ist von der Fusionsidee nicht überzeugt. "Ich halte es – anders als einige ehemalige SPD-Mitglieder in unserer Partei – nicht für wünschenswert, wenn die SPD mit der Linken fusionierte", teilt er watson mit. "Das würde uns – vor allem im Osten – in der Summe schwächen." Was er sich hingegen wünschen würde, wäre ein aktiver Einsatz innerhalb der Linkspartei für ein Mitte-Links-Bündnis. "Da gab es durchaus Luft nach oben."
Dort gibt es zumindest im linken Lager Stimmen, die eine solche Idee nicht gänzlich ausschließen. Gesine Schwan etwa teilt watson auf Nachfrage mit, dass ein Zusammenschluss von Linkspartei und SPD "auf längere Sicht durchaus wünschenswert" wäre. Aktuell aber halte sie diesen Wunsch für unrealistisch.
Auch der SPD-Parteilinke Ralf Stegner erkennt eine gewisse Logik in der Fusionsidee Lafontaines: "Nachdem Lafontaine den SPD-Vorsitz einfach weggeworfen hat, richtete sich die damalige WASG ja explizit gegen die SPD", sagt er im Gespräch mit watson. Insofern habe es eine gewisse Konsequenz, wenn Lafontaine sich wünsche, dass das wieder zusammenkomme.
Wie schnell das aber anstehe, sei schwer zu sagen. Vernünftig sei das langfristig aber schon: "Die Frage ist ja, wie wir in Zukunft Mehrheiten links der Mitte organisieren wollen", sagt Stegner.
Klar sei aber auch: Für einen Zusammenschluss müsste sich die Linkspartei in einigen Politikfeldern deutlich bewegen. "Die Linkspartei müsste sicherlich ihren fundamentalistischen Teil aufgeben", sagt Stegner. Die größten Hürden sieht Stegner bei der Europapolitik und bei internationalen Fragen. "Die SPD ist eine europäische Partei, die nichts mit linkem Nationalismus am Hut hat." Auch würde die SPD nicht aus den westlichen Bündnissen austreten: "nicht aus der EU, nicht aus der Nato", erklärt Stegner.
Gemeinsamkeiten sieht Stegner aber auch: In der Sozialpolitik sei man vergleichsweise immer nah beieinander gewesen.
(ts)